Drittes Kapitel.

Ich will hin!

[42] So gern der Baron zur Oberstin gegangen wäre, so sehr mußte er fürchten, sie in Verlegenheit zu setzen. Er wußte, daß der Graf seine Spione verdoppelt hatte, und daß ein Augenblick alles entdecken könnte.

Aus diese Art waren beinahe acht Tage vergangen,[42] und er hatte seine Freundin nicht wieder gesehen. So sehr er litt, so unerträglich ihm die Trennung wurde, er liebte sie zu sehr, um sie aufzuopfern. Aber die Oberstin verkannte ihn, und glaubte vergessen zu sein; sie erfuhr durch Zufall, daß er die Gräfin besucht hatte, und ihre Eifersucht stieg auf's höchste. Außer sich vor Schmerz und Verzweiflung schrieb sie ihm einen Brief voll Vorwürfe, und verschwieg ihm ihren Argwohn nicht.

Er erhielt das Billet, und sprang hitzig auf. – Ich will hin! rief er; ich will hin, und sollte es mein Leben kosten! Weit entfernt, durch ihre Eifersucht beleidigt zu sein, fand er nichts, als ihre Zärtlichkeit bestätigt, und wenn er zürnte, so war es auf sein eigenes Herz.

Aber, wie sollte er es anfangen? Er erinnerte sich an die letzte Verkleidung, und sein Plan war gemacht. Sein Kammerdiener schaffte das Nöthige herbei, und der feinste Kenner hätte ihn für ein Frauenzimmer gehalten. Er steckte zwei Sackpistolen zu sich, setzte sich in seinen Wagen, und fuhr zur Oberstin. Der Kutscher hält, der Kammerdiener nennt eine fremde Dame; sie wird angenommen, und zitternd vor Freude eilt der Baron die Treppe hinan.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 42-43.
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