Zehntes Capitel.

Die Tropfen.

[24] Es war eine alte Dame in einem Pelzmantel, den sie wahrscheinlich wegen der Hundstagshitze umhatte, eine junge in einem niedlichen Kleidchen von Ziz, ein dicker quatschlicher Mops, ein Cyperkäzchen und ein Bedienter. Diese sämmtlichen Herrschaften nahmen an einem Tische Platz, gegen den ich mit dem Rücken saß; doch ging der Bediente ab und zu.

»Gieb mir doch die Tropfen, Lorchen!« – sagte die alte Dame und hustete jedes Wort heraus, indem sie ihren Pelz ablegte und eine Leichengestalt sehen ließ.[25]

»Hier, gnädige Frau!« – antwortete das Mädchen, das auf der andern Bank gerade gegen meinen Rücken saß. Sie griff zugleich in die Tasche, und ihr Arm berührte mich an einem Theile, der noch nicht völlig heil war. Ich fuhr zurück, und wir sahen uns beyde in demselben Augenblicke um. Sie nickte mir freundlich mit dem Kopfe und schien ein recht artiges Mädchen zu seyn.

Als ich mit Essen fertig war, rückte ich in den Winkel, so daß ich den andern Tisch vollkommen übersehen konnte. Die Wirthin fing an aufzudecken, und der Mops nebst der Katze setzten sich neben die gnädige Frau. Lorchen, die ich nunmehr als das Kammermädchen erkannte, fing an vorzulegen, und der lahme Bediente nahm an einem andern Tische Platz.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 24-26.
Lizenz:
Kategorien: