Funfzehntes Capitel.

Nachrichten.

[37] Es war, als ob das Abentheuer im Walde ihr Zutrauen gegeben hatte, und die immer stärkere Dämmerung es zu vermehren schien. Ich habe dieses so vielmal an mir selbst bemerkt, daß ich es wohl im Allgemeinen von meinem Geschlechte behaupten darf. – »Die Weiber sind wie die Fledermäuse« – pflegte mein Vater zu sagen – »wenn's dunkel wird, kriegen sie Courage.« –

Ich erfuhr jetzt, daß die alte gnädige Dame eine Wittwe sey, auf einem Ritterguth zwey Stunden von L– wohne, und Niemand bey sich habe, als ihren Neffen und seinen Hofmeister.[38] Der junge Herr sey sechzehn Jahre alt und nur erst vor vier Wochen angekommen. – »Aber der Hofmeister ist eine unausstehliche Priese« – fuhr Lorchen fort – »Ich kann ihn für meinen Tod nicht leiden.« –

Nachdem dieser Bericht beendigt war, fragte sie mich nach meinem Alter und kleinen Fertigkeiten, und sagte mir, daß sie auch erst funfzehn Jahr als wäre. Ich hatte das gleich anfangs gedacht, und nachher auch vielfältig gesehen. – »Wenn dich die gnädige Frau für den jungen Herrn behielte?« – fuhr sie fort – »Besser kannst du's nicht kriegen. Sie ist seelengut, man kann sie nicht besser wünschen! Sie hat mich von klein auf bey sich gehabt.« –

Indem Lorchen redete, fuhr es wie ein Blitz durch meinen Kopf. Ich gefiel mir so sehr in meiner Verkleidung, und dachte so wenig an die Zukunft, daß ich nichts sehnlicher[39] wünschte, als bey der Dame zu bleiben. Dazu kam, ich weiß nicht, was für ein dunkles Gefühl vom jungen Herrn, kurz ich glaubte mein Glück gemacht.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 37-40.
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