Drittes Capitel.

Unglück.

[7] Meine Mutter bekam ein Faulfieber, und da sie nicht gesund werden wollte, konnte ihr auch der Herr Doktor nicht weiter helfen. Sie starb, und ich hatte eine gute Mutter verloren.[7]

Ich war erst dreyzehn Jahre alt und mußte mich nun der Wirtschaft annehmen. Die Mägde fingen an, mich Mamsell Haunchen zu nennen, da ich vorher nur Hannchen geheißen hatte. Ich fand mich sehr bald in beydes, aber mein Vater wurde täglich mißmüthiger.

Kaum war ein halbes Jahr vergangen – so sagte er einmal: – »Hanne! ich kann das Rechnen nicht lassen! ich muß wieder heirathen; aber du sollst eine gute Stiefmutter kriegen.« – Bey diesen Worten fing ich an zu weinen, aber es war alles vergebens.

Er hatte mit einer alten Jungfer Bekanntschaft gemacht, die ihm achthundert Thaler zubrachte. Sie betrieb die Sache so eifrig, daß schon sechs Wochen nachher alles richtig war. Ehe ich michs versahe, hatte ich die liebe Stiefmutter im Hause.

Man kennt den Teufel an seinen Namen; was brauch' ich sie weiter zu schildern? Mein[8] Vater und ich, wir hatten nun glücklich gelebt. Sie wußte ihn völlig zu unterjochen und spielte mir entsetzlich mit. Wir klagten einander unser Elend, das war meine einzige Hülfe. Um sich zu trösten, fing er an zu trinken und ließ alles bunt über gehen.

Ich wurde meines Lebens in dieser entsetzlichen Lage beynahe überdrüßig. Zehnmal dachte ich daran, in das Wasser zu springen! Meine abscheuliche Stiefmutter schien es auch wirklich darauf anzufangen, denn sie ließ mich oft Tagelang hungern! Ach ihr Väter, die ihr zur zweyten Ehe schreitet, weil ihr das Rechnen nicht lassen könnt, das Unglück eurer Kinder wird schwer auf euch liegen!

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 7-9.
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