Dreyzehntes Kapitel.

Fortsetzung.

[232] »Herr!« – rief der Kammerherr mit einem verächtlichen Tone – »Wissen Sie, mit wem Sie sprechen?« –

»Mit einem dekorirten Lakey! Mit einem insolenten Windbeutel!« –

»Kammerherr! Sind Sie des Teufels!« – riefen ihm mehrere zu. – »Recht so!« – schrien andere. – »Laß es nicht auf dir sitzen N–! Ich will dein Sekundant seyn!« – rief der Bruder des Fräuleins – »Es ist meine Schwester!« –

Die ganze Gesellschaft sprang auf; aber der Kammerherr war zu betrunken, um jetzt[233] fechten zu können. – »Wißt ihr was, ihr Herren!« – sagte ein alter Major – »versparts, bis ihr ausgeschlafen habt! – – Er wird ihn schon zeichnen, der N–« setzte er heimlich hinzu, und sah den Junker freundlich an.

Alle Freunde meines Herrn schlugen sich auf seine Seite. – »Ist Sie's wirklich gewesen?« fragten andere. – »Ja! – aber wer kann sie so schändlich verläumden?« – Ich zitterte, und sah den Junker ängstlich an. Er warf mir einen freundlichen Blick zu, und sein ganzes Betragen entzückte mich.

Die Bekannten des Kammerherrn formirten eine zweyte Parthey, aber sie war nicht zahlreich. Man sprach zusammen, und wurde einig, sich den andern Morgen zu schlagen. Der Kammerherr bestätigte dieses mit vielen Gaskonaden. – »Kommen Sie nur, mein Guter! Wir wollen Sie schon expediren!« –[234] »Das wollen wir sehen!« antwortete der Junker mit seinen Freunden, und beyde Partheyen trennten sich.

»O wie wird das werden!« – dachte ich – »Wenn er unglücklich wäre!« – Ich dachte so lebhaft daran, daß ich weinen mußte. – »Bist du gescheut?« – sagte der Junker – »Das ist so gut, als ob ich mir den Mund abwischte. Aber ich will's ihm zeigen, er soll an mich denken!« –

Eine Stunde darauf erhielt er ein Cartel vom Kammerherrn, und beantwortete es auf der Stelle. Mehrere seiner Freunde kamen wieder, und blieben den Abend da. – »Du wirst ihn schon zudecken« – sagten sie – »und für das übrige laß deinen künftigen Schwager sorgen.« –

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 232-235.
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