Achtzehntes Capitel.

Leb' wohl!

[248] »Nun mein Guter! Treten Sie nur hierher!« – sagte der Kammerherr verächtlich – »Wir wollen Sie expediren!« – Der Junker antwortete nichts, aber seine Augen sprühten Zorn und Rache. – »Fallen Sie aus, mein Herr!« sagte er endlich kalt und finster, und setzte sich in Positur.[248]

Der Kammerherr schien alle seine Kräfte anzuwenden, aber der Junker parirte mit vieler Geschicklichkeit. Schon wurde mir leichter ums Herz, als er eine Wunde am linken Arm bekam. Aber in demselben Augenblick drang er hitzig auf den Kammerherrn ein, und stach ihn zu Boden. –

Alles stürzte hinzu. – »Gott, er ist ins Herz getroffen!« – sagte der Chirurgus, und ich schauderte. – »Ist's wahr?« – rief der Junker verzweifelt, und die sterbenden Augen des Verwundeten überzeugten ihn. – »Es ist nicht meine Schuld!« – sagte er wehmüthig, und faßte seine Hand – »Ich war der beleidigte Theil!« –

»O mein bester gnädiger Herr!« – rief ich, und stürzte weinend zu ihm hin. – »Was ich dir gesagt habe, lieber Gustel!« – Indeß brachte Heinrich das Pferd. – »Leb' wohl, Freund!« – fuhr er fort, und küßte mich – »In einigen Monaten« – Der Bruder des Fräuleins drang ihm seine Uhr und Börse auf, und ich küßte seine Hand mit[249] Inbrunst. – »Vergiß mich nicht!« – rief er – »Sage deiner Schwester tausendmal« – Er stieg auf das Pferd; die Thränen stürzten ihm aus den Augen, und in wenig Minuten war er aus unserm Gesichte.

»Braver Junge!« – riefen ihm seine Freunde nach, indessen man den blutigen Leichnam des Kammerherrn in das Haus brachte. – »O Gott!« – dachte ich – »wenn er das gewesen wäre!« – Aber wie hätte ich mich freuen können, da ich ihn zu gleicher Zeit verlor?

Man machte jetzt Anstalt, den Leichnam nach der Stadt zu bringen, und wir eilten voran zu kommen; aber mir war es unmöglich, den Pferden der Sekundanten zu folgen. Ich sagte dem Bruder des Fräuleins, was ich für einen Auftrag hätte, und er hat mich, noch diesen Abend hinzukommen. Schwermüthig und niedergeschlagen ritt ich nun mit Heinrich langsam nach, und die ganze Natur schien für mich todt zu seyn.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 248-250.
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