Drittes Capitel.

Die Maskarade.

[198] Die Flügelthüren öffneten sich, und ich stand da wie geblendet. Der prächtige Saal, der Glanz der Lichter, die bunte Mischung der Masken, die schimmernden Logen voll Zuschauer, die schallende fröhliche Tanzmusik – alles war neu für mich. Der Junker nahm mich unter den Arm, wir drängten uns durch den Haufen; er erkannte die Fräulein und verließ mich.

Anfangs war ich äußerst mit meiner Person verlegen. Ich glaubte, von Jedermann erkannt zu werden, und wagte mich nicht von[199] der Stelle. Mehrere Masken versammelten sich neben mir. Diese besahe mich, jene faßte mich bey dem Arm; einige schienen von mir zu sprechen; andere winkten mir; bald malten sie den falschen bald den rechten Buchstaben in meine Hand. Ich fing an Muth zu bekommen, und beschloß umher zu gehen.

Meine Figur schien Aufsehen zu machen; auch darf ich dreist behaupten, sie verdiente es. Ich war zum Entzücken gebaut, man sagte es laut um mich. Mehrere männliche Masken sahen mich für den Junker an, und grüßten mich, und an mehrern Orten hörte ich die Damen sich zuflüstern: Der allerliebste Junge! Es ist der Cornet von N.

Ich wurde immer beherzter, und trat jetzt zu den Tanzenden. Der Junker und die Pilgerin walzten gerade vor mir vorbey. Er stieß mich sanft mit dem Fuße an, und sagte ihr etwas ins Ohr. Als sie fertig waren,[200] kam er einen Augenblick zu mir, und drückte mir einen Gulden in die Hand. – »Die Fräulein schickt dir's!« – sagte er – »du sollst dir die Zeit beym Büffet vertreiben.«

Sie verschwanden sogleich in dem Haufen, und ich merkte, daß ihnen eine Maske in Bauertracht auf dem Fuße nachfolgte. Es war dieselbe, die mich lange begleitet hatte. Es fiel mir auf, aber ich war beym Büffet, und dachte nicht weiter daran.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 198-201.
Lizenz:
Kategorien: