Vierzehntes Capitel.

Böse Auspicien.

[92] So gern ich Lorchen am andern Morgen gesprochen hätte, war es mir doch unmöglich. Die Herrschaft kam jetzt zurück, und ich konnte mich nicht von meinem Junker trennen. Ich hatte ihn in einem Tage nicht gesehen, mein armes Herz mußte entschädigt werden. Er erzählte mir von der Hochzeit, und ich wurde nicht müde, ihm zuzuhören.

Als wir abgegessen hatten, fand ich endlich einen Augenblick, mit Lorchen allein zu seyn. Sie erröthete, und drückte mir die Hand mit vieler Bewegung. – »Ach! was hab ich dir alles zu sagen, lieber Gustel! –[93] Aber jetzt ist nicht Zeit dazu. Komm auf den Abend in den Garten, ich werde Bohnen abschneiden.«

»Hat dich der Hofmeister gesehen?« – fragte ich hastig – »Nur das Einzige sage mir!« –

Sie nickte mit dem Kopfe und schlug die Augen nieder. – In dem Augenblicke ward sie gerufen, und ich zitterte für den Ausgang.

»Wie wird das werden?« – dacht ich – Wenn er es der gnädigen Frau erzählt? O Gott! wenn ich auf einmal meinen Dienst und mein ganzes Glück verlöre! wenn ich fort müßte! – Hier konnte ich meine Thränen nicht länger zurückhalten. Der Gedanke von dieser Trennung brachte mich zur Verzweiflung. – »Das arme Lorchen!« – fuhr ich fort – »sie hat mich hieher gebracht, und sie muß unverschuldet zu meinem Abschied beytragen! – Ich wollte, daß der verdammte[94] Hofmeister« – In dem Augenblicke ging er bey mir vorbey, und lachte so tückisch aus seinen Katzenaugen, daß ich sie ihm hätte auskratzen mögen. –

»Ach! es ist alles verloren!« – fuhr ich wehmüthig fort – und ging in den Holzschuppen, um mich auszuweinen. Zum Glücke war mein theurer Adolph so müde, daß er den ganzen Nachmittag schlief. Es wäre mir unmöglich gewesen, mich gegen ihn zu verstellen. –

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 92-95.
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