Sechszehntes Capitel.

Fortsetzung.

[98] »Ih! – Aber! – Siehst du!« – wem ich nicht gut bin! – »Ich meyne« –

»Nun was denn, liebes Lorchen, ich verstehe dich nicht!« –

»Nun daß ich ihm kein Mäulchen gäbe, und daß er mich nicht angreifen dürfte, und daß ich« – indem sie mich verschämt ansahe.

»Ja nun verstehe ich dich schon!« – gab ich zur Antwort, und drückte ihr die Hand.

»Siehst du also, lieber Gustel,« – fuhr sie erröthend fort – »darum hat er ein Pik[98] auf mich.« – Wie er mich nun so spöttisch fragte, so besann ich mich schnell und sagte: Ja, Herr Hofmeister, bey Ihnen untersteh ich mich das nicht. – »Warum denn nicht, liebes Lorchen?« – gab er zur Antwort – Sie sind mir zu vornehm! – Verstehst du, lieber Gustel, das sagte ich nur, um ihn gut zu machen. –

»Ich verstehe, ich verstehe, bestes Lorchen!« –

»Nein!« – fuhr er fort – »wie können Sie so was sagen; ich habe Sie ja schon so lange gebeten.« – »Ich habe immer gedacht, Sie kohlen mich, Herr Hofmeister.« – »Ih warum nicht gar! Wie kannst du so was denken, liebes Kind!« – indem er mich küssen wollte. – Ich drehte mich aber geschwind, und es kam auf die Nachthaube. – »Nun sehen Sie, Herr Hofmeister,« – fuhr ich fort – »ich bin nur ein armes Kammermädchen,[99] und Sie sind ein vornehmer gelehrter Mann; und ich bin so schlecht, und Sie sind so ein schöner Herr!« – Ja dacht ich – wie eine Vogelscheuche. –

»Nicht doch, Kind!« – fuhr er fort – »Ich bin allen hübschen Mädchen gut, und du bist so allerliebst, du kleine Lose!« – indem er mich streichelte, was ich mir denn von seinen dürren Tazzen gefallen lassen mußte. –

»Aber mit dem Gustel« – fing er wieder an – »mußt du dich nicht wegwerfen.« – Sieh einmal, wenn ich's bin – das ist eine ganz andere Sache – aber mit so einem Jungen. – »Ach, lieber Herr Hofmeister« – sagte ich – »es ist das erste und letztemal gewesen seyn – ich bin nur im Schlafe herüber gekommen, und als Sie riefen, erschrak ich so sehr« – »Das thut mir leid,« – fiel er ein, und küßte mich zum zweyten Male. – Es kam aber wieder aufs Ohr.[100]

Da ich ihn so vertraulich fand, so dachte ich's zu benutzen. – »Aber lieber Herr Hofmeister« – fuhr ich fort – »ich will Ihnen gern recht gut seyn, sagen Sie nur der gnädigen Frau nichts davon.« – »Gewiß?« – gab er zur Antwort. – »Ist das dein Ernst, Lorchen?« – »Gewiß,« – erwiederte ich – »ich will Sie gewiß recht lieb haben; zumal, da ich weiß, daß Sie's ehrlich meynen.« – »Topp!« – sagte er mit sichtbarem Vergnügen! »Gieb mir dein Händchen darauf! Der Friede ist geschlossen! Du sollst sehen, ob ich Wort halten kann. Aber eine Bedingung« –

»Lieber Herr Hofmeister, wenn es in menen Kräften steht.« –

»Morgen Nacht mußt du mich in dein Kämmerchen lassen – Aut! Aut! – Willst du, oder soll ich« –[101]

Ich sagte leise Ja – und that als ob ich ihm die Hand gäbe, aber ich hätte ihm mögen ins Gesicht speyen.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 98-102.
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