Drittes Capitel.

Die Musterung.

[60] »Aber Gustel, du bist ja wahrhaftig so fett, wie ein kleines Martinsschwein« – sagte der Junker, und schlug mich sanft auf die Schenkel. – Ach er wußte nicht, welchen elektrischen Schlag er mir gegeben hatte, und ich wurde über und über roth.[60]

»Mach er ihm nur die Hosen recht knapp, Meister Nähring!« – fuhr er fort – »Wahrhaftig Gustel, du hast ein Paar Bäckchen« – indem er hinfühlte – »nun das soll recht gehen – auf dem englischen Sattel. – Wart nur, ich will dirs schon lernen.« –

»Nun der gnädige Junker sind eben auch nicht mager!« – fiel Meister Nähring ein – indeß er mir die Beinkleider straff hinanzog, und der Junker auf einige zu ändernde Falten zeigte. – Ich hatte Mühe, mich aufrecht zu erhalten, und alle meine Nerven schienen zu zittern. Ja, als der Schneider das Maaß über die Brust nahm, und der Junker meine Weste zusammenhielt, hätt' ich mich beynahe verrathen.

»Gehorsamer Diener!« – sagte jetzt Meister Nähring und empfahl sich. Der Junker band ihm den Termin noch einmal ein, und lief hinunter, um nach den Pferden zu sehen.[61]

»Gustel!« – rief er – »bürste doch meine Stiefeln ab, wir wollen auf die Wiese gehen, und das Reiten anfangen!«

»Das Reiten?« – dachte ich – »Wie wird das werden?« – Dennoch war meine Aengstlichkeit mit Freude gemischt. In dem Augenblicke ging Lorchen vorüber, und warf mir einen Kuß zu. Als sie sah, daß ich allein war, trat sie einen Augenblick hinein. – Indessen kam der Hofmeister, und sagte mit einem Menschenfressergesichte: »Was will der Bursche hier? Marsch!« – Lorchen drehte sich um, und lachte. – Sogleich rief mich der Junker hinunter, und ich hatte nicht Zeit eine Antwort zu geben.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 60-62.
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