9. Von einem Königskinde

[16] O wende ab dein Auge,

blick nicht so freundlich mich an,

ich kann ja nichts als bitten:

Verzeih, was ich dir getan ...


Ein Röslein blüht im Garten,

liebkost vom wandernden Wind ...

Ich bin nur ein armer Geselle,

und du bist ein Königskind!


Ich wollte nur dich trösten,

hätt nie dich zu lieben gewagt!

und daß ich nur Unglück dir bringe,

o daß mir's mein Herz nicht gesagt!


Und muß ich nun gehen und scheiden,

will suchen ich auf und ab,

bis ich, die du verloren,

die Krone wiederhab.
[17]

Ich will sie aufs Haupt dir setzen

mit flimmerndem Edelgestein,

daß du als Königin wieder

ziehst in die Heimat ein.


Da kommen viel vornehme Leute,

Minister und große Herrn,

und endlich der König selber

mit Band und Ordenstern.


Doch langsam aus dem Gedränge

stiehlt einer sich still bei Seit

und träumt, eine Träne im Auge,

von seliger Jugendzeit:


Ein Röslein blüht im Garten,

liebkost vom wandernden Wind ...

Ich bin nur ein armer Geselle,

und du bist ein Königskind!

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 16-18.
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