März

[103] Sprich noch nicht vom Frühling, es ist zu früh!

so lockend die Sonne vom Himmel blitzt,

so lockend alles glänzt und glitzt ...

sprich noch nicht vom Frühling, es ist zu früh!

Es werden Tage wieder kommen

bevor erblüht, wovon du träumst,

da alles wie vorher trostlos weh

in Regen sich begräbt und Schnee,

Tage voll Traurigkeit, Tage voll Müh ...

sprich noch nicht vom Frühling, es ist zu früh!


Und doch und dennoch: mit jubelndem Liede

grüße dies frohe befreiende Blau

über all dem farblosen Grau,

freu dich der flimmernden Mittagsstunden,

sonne das Herz dir zu keimender Kraft,

daß es dem müde machenden Winter

und seiner Enttäuschung sich wieder entrafft!


Nur warte, nur wart noch! es wird sich erfüllen,

es wird sich erfüllen, was du ersehnst:[104]

Glutig auflodern wird es am Himmel,

über die Berge her wird es wehn

und wie donnernde Osterglocken

wird es durch die Lande gehn ...

nur warte, nur wart noch und hab Geduld!

So schön und so köstlich dies blitzende Blau

mit seinem süßen stillen Locken,

es kommen Tage noch und Wochen

farblos grau,

da alles wie vorher trostlos weh

in Regen sich begräbt und Schnee,

Tage voll Traurigkeit, Tage voll Müh ...

sprich noch nicht vom Frühling, es ist zu früh!

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 103-105.
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