3. [Ich darf's]

[109] Ich darf's,

du darfst's

und jeder,

der da gleich stolzen Sinnes wär,

der so wie ich, der so wie du

die Jahre hin, die Jahre her

den eigenen Wunsch im Zügel hielt,

daß er nun ganz von selbst nicht mehr

auf Wege drängt, die wir nicht wollen,

ein jeder, der

so drüber stände

wie du und ich

darüber stehn ...

die Welt würd ruhig weiter gehn,

es würde niemand was geschehn,

es würde niemand was genommen!


Und dennoch, sieh! eh wirs versähn,

würden sie dutzendweise kommen:

Wer sind die, die da oben gehn?![110]

wer sind die, die da haben dürfen,

was uns versagt?! wir sind doch wohl

nicht weniger gut, nicht weniger schlecht?!

gleiche Steuern, gleiches Recht!


So schrie' es und im Handumdrehn ...

wir sind nicht weniger gut und schlecht! ...

wär Zaun und Garten niedergetreten ...

gleiche Steuern, gleiches Recht!


Und alles, was in langen Jahren

wir uns erkämpft als stillen Lohn

freiwilliger Frohn,

es würde nur uns selbst zum Hohn!

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 109-111.
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