12. [Irrte auch im heißen Drange]

[47] Irrte auch im heißen Drange

frohen Ungestüms ich lange

durch die Welt und durch Gefahr,

wahnbetört mein Glück zu finden,

wo es nie zu finden war ...


Immer doch in meinem Innern

wie ein Traum klang ein Erinnern

längst verklungener Jahre nach

und an dich, der ich als Knabe

einst die ersten Rosen brach.


Jeder Kuß auf andere Lippen

war ein Warten, war ein Nippen,

ein Verlangen nur nach dir,

du nur warst es, die ich suchte,

du allein und für und für.
[48]

Und die Sehnsucht, die da klagte

und mich unstät weiterjagte

ohne Rast und ohne Halt ...

nun erst weiß ich's, all ihr Bangen

daß es einzig dir nur galt!


Du nur warst's, die ich beweinte,

die ich träumte, die ich meinte,

wenn von Lieb und Glück ich sprach,

du nur, du, der ich als Knabe

einst die ersten Rosen brach.

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 47-49.
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