»Auf morgen!«

[102] Nun dämmert langsam sich der Tag zu Nacht und aus der Tiefe flimmern die ersten Sterne und über die stillen Wasser klingt ein Traum ...


Wir haben zusammen Rosen gepflückt, wir haben gelacht und haben gesungen, und als es regnete, saßen wir ganz eng in einer Waldhüterhütte ...

wir haben uns unser Leben erzählt, Frohes und Trübes, und haben im Sand dann zusammen gespielt, eine Burg uns gebaut mit Wall und Graben

und alles, alles zusammen gehabt, den ganzen Tag ... den ganzen Tag!


Und nun, da's dämmert und die Nacht heraufkommt ...[103]

nun gehen wir noch bis zum Garten oben und geben leise uns die Hand:

»Auf morgen!«

und

du biegst nach rechts, ich biege nach links ... du träumst von mir ... ich träume von dir ... und nach ein paar Schritten bleiben wir stehn, als müßten wir uns noch etwas sagen ...

etwas,

schöner,

als alle Rosen und als der ganze schöne Tag ...

und wissen doch nichts anderes dann, als noch einmal ... ganz laut: ›Auf morgen!‹

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 1: Von Alltag und Sonne. Stuttgart 1921, S. 102-104.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Von Alltag und Sonne
Von Alltag und Sonne
Von Alltag und Sonne: Gedichte in Prosa
Von Alltag und Sonne