7. Auf Frau Helenen Ilgens, Herrn Peter Kuchens seligen Ehegattens, Ableben

[262] 1632 Herbst.


Dennoch ist der Wundsch erfüllet

und das sehnlich Tun gestillet,

dennoch ist ihr recht geschehn.

Laßt, ihr Eltern, laßt die Zähren!

Es ergeht ihr nach Begehren,

sie hat ihren Zweck ersehn.


Wenn uns Gott gebeut zu gehen,

so soll man nicht widerstehen.

Eurer Tochter ist gar wol.

Ihres Geists wird wol gepflogen;

nur ihr Leib ist hingezogen,

wohin Alles ist und soll.


Wir sind in den Lebensorden

ohngefähr gesetzt nicht worden,

daß wir, wenn wir alles Leid,

alles Böses ausgestanden,

nachmals blieben in den Banden

ewiger Verstorbenheit.


Niemand kan zu Himmel kommen,

es sei ihm denn das benommen,

worvon er noch sterblich heißt.

Was entlehnt ist von der Erden,

das muß ihr hinwieder werden,

eh' der Geist von hinnen reist.


Laßt uns ihren Glanz besinnen

und das Himmlische beginnen,

Anfangs nun, nun Endes bloß!

Wer will ihre Lust beschreiben,

die sie wird ohn' Ende treiben

in des Allerliebsten Schoß'?


Sind wir hier im Leben lange,

so ist uns auch lange bange,

leben desto minder doch.

Und wem solte fast gelüsten,[262]

mehr zu irren in der Wüsten,

mehr zu ziehen dieses Joch?


Phöbus kürzt nun ab die Tage,

doch darmit nicht unsre Plage,

die rings um uns schläget ein.

Nun der Sommer ist entwichen,

kömt der faule Herbst geschlichen,

sagt, es werde Winter sein.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 262-263.
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