12. Auf eine adeliche Hochzeit

[307] 1633 Herbst.


Zwar ich muß von fernen schauen,

wie man euch itzund wird trauen,

wie man euch wird legen bei,

und den Tag der süßen Freuden

muß ich wider Willen meiden,

weit von euch, ihr liebsten zwei.


Gott und Glücke heißt mich reisen,

dieses, was wir hier hör'n preisen,

selbst zu sehen anderweit.

Euch heißt Gott und Glücke freien,

die es lassen wol gedeien,

was ihr Zwei Eins worden seid.


Doch soll dieses Liedlein gehen

und vor eurer Tafel stehen

und erheben seinen Ton,

den Ton, den die Libethrinnen

und die süßen Kastalinnen

singen auf dem Helikon.


Hymen, Venus und der Knabe,

der die Lieben führt zu Grabe,

da nichts als der Tod bleibt tot,

die begleiten sie, die Lieben,

die sich freuen und betrüben

über der nun nahen Not.


Seht, sie geht, die Braut, die schöne!

Die so manche Ritters-Söhne[307]

auserwählt, kriegt Einer nun,

Einer, den der Himmel liebet,

der sich ihr in Lust ergiebet,

soll in ihren Armen ruhn.


Edles Paar an Blut und Gaben,

nehmt nun, was ihr könnet haben,

nehmt und gebet, gebt und nehmt!

Edles Paar an gleicher Tugend,

pfleget eurer frischen Jugend,

der sich alle Lust bequemt!


Teilt, vermischt, vermehrt das Feuer,

das der Himmel, euer Freier,

in euch Beiden angesteckt,

daß aus dieser Liebesflamme

eurem hochgepreisten Stamme

eine neue werd' erweckt!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 307-308.
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