14. Auf eine Hochzeit in Lieflande

Wilst du denn vor untergehn

und so wieder auferstehn,

güldnes Auge dieser Welt,

eh' sich dieses Paar gesellt?


Diß Paar, dem der Musen Chor

seine Stimme hebt empor,

dem die Venus und ihr Sohn

zugesagt längst ihren Lohn?


Sieh doch, wie sie bittend stehn

und vor deinem Wagen flehn,

schau doch, wie sie kläglich tun,

daß du sie nicht lässest ruhn!


Nein, du hörest, großes Liecht,

itzt der Kranken Bitte nicht.

Dißmal rufen sie umbsunst,

Gott der Götter, deiner Gunst.


Liebstes Paar, seid unbetrübt,

liebt doch, wie ihr habt geliebt,

seid doch euer, wie ihr seid,

und verschmerzt den Neid der Zeit!


Es ist umb ein Kleines noch,

bis daß euch das süße Joch,

das Joch, das euch ietzt noch drückt,

beiderseits ohn End' erquickt.


Ietzund seh' ich schon den Tag,

daß, eh' Phöbus aufstehn mag,

man euch Beide Frau und Man

ganz mit Ehren nennen kan.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 93,310.
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