24. Auf Herrn Martin Münsterbergers, Pfarrerns der Evangelischen Gemeine in der Moskaw, seinen Namenstag. 1634

[364] 1634 November 11.
[364]

Er, der liebste deiner Tage,

den der güldne Titan trägt

auf der hohen Sternenwage

und in diese Stunden legt,

er, der liebste, heißt uns lachen

und mit dir uns lustig machen.


Wol! Damit du seist gebunden,

so sei dieser Eppichstrauß

in dein weißes Haar gewunden!

Freund, es geht auf Lösen aus!

Du wirst nicht ohn' deinen Schaden

uns darfür ein müssen laden.


Wir sind da, wir treuen Dreie,

die du mehr als vor nun kennst,

die du dir verknüpfst aufs Neue,

daß du sie mehr deine nennst.

Wir sind da mit dem Verlangen,

was du denn nun an wirst fangen.


Folge, Bruder, was zu üben

wir und Zeit und Himmel heißt!

Mein! wer wolte Den doch lieben,

der sich stets der Lust entreißt?

Denn ists Zeit, daß wir uns grämen,

wenn wir unsers Glücks uns schämen?


Brauch' der Zeit! Die leichten Stunden

schießen schneller als kein Fluß.

Zeit hat Flügel angebunden,

Glücke steht auf glattem Fuß,

und die hat nur vornen Haare,

die nicht allzeit kömpt im Jahre.


Gott weiß was wir morgen machen;

heute laß uns lustig sein!

Trauren, Frohsein, Weinen, Lachen,

ziehn bald bei uns aus, bald ein.

Wol dem, welcher ist vergnüget,

wie sich sein Verhängnüß füget!


Bringt uns Lauten, Geigen, Flöten!

Junger, hole das Regal!

Die Musik kan Trauren töten,

sie zertreibt der Sinnen Qual.

Auch die Götter sind betrübet,

wo nicht sie die Freude giebet.


Wenn wir edlen Menschen sitzen

umb den Ofen und ein Glas,

und an Seel' und Leibern hitzen,

so ist besser Nichts als das,

daß man bei so süßen Dingen

auch läßt süße Lieder klingen.


Her die Schalen! Frisch, ihr Brüder!

Wir sind heut' und morgen hier.

Daß ich warlich komme wieder,

so gilt, Herr Martinus, dir

der Trunk dieses weiten Römers

auf Gesundheit unsers Pöhmers!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 84,365.
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