43. Als die Fürstl. Holstein. Gesandten mit dero Komitate von Moskaw nacher Persien aufbrachen, 1636. im Junio

[382] Steh' auf, steh' auf aus Thetis feuchten Armen,

o güldner Phaeton,

steh' auf und laß von deiner Glut erwarmen

Olympens ganzen Thron!

Verhalt uns nicht

dein Lebens-Licht!

Laß Sturm und Wind und Regen für dir fallen,

indem wir dir,

o unsre Zier,

ein Ehrenlied zu Lobe lassen schallen!


Diß ist der Tag nach so viel hundert Tagen,

die uns beschwerlich sind,[382]

zu dem wir einst mit Jauchzen können sagen:

Willkommen, edles Kind!

Dein süßer Glanz

erfreut uns ganz.

Durch dich steht uns der Himmel offen;

das schöne Tun

gewährst du nun,

auf welches wir so manche Jahre hoffen.


Apollo, laß dein gnädigs Antlitz schauen

auf uns und unsern Pfad!

Erwäge wol, was für ein hoch Vertrauen

ganz Holstein in dich hat!

Diß edle Paar

und seine Schaar

hat deiner Gunst, o Kunst, sich ganz ergeben.

Kein Fall verrückts.

Wilst du, so glückts,

so hats nicht Not um unser kühnes Leben.


Lauf, Moskaw, lauf und sag' es deiner Wolgen

mit schnellen Wellen an,

daß wir alsbald ihr sind bereit zu folgen

bis über den Hyrkan!

Indessen sprich,

daß alles sich,

was Schaden bringt, von ihren Ufern mache!

Laß unsren Lauf

nichts halten auf!

Der alles sieht, hält über uns selbst Wache.


Und nun Ade, ihr Reußischen Najaden,

du wolbekante Schaar!

Kein trüber Quell soll euren Flüssen schaden

durch dieses lange Jahr!

Bleibt ihr uns Freund,

so wagts kein Feind.

Und du, o Stadt, o große, bleib bei Glücke!

Nun, gute Nacht!

Hats Gott bedacht,

so scheiden wir und kommen wol zurücke.

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 382-383.
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