48. Ode an Herrn Grahmannen, als derselbte in Astrachan des 1638. wie vorigen Jahres zu Ardefil in Persien, von einer hitzigen höchst gefährlichen Krankheit wieder genas

[387] 1638 September.


Vertrauter meines Herzen!

Nun ist das fünfte Jahr

in Ernsten und in Scherzen,

in Freuden und Gefahr,

in Mangel und in Fülle

und wie's auf Reisen fällt,

mein Wundsch und ganzer Wille

durch, in und aus der Welt.


Ergänze dein Gemüte,

das halb gestorben lebt

und kühl dir das Geblüte,

das so für Hitze klebt![387]

Auch diesen Stoß, den herben,

verrückst du aus dem Ziel':

es läßt sich nicht so sterben,

alswie der Würger will.


Dem beißen Perserlande

gefalle seine Glut,

der Tartereien Sande

sei seine Dürre gut!

Ich lobe deine Felder,

Europe, deine Luft,

dein Wasser, deine Wälder,

die wir so oft geruft.


Komm, laß uns alle Mühen

und was uns hat gekränkt,

mit Zucker überziehen,

in Weine sein vertränkt!

Kein Wermut ist so bitter,

der nicht auch Honig hält.

So steht sichs wie ein Ritter,

so fällt sichs wie ein Held.


Da lebt, da stirbt sichs süße,

wo Lust kein' Unlust hat.

Komm, mach dich auf die Füße!

Diß schafft dir deine Stat.

Behalt dich deinen Freuden

und deinen Freunden vor

und weise deinem Leiden

das aufgesperrte Tor!


Komm, Bruder, laß uns eilen,

wir haben hohe Zeit,

zerreiße diß Verweilen

und töte selbst dein Leid!

Der Donner ist verschwunden,

der Regen ist vorbei,

Apollo wird empfunden,

und du bist frisch und frei!
[388]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 387-389.
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