16. Flehen der Liebe

[406] Wenn du mich köntest lieben,

o du mein Ich,[406]

gleich wie ich dich,

so wär' ich ohn' Betrüben.

Daß du mich aber nicht hältst wert,

das ists, das mich so sehr beschwert.


Sonst Allen dich alleine

setz' ich weit für:

das schwer' ich dir

bei Phöbus güldnem Scheine,

bei Gott Kupidos süßer Glut.

Dir nur alleine bin ich gut.


Du kanst mich ja nicht hassen,

daß ich die Zier,

so wohnt in dir,

nicht denke zu verlassen,

die einen Ieden ingemein

beweget dir geneigt zu sein.


Siehst du nicht, wie ich weine

und wegen dir,

o meine Zier,

fast nicht zu trösten scheine?

Du siehst und nimst dichs doch nicht an,

daß mir sonst Niemand raten kan.


Ach! laß dich doch erbitten,

mein einigs Ein,

durch diese Pein,

die ich so oft erlitten!

Schaff', Herze, schaffe doch einmal,

daß ich mich freue nach der Qual!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 406-407.
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