[3] An die Wolgeborne Gräfin und Frau, Frau Katharinen, Frau von Schönburg, Frau zu Glaucha und Waldenburg, geborne Wild- und Rheingräfin, u.s.w.


Sonnet

Was uns den Himmel sperrt, die Welt zu enge macht,

die lasse Seele zwängt, den kranken Leib verzehret,

was uns bei Freuden Lust, bei Lachen Lachen wehret,

den langen Tag entfärbt, erschreckt bei Mitternacht,

was mit uns geht zur Kost, steht, sitzt, entschläft, erwacht,

das erste lange Leid, das Eva auf uns kehret,

und was das arge Fleisch noch täglich üben lehret,

auch wie wir armes Volk zu Rechte werden bracht:

das klagt und lehrt diß Buch. Wenn ihr denn, Ruhmb der Frauen,

das gnädige Gesicht' in diese Schrift laßt schauen,

so hoffet euch nur nicht der Wörter schönen Schein!

Denkt, Mutter, denkt viel mehr, daß keine böse Sache

der angeschminkte Glanz der Reden besser mache!

Der Richter siht hier nicht, was wir von außen sein.


P.F.V.H.

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 3.
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