4. Auf Herrn Christof Bierauens mit Jungfrau Elisabeth Stangens Hochzeit

[68] Die Sonne wolte gleich ietzt aus den Fischen schreiten,

der Himmel stund erstarrt, die weißen Wolken speiten

die dürre Flut, den Schnee; die Erde war ganz greis

und runzlicht an der Haut; die Fluten hatten Eis,[68]

die Felder Flocken um; zur Zeit, wenn Mars nicht kriegen,

wie er gern wolte, kan, muß in Quartieren liegen,

da ihm denn auch ist wol. – Wiewol man itzt gewohnt,

daß man bei Winters auch des Feindes nicht verschont,

wie das mein Teutsches Land gelernet hat von Norden,

der kriegerischen Welt. Wir sind Soldaten worden

und gehn den Ahnen gleich. So lange kriegen wir

und kriegen minder doch als so viel nichts dafür,

verkriegen Gut und Geist. – Nun, eben dieser Tage

begab sichs, daß Gott Mars auch in der Ruhe lage,

sein Hauptquartier war hier. Frau Venus, wie man weiß,

pflegt nicht fern' ab zu sein. Es friere noch solch Eis,

es drehe wie es will, sie läßt sich nichts erhalten,

reist ihren Buhlen nach, versperrt den lahmen Alten

und läßt ihn hämmern wol. Wie denn der gute Man

itzt so viel hat zu tun, daß er nicht schlafen kan:

er soll, weiß nicht wie viel der Harnsche fertig haben

bald auf den ersten Mai. Indessen kan sich laben

die Venus, wie sie will. So viel Zeit hat er nicht,

daß er seh' eins darnach, ob sie noch brenne Liecht,

ob sie entschlummert sei, ob sie sei extra gangen.

Zu dem so hat er auch nicht so ein groß Verlangen

mit ihr verliebt zu tun. Sie hält ihn auch nicht groß,

im Fall' sie liegen kan in eines Andern Schoß,

und der es besser kan. Gleich als sie nun vernommen,

daß ihr geliebter Freund allhier sei angekommen,

der eben auch nach ihr ein solch Verlangen trug,

als wie sie wol nach ihm, sprach sie: Nun hab' ich Fug;

mein Sohn, du solst mit mir! Lauf, spanne vor die Tauben!

Ihr andern bringt mir Schmuck, Geschmeide, Röcke, Schauben

und was mein Schönstes ist! Die Göttin setzt sich auf

und fährt also davon: die helle Zunft folgt drauf.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 68-69.
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