5. In ein Stambuch Herrn Kolbens von Mutschen

[115] Den 15. Merz 1631. In Leipzig.


Der Himmel treibt die Luft, die Luft bewegt die Erde,

das Wasser eilet fort, die Sonn- und Mondenpferde

die steigen auf und ab, der Sternen Pöfel tanzt,

die Glut reißt über sich und wird mit nichts umschanzt.

Wo Häuser sind, war Flut, wo Städte, sind nun Wälder;

vor Hügel, itzund Tal, vor Klippen, itzund Felder.

Das Jahr ist niemals gleich, bald ist es kalt, bald heiß.

Wir ändern uns mit ihm, itzt sind wir jung, bald greis.

Schau an diß große Das, das Phöbus Gäul' umrennen!

Wie stark es immer ist, noch wird es müssen brennen.

Man lebe, wie man soll, und brauche seiner Zeit!

Hier ist beständig nichts als Unbeständigkeit.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 115.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Gedichte
Deutsche Gedichte