13. Gott sei mir Sünder gnädig

[449] Nicht nur alleine nichts weiß ich in mir zu finden,

mit dem, erzürnter Gott, ich könte vor dir stehn

und mit beherzter Stirn dir unter Augen gehn:

ich reize dich noch auf mit meinen bösen Sünden.


Ja, laß auch itzt nicht nach dich ferner zu entzünden!

Wie? soll ich mich denn auf für deiner Hochheit blöhn,

ein Pharisäer sein, mein nichtigs Tun erhöhn,

um dich zu söhnen aus mit Bösem unterwinden?


Ach nein! Du kennst uns wol, du scharfer Herzergründer,

ich sag' es frei heraus: ich bin ein armer Sünder,

der deiner Güte darf, soll er erlöset sein.


Schau meine Notturft an und sei mir, Gnade, gnädig!

Der du die weite Welt von aller Schuld sprichst ledig,

du wirst ja nimmermehr zu mir nicht sagen nein.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 449.
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