44. An ihr Herze, in ihrer Krankheit

[510] Ach wehe dir und mir, o Brunnen meiner Zären!

die Hitze, die dich kreischt, die treibet mir den Schweiß

des kalten Todes aus. Mir wird für Kälte heiß

von deiner nahen Brunst, dem feurigen Beschweren.


Was kanst doch du von mir, von dir ich Rat begehren?

Dein Feuer ist mein Frost; ich werd' ein kaltes Eis,

das zu entzünden nur und nicht zu löschen weiß.

Ach wehe dir und mir, daß wir uns so gefähren!


Macht nun die Hitze Frost und löscht das Eis nicht mehr?

Ach, widrige Natur, du scherzest unsre Schmerzen!

O gar nicht gleicher Tod zwei gleichgesinnter Herzen!


Doch wird uns scheiden Nichts und zürnt sie noch so sehr.[510]

Der Tod, der macht uns gleich, wir sterben doch zusammen.

Dein Feuer nehrt mein Eis, mein Eis nehrt deine Flammen.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 510-511.
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