57. Zur Zeit seiner Verstoßung

[516] Ein Kaufman, der sein Gut nur einem Schiffe traut,

ist hochgefärlich dran, in dem es bald kan kommen,

daß ihm auf einen Stoß sein Ganzes wird genommen.

Der fehlt, der allzuviel auf ein Gelücke traut.


Gedenk' ich nun an mich, so schauret mir die Haut.

Mein Schiff, das ist entzwei, mein Gut ist weggeschwommen.

Nichts mehr, das ist mein Rest, das machet kurze Summen.

Ich habe Müh' und Angst, ein ander meine Braut.


Ich Unglückseliger! Mein Herze wird zerrißen,

mein Sinn ist ohne sich. Mein Geist zeucht von mir aus,

mein Alles wird nun Nichts. Was wird doch endlich drauß?


Wär' eins doch übrig noch, so wolt' ich Alles mißen.

Mein teuerster Verlust, der bin selbselbsten ich.

Nun bin ich ohne sie, nun bin ich ohne mich.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 516.
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