89. Als er sie schlafend funde

[530] Hier liegt das schöne Kind in ihrer süßen Ruh,

sie bläst die schöne Luft, von welcher ich mich quäle,

bis an die Seele selbst durch ihre süße Kehle,

hier liegt das schöne Kind und hat die Augen zu.


Streu Rosen um sie her, du sanfter Zephyr, du,

mit Nelken untermengt, daß ihr Geruch vermäle

mit ihrem Atem sich, dieweil ich leise stehle

so manchen Kuß von ihr. Silenus sprich kein Muh!


St! Satyr, weg, Sylvan! Geht weit von diesem Bache,

daß meine Seele nicht von eurer Stimm' erwache.

Klitscht in die Hände nicht, ihr schlipfrigen Napeen.


Schlaf, Schatz, ich hüte dein Schlaf, bis du selbst erwachest,

so wirst du wachend tun, was du im Schlafe machest.

Mir auch träumt itzt mit dir, als solt ich vor dir stehn.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 530.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Gedichte
Deutsche Gedichte