1. Altitalienische Bilder

[42] 1. Madonna hält mit beiden Händen das auf ihrem Schoße sitzende Christuskind. Im Hintergrunde drei Cherubimköpfe. Gewand der Madonna mit reichem Muster modelliert, und sodann vergoldet und bemalt. Flaches Relief aus gebrannter Erde (Terracotta), in reich vergoldetem Rahmen. Dieser hat die Inschrift Ave Maria gratia plena, Dominus tecum. Wahrscheinlich eine Arbeit von Mino da Fiesole. Ein Exemplar, nach derselben Form gegossen, befindet sich im Berliner Museum.

2. Madonna, halbe Figur, anbetend vor dem Kinde; zur Rechten drei Engel, links Johannes. Madonna und Christkind sehr schön. Terracottarelief von etwa zweieinhalb Fuß Durchmesser. Von der Bemalung und Vergoldung sind nur noch schwache Reste vorhanden. Trotzdem ein Prachtstück der Sammlung. Nach der Ansicht Metzgers, eines Kunsthändlers in Rom, durch dessen Vermittlung Herr von Rumohr viele Sachen fürs Berliner Museum ankaufen ließ, von Luca della Robbia. Der einzige Zweifel, den Metzger unterhielt, war der, daß ihm kein Werk des Luca von ähnlicher Schönheit vorgekommen sei.

3. Madonna mit dem Kinde, Johannes und Engeln. Von Fra Filippo Lippi. Wie fast alle folgenden Bilder auf Holz gemalt.

4. Vermählung der heiligen Katharina. Die sitzende Madonna hält auf dem Schoße das Christuskind und neigt sich mit demselben der vor ihr zur Linken knienden heiligen Katharina entgegen, welche vom Christuskinde den Ring empfängt. Eine vorzügliche Arbeit von Sandro Botticelli, einem Schüler des Fra Filippo Lippi.

5. Madonna mit dem Kinde, welches einen Stieglitz in den Händen hält. Ein weißer Schleier fällt unter der Krone der Madonna auf den dunkel schwarzblauen Mantel herab, welcher auf der Brust durch eine Agraffe gehalten, sich seitwärts öffnet und das rote Gewand sehen läßt. Höchst wahrscheinlich von Fra Filippo Lippi, doch in mancher Beziehung an seinen Sohn Filippino Lippi erinnernd.

[42] 6. Madonna mit dem Kinde. Wahrscheinlich von Filippino Lippi.

7. Madonna; auf Goldgrund. Sie trägt einen schwarzen Mantel mit rot-goldnem Brokat gefüttert. Unter dem Mantel birgt sie Päpste, Mönche, Heilige. Sehr altes Bild von Giovanni da Milano.

8. Krönung Mariä. Ausgezeichnetes Bild; der Maria in Santa Croce zu Florenz (von Giotto) und ebenso der heiligen Jungfrau in der Brera zu Mailand so nahe stehend, daß es Kenner mehrfach für ein Originalbild von Giotto gehalten haben. Die später erfolgte Reinigung ließ die Jahreszahl 1338 hervortreten, wonach es also zwei Jahre nach Giottos Tode gemalt wurde. Doch zählt es immer zu den ältesten und besten Schulbildern. (Dies Bild befindet sich zur Zeit in Berlin, in der Wohnung der Frau von Hengstenberg.)

9. Maria und der verkündende Engel. Zwei Köpfe, nach dem großen und berühmten Bilde in der Kirche Annunziata in Florenz gemalt. Das große Bild wird alljährlich nur einmal dem Volke gezeigt; der Maler hat diese beiden Köpfe, nach einmaligem Sehen, aus dem Gedächtnis auf die Leinwand gebracht.

10. Madonna. Von Fra Bartolomeo. Aus der Gipfelzeit der Malerei; an Schönheit vielleicht allen Bildern der Sammlung voranstehend. Ein großes dunkles Kopftuch, unter dessen Falten das rote Kleid nur wenig hervorsieht, wallt tief herab. Der Kopf selbst zeigt einen leidenden Ausdruck. Die Formen sind edel, das Ganze voll technischer Vollendung.

11. Christus auf Goldgrund, unter einem Baldachin. In sienesischer Kunstweise, mit grünuntermalten Fleischtönen und aufgesetztem Rot.

12. und 13. Zwei Sepiazeichnungen von Mantegna. Es ist ein Pergamentblatt von ungefähr ein Fuß Höhe und sieben bis acht Zoll Breite, das auf beiden Seiten bemalt ist. Auf der einen Seite erblickt man einen Märtyrer (wahrscheinlich Sankt Jakobus), der von den Seinen Abschied nimmt und sie segnet. Die Zeichnung auf der anderen Seite ist von noch größerer Schönheit. Sie stellt dar: »Der tote Christus von Engeln beklagt.« Das Bild zeigt eine gewisse Verwandtschaft des Ausdrucks und der Behandlung mit dem entsprechenden Mantegnabilde im Berliner Museum. Die erste Seite (Sankt Jakobus, der Abschied nimmt und segnet) ist wahrscheinlich eine Skizze zu dem bekannten Deckengemälde von Mantegna: »Gang zum Richtplatz und Heilung des Gichtbrüchigen« in der Kirche degli Eremitani[43] in Padua. – Beide Bilder zeigen eine reiche Renaissancearchitektur; was die Art des Vortrags angeht, so ist die eine mehr in gemalter, die andere mehr in gestrichelter Manier. Das Pergamentblatt selbst ist sehr wahrscheinlich aus einem Mantegnaschen Studienbuch genommen.

14. und 15. Zwei Heilige (fast Lebensgröße), halbe Figur, unter Spitzbogeneinrahmung. Wahrscheinlich früher ganze Figur und später abgesägt. In giottesker Manier; vielleicht von Giottino.

16. Ein Apostel (dreiviertel Lebensgröße), halbe Figur. Abgesägt wie das vorige. Nach Metzgers Ansicht mutmaßlich von Orcagna herrührend. Auf der unteren Hälfte des Bildes, aber ebenfalls auf der Vorderseite, befindet sich eine mit weiß konturierte Skizze zu einer Madonna. Diese Skizze ist wenig mehr als fünfzig Jahre alt und hat der Maler derselben das alte Bild lediglich als Untermalung benutzt.

17. Das Gastmahl des heiligen Dominikus. Dominikus setzt sich, mit seinen Mönchen, im Refektorium zu Tisch und erhebt die Hände bittend gen Himmel, während der Bruder Schaffner den leeren Korb umstülpt. Engel erscheinen und bringen Brote. Das sehr beschädigte Bild enthält noch Spuren von großer Schönheit und zierlichster Malerei, namentlich in der Behandlung der Köpfe. Es ist ein Bild von Fiesole. Metzger hat es auf das Bestimmteste dafür erklärt.

18. Ein kleiner Altar mit Vorgängen aus dem Leben des heiligen Laurentius.

19. Die Begegnung des Paulus und Petrus von Pietro Spinello-Aretino.

20. Verschiedene Madonnen des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts, teils aus gotischer, teils aus früher Renaissancezeit.

Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 9, München 1959–1975, S. 42-44.
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