Paretz seit 1840

[321] Am 7. Juni 1840 war Friedrich Wilhelm III. aus dieser Zeitlichkeit geschieden; Paretz, samt den zwei angrenzenden Schatullegütern Ütz und Falkenrehde, fiel dem Thronfolger, Friedrich Wilhelm IV., zu; 1862, nachdem auch dieser aus der Unruhe in die Ruhe gegangen war, kam der schöne, erinnerungsreiche Besitz an den jetzigen Kronprinzen.

Die Glanztage von Paretz sind nicht wiedergekehrt und sie werden kaum wiederkehren. Es bedurfte des eigenartig-scheuen Charakters Friedrich Wilhelms III., um diesen Platz über sich selbst zu erheben. Ein rechter »out of the way-place«, hindert ihn jetzt seine Abgeschiedenheit ebenso sehr, wie ihn dieselbe einst zu ungeahnten Ehren führte. Was ihn jetzt noch hält, ist Pietät, Haustradition; – nur das Wohlwollen der »neuen Herrschaft« ist ihm geblieben. Alle zwei Jahre, am Geburtstage des Kronprinzen, werden die Dorfkinder neu eingekleidet: die Knaben erhalten des »Königs Rock«, der Uniform des 24. Landwehrregiments nachgebildet, während die Mädchen in russisch-grünen Tibetkleidern ihren Umzug halten.

Das Wohlwollen gegen die Paretzer ist das alte geblieben. Aber Paretz selbst ist nicht mehr was es war. Kein Sehnsuchtspunkt mehr, nur noch ein Punkt für Erinnerung und stille Betrachtung.[321]


2


Wo nun Gras und Staude beben,

Hat in froher Kraft geblüht,

Ist zu Asche bald verglüht

Manches reiche Menschenleben.


Die der Tod hinweg genommen,

Die hier einst so glücklich war:

Der geschiednen Seelen Schar,

Nachtigall, du hörst sie kommen.

Lenau

Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 11, München 1959–1975, S. 321-322.
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