Die Gräfin an Agathe

[388] Laß Deine romanhafte Nachbarsgeschichten, Deine kleine, coquettirende Eifersucht, laß Elisen, laß dem redlichen Curd, der alles in der Welt, nur nicht sentimental ist, Ruhe, und denke an etwas Ernsthaftes. Leontin hat uns die Erbschaft der Tante cedirt. Dies giebt Dir ein Gewicht, was Dein Mann respektiren muß, mir ein Recht mitzusprechen, und Deiner Schwester die Wahl unter ihren Bewerbern. Was geht uns alles Uebrige an!


Hier endet nun ein Briefwechsel, dem noch Manches zu ergänzen übrig bleibt. Gleichwohl findet sich nichts, als die Nachricht, daß Heinrich, Hugo's Freund, nach mehreren Jahren eine Reise in die Gegend von Wehrheim unternahm. Er[388] besuchte das öde Schloß und die Ufer des verhängnißvollen Stroms. Bei dem Wehr fand er einen Stein aufgerichtet, mit Hugo's Namen und dem Tag seines Verschwindens. Die Frau des Zimmermanns begleitete Heinrich dahin. Sie erwähnte der schwarzen Hand, die sich warnend auf dem Gerüste gezeigt hatte. Die Leute im Dorfe dachten seitdem oft daran. Alle liebten den armen Herrn, wie sie Hugo nannten.

Fast um dieselbe Zeit schrieb Elise zwei kurze Zeilen an Sophie, die letzten, die sich von ihrer Hand vorfinden:

»Kann ich auch nicht denken, wie Andere es wollen, so lerne ich doch mit Andern leben, Manches errathen, schweigen und warten, bis es heller und heller wird.«[389]

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 2, Frankfurt a.M. 1829, S. 388-390.
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