XXVI.


Die Lufft-Pauke.

[246] Es lehrt uns die tägliche Erfahrung / leider! und bezeugts der / überall in der Welt / aufgehende / Stucken-Rauch / daß der gerechte GOtt eine grosse Zorn-Schaale / über unsere gegenwärtige Laster-Zeit / ausgegossen. Weil wir aber unsere Hände / von der Ungerechtigkeit / darum noch nicht abziehen; sondern durch würcklich-übles Verhalten uns / der Erfüllung /jener Weissagungs-Worte / Und die Menschen thaten nicht Busse / für ihre Sünde; theilhafft machen: so steht[246] auch seine zörnige Rach-Hand / über unsre Zeit / noch ausgereckt.

Indem man aber / dessen / was christliche Lehrer /zur Abwendung grösserer Verwüstungen / Hohen und Nidrigen rahten / wenig achtet; so verkündigt er /durch allerley Schreck-Wunder / daß Er die Geissel noch so wenig aus der Hand gelegt / als wie wir den bösen Verdienst derselben ablegen. Und weil / mancher Orten / die lebendige Posaunen entweder nicht ruffen wollen / oder nicht dörffen; sondern das Maul halten müssen: stellet Er bißweilen selbst übernatürliche Prediger auff / in der Lufft / und lässt entweder durch seine Engel / oder / auch Verhengniß-Weise /durch die Gespenster / solche Wunder-Stimmen und Gethön / erschallen / daraus nicht wol etwas andres /als Vorspiele der fortsetzenden Kriege zu vermuten.

Darunter rechnet man billig auch dieses / welches man unlängst erst / nemlich am 24sten Junii 1686sten Jahrs / aus Mümpelgard geschrieben. An jetzt bemeldtem Tage / ward / nach wolbeglaubter Leute Bericht / deß Morgens / um neun Uhr / eine Meilwegs von Mümpelgard / in schöner und heiterer Lufft / ein Pauken-Schlag gehört: Worauff / zu unterschieden Malen / auch starcke Salven erfolgt: Worüber einige Bauersleute dermassen erschrocken / daß sie / in Meynung / es stünde irgendswo eine Schlacht-Ordnung in der Nähe / gleich aus dem Walde heim geeilt.

Es hat solches Pauken-schlagen / und schiessen /eine gute Weile gewährt. Und ist gleichwol / von jetztgemeldten Bauersleuten nicht allein nur / sondern gleich falls anderswo in der Nachbarschafft /[247] wie auch zu Mümpelgard / und daherum in der Nähe / gar eigendlich gehöret worden: Biß endlich der Schall und Knall / gegen Westen in die Höhe gestiegen / und sich daselbst verlohren.

Weil nun weit herum selbiger Gegend damals keine Völcker lagen; auch die Unterthanen kein Gewehr haben dörffen; hat Jedermann geschlossen / es sey ein Wunder- und Vor-Zeichen kriegerischer Unruhe. Ob aber solches Vorzeichen ein guter / oder ein böser Geist / gegeben / wird wol Niemand leichtlich entscheiden: Wiewol ich besorge / gleichwie gemeinlich der Würg-Engel / bey obhandenen Blut-Läufften /auff mancherley Art / seine Vor-Spiele treibt; also habe er auch durch diesen Paucken-Streich / und durch die knallende Salven / sein Frohlocken / über die Calamitäten deß Erdbodens / der ohnedem jetzt im Blut schwimmet / bezeugen wollen.

Dergleichen dörffte auch das erschreckliche Knallen / Schiessen / und der grosse Lärm vorbedeuten /so man / im December dieses 1689sten Jahrs / in der Gegend von Zülch / laut einer Wochen-Zeitung aus Cölln / gehört haben soll.

Wie ein hochgelehrter Mann unlängst aus Heilbrunn geschrieben; so giebt es / in den Gräbern selbiger Stadt Heilbrunn / ein Anzeigen / wann eine grosse Kriegs-Unruhe obhanden: indem sich / in solchen Begräbnissen / alsdann ein starckes Klopffen hören lässt. Massen solches nicht allein / vor diesem / zu unterschiedlichen Malen / und zwar / unter andren /vor dem vorigen Frantzösischem Kriege / sondern auch nicht lange vor dem / im Herbst deß 1688ten Jahrs geschehenem / Einbruch der[248] Frantzosen ins Reich / beobachtet worden. Ebendieselbige Person /welche solches überschrieben / hat unlängst / einem guten Freunde Bericht gegeben / daß man bey angehendem jetzigem Winter 1689sten Jahrs / wiederum dergleichen Getöß / Poltern und Klopffen der Gräber vernommen. GOTT verhüte / daß die Erfüllung solcher Vor-Bedeutung nicht etwan / entweder durch das feindliche Schwert / oder durch einreissende Sterb-Seuchen / viel Gräber fülle!

Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 246-249.
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