XXXIV.


Die Wehrwölfe.

[335] Wie die gemeine Komedien-Spieler / mit alten Erfindungen / offt wieder auftreten: so kommt der verdammte Schau-Gauckler / der Satan / mit seinen uralten Gauckel-Possen / die er schon / zu hochalten heidnischen Zeiten / getrieben / auch bey heutigen Zeiten der Christenheit / gar offt wieder aufgezogen; bevorab mit der Verwandlung einer äusserlichen Gestalt / in die andre. Sintemal er nicht allein selber / bey Erscheinung / in gespenstischer Gestalt / im Augenblick / bald dieses / bald jenes Geschöpff vorstellt; sondern auch seinen Kreaturen / oder verdammten Bunds-Sclaven allerley unmenschliche / und thierische Gestalten antichtet / und manche / bevorab die Hexen /[335] Hexen / gleichwie Katzen / manche wie Hunde /Wölfe / Esel / oder Pferde / darstellet / oder sonst in andre Thiere / verbildet.

Herodotus berichtet / von etlichen Scythischen Völckern / daß sie / jährlich ein Mal / zu Wölffen worden.1 So gedenckt Pausanias, es sey ein Fechter /Namens Demaris / zehen Jahre lang / ein Wolf gewest / und habe endlich wiederum menschliche Gestalt gewonnen.2

Daß auch / bey den Römern / diese betriegliche Verstellung ruchbar gewesen / weiset der Virgilianische Vers:


Vidi sæpe lupum fieri, & se condere sylvis

Mœrim. – – – – –


Ich hab' es offt gesehn / daß Möris von Gestalt

Ein Wolf ward / und verbarg sich in Gepüsch und Wald.3


Viele zehlen solches / unter die Fabeln der Alten /oder falsche Einbildungen. Dahin schreibt auch Plinius, nachdem er unterschiedliche Exempel / aus andrer Leute Bericht / erzehlt hat / Alles / was man / vor-und bey seiner Lebzeit / von solche Händeln / geredt /oder geschrieben; indem er spricht: Homines in lupos verti, rursumq; sibi restitui, falsum esse, confidenter existimare debemus, aut credere omnia, quæ fabulosa tot sæculis comperimus.4 Denn daß die Leute[336] sollten in Wölfe verwandelt werden / sollen wir kühnlich für falsch achten / oder müssen Alles glauben / was wir / von so vielen hundert Jahren hero / fabelhafft erfahren / etc. Man muß sich verwundern / daß die Leichtglaubigkeit der Griechen so gar weit heraus gegangen. Keine Lügen ist so unverschämt / daß sie ihres Zeugens sollte ermangeln.5

Uber welche Rede Plinii, der gelehrte Thomasius, weiland Professor zu Leipzig / sich billig verwundert: in Betrachtung / daß Plinius sonst die allergröbste Lügen nicht ungern glaubt / und doch gleichwol diesem Gerücht / von der Verwandlung / keinen Glauben geben will.6 Er will doch gleichwol dem Plinio gern zu Hülffe kommen / mit dieser Unterscheidung /daß seine Worte / auf zweyerley Art / gedeutet werden können: nemlich daß Plinius vielleicht die wesendliche Verwandlung eine Fabel schelte: in welchem Verstande sein Ausspruch wol passiren könne: Woferrn er aber damit auch den äusserlichen Schein der Verwandlung verwerffen wollen / so habe er gefehlt.

Aber Plinius scheinet das Letzte zu meynen.

So wollen auch manche Medici dem Olao Magno keinen Glauben zustellen / in dem / was er / von den Wehrwölfen / vorbringt.7

Allein wie Plinius, ohne Zweifel / den alten Geschichtschreibern / also thun auch erwehnte Medici[337] dem Olao hierinn zu viel. Denn man hat darum die Sache oder Geschicht selbsten noch nicht gleich / für ein pur lauteres Mährlein zu achten / wann gleich die wahre Beschaffenheit / und Wesenheit derselben / gewisser Betrachtung nach / von dem Scribenten / oder Erzehler / irrig beurtheilet wird.

Eine Fabel besteht / in einem blossen Geticht / ohn einige würckliche Begebenheit / welche den Schein der Warheit unterhalten könnte: Solches kann aber /zu dieser Gestalt-Wandlung / nicht gezogen werden: denn es ist kein leeres / lediges / Geticht / daß man Wehrwölfe findet: ob schon dieses ein falscher Wahn / daß dieselbe / aus Menschen / würcklich in Wölfe /verwandelt / oder auch / an stat menschlicher / nur in thierische Gestalt / vom Satan / jemals verbildet worden. Denn es steht unterdessen doch gar nicht zu widersprechen / daß der Teufel solche Possen-Spiele würcklich treibe / und dergleichen Verwandlungen /dem äusserlichen / von ihm erkünstelten / Schein nach / den Leuten in die Augen stelle. Wie man denn die Gewißheit solcher Teuflischen Blendungen nicht allein / aus erst-benannten ältern Scribenten / sondern auch aus unzehlich-vielen andren jüngern und neuern / überflüssig geben könnte.

Man lese nur deß heiligen Augustini achtzehendes Buch von der Stadt GOttes8 Cœlium Rhodiginum9 Hieronymum Magium10[338] Bullingerum11 Bodinum12 Boissardum13 Godelmannum14 Remigium15 Spondanum16 Binsfeldium17 Thyræum18 Martinum Del-rio19 und andre mehr.

Unterdessen gehen zwar Etliche / als Spondanus, und Bodinus, denen gleichfalls Peucerus, und Philippus Camerarius, hierinn beystimmen / zu viel ein /indem sie eine würckliche Verwandlung solcher Hexen-Meister in Wölfe setzen / und solches / mit dem Exempel Nebucadnezars / zu erhalten vermeynen; welcher doch / mit nichten / verwandelt / sondern nur im Haupt verruckt worden / und wie ein unvernünfftiges Vieh / in Wäldern / herum geloffen.

Die übrige aber haltens / für eine teuflische Blendung; und dennoch gleichwol / für keine Fabel; sondern unterscheiden zwischen der Verbildung / und denen darauf erfolgenden Würckungen. Die würckliche Verbild- oder wesendliche Verwandlung ist ein falscher Wahn: die daraus entspringende Würckung ist keine falsche Einbildung / sondern würckliche Geschicht. Kann demnach[339] nach Plinio nicht ungemerckt hingehen / noch gut gesprochen werden / daß er den gantzen Handel / für Fabelwerck / ausgiebt.

Es fallen / in den peinlichen Hals-Gerichten / hievon / bey Verhör der Zauberer / so viel Exempel vor /daß man die Gewißheit solcher Schein-Wandlung /oder teuflischen Blend-Verstellung / nicht aufs Leugnen setzen kann. Und solches werden folgende Geschichte darthun.

Zu Bebburg / einem Städtlein im Cölnischen (oder Gülichschem Lande; denn beydes kann unter dem Namen Ubiorum verstanden werden) ist / zu deß Del-rio Zeiten / und zwar zehen Jahre vor dem Druck seines Buchs / welches nunmehr hundert Jahre ungefähr machen / Einer / mit Namen Stumf Peter / gerichtet worden: weil er / mit einer Teufelinn / länger / als zwantzig Jahre / gebuhlt / und ohne dem viel Ubelthaten / auf solches saubern Schand-Geistes Antrieb / begangen.

Dieselbe seine Teufelinn hat ihm einen breiten Gürtel geschenckt / und wann er denselben anlegte /ward er / vor seinen / und andrer Leute / Augen / zu einem Wolfe. Unter sothaner Gestalt / oder Larven /hatte er vier Knaben erwürgt / und das Hirn ihnen ausgefressen. Er hatte sich gleichfalls unterstanden /seine beyde Schnuren / oder Söhns-Töchter / zu fressen; überdas seine leibliche Tochter / wie auch seine Gevatterinn / zum Weibe genommen. Welches Alles nicht allein / in der gerichtlichen Abhandlung / aufgezeichnet /[340] sondern auch hernach seinem / in Kupffer gestochenem / Bilde beygedruckt worden.20

Von den Irrländern schreibt Camdenus, daß manche derselben / gemeiner Sage nach / zu Wölfen / und andren Thieren / verbildet werden.

So erfährt man ohne dem gar offt / daß dergleichen Abentheuren / auch in andren Ländern / vorfallen /und solche Wehrwölfe vielmals so wol den Leuten /als dem Vieh / Schaden thun.

Merckwürdig ist insonderheit / was Olaus erzehlt; nemlich / daß / bey seinen Zeiten / in den Nordischen Ländern / am heiligen Christ-Abend / gegen Nacht /eine grosse Menge Wehrwölfe / an einen / unter sich bestimmten / Ort / von unterschiedlichen Oertern her /sich versammlen / hernach / so wol Menschen / als zahmes Vieh / verletzen / und so hefftig bewüten /daß von rechten natürlichen Wölfen den Einwohnern niemals so grosser Schade begegnet / und keine dergleichen Gewalt angethan wird. Er spricht / man habe die Gewißheit / daß diese verwölffte Menschen denen Leuten / so in den Wäldern wohnen / die Häuser stürmen / und die Thüren aufzubrechen sich unterstehen; damit sie so wol die Menschen / als das darinn befindliche Vieh / fressen mögen.

Er setzt / bald hernach / diese Geschicht dazu. Ein Edelmann reisete / durch einen langen Wald / und führte etliche / dieser Hexen-Kunst nicht unerfahrne /Bauren bey sich: wie man solcher Gesellen allda ziemlich viel findet. Als nun der Abend und doch kein Wirtshaus / oder Herberge /[341] herbey nahete: musste man das Nacht-Lager im Walde halten / aber der Abend-Mahlzeit sich verzeihen: welches den hungrigen Mägen ein unangenehmer Handel war / und Ungedult erregte. Endlich schlug Einer / unter dem Geleit / einen Rath vor / begehrte / die andren sollten nur in Ruhe stehen / und keinen Lärmen / noch Geschrey /machen / daferrn sie was sähen / sondern nur von fernem der / auf der Weiden gehenden Heerde / ein wenig zuschauen; Er wollte schon verschaffen / daß sie / ohn grosse Mühe / von dannen einen Braten /zum Nacht-Essen / haben mögten. Gleich damit begab er sich / in den tuncklen Wald; auff daß ihn Niemand sehen mögte: und hat allda die Gestalt eines Wolfs angenommen; hernach die Heerde Schafe ungestümlich angefallen / auch ein Schaf angepackt / und mit demselben / dem Walde zu / davon geeilt / hernach aber solches / in Gestalt eines Wolfes / zum Wagen hin / getragen. Welches die andre Gefährten /als die gar wol um den Handel gewust / zu Danck angenommen / und gleich in dem Wagen versteckt. Worauf der Schaf-Dieb / so sich in einen Wolf verändert hatte / wiederum ins Holtz gekehrt / allda die Wolfs-Gestalt abgelegt und die menschliche wieder angezogen.

Es hat sich auch zugetragen / (schreibt er) vor nicht vielen Jahren / daß eine Edel-Frau / und ihr Knecht (wie sie dann / in selbigen Landen / mehr Knechte halten / als sonst an einigem Ort der Christenheit) miteinander disputirten / ob es wahr /das ein Mensch könnte in einen Wolff verwandelt werden: Welches die Edelfrau verlachte / und für[342] falsch achtete. Darauff brach der Knecht alsofort heraus / mit diesem Erbieten / er wollte solches /zur Stunde / exemplarisch / im Werck / beweisen /so man ihm nur solches erlaubte.

Hiemit geht er allein hinab in den Keller. Von dannen er / bald hernach / wiederum / in der Bildung eines Wolfs / heraus kommt / und über die Aecker / nach dem Walde zu streicht. Aber unterwegs begegnen ihm die Hunde / fallen ihn an /und ob er sich gleich / mit hefftiger Gegenwehr /wider sie setzte / ihm doch ein Auge aus dem Kopffe reisen: Weßwegen er / deß andren Tags /einäugig wieder / zu seiner Edelfrauen / heimgekommen.21

Diesem nach muß so viel zugegeben werden / daß solche Zaubrer bißweilen würcklich / in Gestalt eines Wolfs / erscheinen; ob sie dieselbe gleich würcklich nicht haben / sondern nur / durch eine teuflische Augen-Verblendung / für Wölfe angesehn werden /und bißweilen auch wol nicht / vor andren Augen /sondern allein in ihren selbst-eigenen nur / wie Wölffe / erscheinen.

Bodinus schreibt / es sey einer aus den mächtigsten Königen der Christenheit / welcher allererst unlängst /da er dieses zu Papier gesetzt (so ums Jahr 1579 geschehen) Todes erfahren war / gar offt / in einen Wolff / verändert / und / unter allen Hexen-Meistern /für den vortreflichsten / (so anderst einer so vermaledeyten Kunst die Fürtreflichkeit zugerechnet werden kann) und allervollkomnesten /[343] geachtet worden; massen solches / in vielen Büchern / so in Teutschland gedruckt / zu lesen gewest.22

Daß sie / in rechte natürliche Wölffe / verändert werden sollten / ist eine wahre Unmöglichkeit: Denn entweder müsste die Seele deß Menschen ihren Leib verlassen / und in eines Thiers Leib fahren; oder der menschliche Leib müsste / bey vereinigt-bleibender Seelen / in eines Viehes / oder Thiers / Leib / sich wesendlich verändern: Deren doch Eines so wenig geschehn kann / wie das andre. Denn was das Erste betrifft; so muß / auff Absondrung der Seelen vom Leibe / gleich der Tod erfolgen / der Mensch untergehen / und verderben. Das Gestorbene aber wiederum recht natürlich beleben / kann GOtt allein / und sonst weder Engel / noch Teufel. Und könnte man noch viel leichter dem alten Pythagorischem Wahn / welcher noch heut unter manchen heidnischen Secten / zumal in Indien / absonderlich aber und fürnemlich in Sina und Japan / bey den Vonziern / regiert / gläuben /nemlich daß die menschliche Seelen / nach ihrer Ableibung / wieder in andre Leiber führen / so wol in thierische / als mit der Zeit auch wiederum in menschliche. Wiewol etliche Gelehrte wollen / Pythagoras habe es so nicht verstanden / wie es ihm hernach Andre mißverständlich auffgenommen / und eine würckliche Verhausung der Seelen aus einem Leib in den andren draus gemachet; Da er es doch vielmehr /verblühmter Weise / geredt / und diese Sitten-Lehre nur damit ausschmücken wollen / daß die Leute /durch verkehrte Sitten / sich gleichsam[344] / aus Menschen / in Bestien verkehrten / nicht so sehr der Haut /als der Seelen / und den Begierden / nach.

Nach welcher allegorischen oder verblühmten Art /auch Boethius sehr schön und Lehr-reich schreibt: Cum ultra homines quemque provehere sola probitas possit, necesse est, ut, quos ab humana conditione dejecit, infra hominis meritum detrudat improbitas. Evenit igitur, ut, quem transformatum vitiis videas, hominem existimare non possis. Avaritiâ servet alienarum opum violentus ereptor? similem lupo dixeris. Ferox atque inquietus linguam litigiis exercet? Cani comparabis. Insidiator occultis surripuisse fraudibus gaudet? Vulpeculis exæquetur. Iræ intemperans fremit? Leonis animum gestare credatur. Pavidus ac fugax non metuenda formidat? Cervis similis habeatur. Segnis ac stupidus torpet? Asinum vivit. Levis ac inconstans studium permutat? Nihil ab avibus differt. Fœdis immundisque libidinibus immergitur? Sordidâ suis voluptate detinetur. Ita fit, ut, qui, Probitate desertâ homo esse desierit, cum in divinam conditionem transire non possit, vertatur in belluam.

Ist / auff Teutsch / also gemeynt: Weil allein die Tugend einen Jedweden / über den menschlichen Stand / erhöhen kann: so muß nothwendig folgen / daß Untugend diejenige / welche sie / von dem menschlichem Stande herunter geworffen / unter die Würde eines Menschen hinab stosse (das ist /sie[345] unwürdiger / als Menschen / mache / und ihnen die Würde eines Menschen entziehe) daher kommts / daß man den / welchen man / durch Laster /verändert / und mißgebildet schaut / für keinen rechten Menschen achten kann. Brennet Jemand von Geitz / und reisst / mit Gewalt fremde Güter an sich? So kann man füglich sprechen / er sey einem Wolfe gleich. Hat wer ein freches ungehaltnes Maul / das gern hadert und zancket? wird man ihn / mit einem Hunde / vergleichen können. Liebt er heimliche Ubervortheilung und Entwendung? so halte man ihn einem Fuchse gleich. Brüllet er / vor unmässigem Zorn? so glaube man / er sey von Gemüt ein Leu. Fürchtet er / als ein furchtsamer und flüchtiger Mensch / was nicht zu fürchten ist: Halt ihn einem Hirschen gleich. Ist er nachlässig / thumm / und träge: So lebt er wie ein Esel. Legt er sich mit leichtsinniger Unbeständigkeit / bald auff diß / bald auf Jenes: so ist /zwischen ihm / und den Vögeln / kein Unterscheid. Senckt er sich / in garstige und unsaubre Lüste: so liebt er die Ergetzlichkeit einer stinckenden Sau. Also geschichts dann / daß der /welcher / nach Verlassung der Tugend und Frömmigkeit / aufgehört ein Mensch zu seyn / in ein Thier / weil er zu Göttlichem Stande / nicht gelangen kann / verkehrt werden muß.23[346]

Allein ich halte / daß alle diejenige / welche dem Pythagoras eine so gute Meynung zuschreiben / und seiner Seel-Verhausung oder Wandlung / ein so gutes Färblein anzustreichen bemüht seynd / ihre Mühe verlieren: angemerckt / aus unterschiedlichen Stücken /gnugsam erscheinet / daß Pythagoras / in rechtem Ernst / die Verhausung oder Wandrung der Seelen in andre Leiber; gelehrt; und zwar / unter andren / hieraus / daß er vorgegeben / er wäre deß Mercurii Sohn /Aethalides / anfänglich gewest: Und als sein Vater ihm die Wahl gegeben / zu bitten / was er wollte /ausgenommen die Sterblichkeit / da habe er gebeten /daß er so wol lebend / als sterbend / sich alles dessen / was sich / zu seinen Zeiten / begeben / erinnern mögte: deßwegen gedächte er noch dessen Allen / was er / in seinem Leben / vormals gethan / hette auch solche Erinnerung nach dem Tode / noch behalten: Nach Ableben deß Aethalidæ / sey er der Euphorbus gewest; nach dem Euphorbo aber / der Hermotimus; wiederum / nach diesem / ein Fischer in der Insel Delos, mit Namen Pyrrhus; und nach dem Tode Pyrrhi, endlich Pythagoras worden.

Solchen thörichten Wahn hat er / wie Herodotus zeuget / von den Aegyptern / eingesogen. Und ist gewiß / daß er deßwegen / von dem Fleisch aller Thiere / sich enthalten / auch ihm ein grosses Gewissen drüber gemacht / daß er sollte Bonen essen. Ja Einige wollen / er habe sich endlich lieber erschlagen lassen von Einem / der ihn tödten wollte / als daß er wäre durch die Bonen gangen / damit er dieselbe nicht nider treten mögte.[347]

Das Andre / nemlich daß Leib und Seele miteinander / in eines Thiers Leib / sollten verwandelt werden können / lautet eben so ungereimt / und mißklingt in den Ohren aller Vernunfft. Denn wann / durch deß Teufels Kunst / eine solche Verbildung / oder Umformung menschliches Leibes geschehen könnte / indem die Seele deß Menschen dennoch dem Leibe wesendlich vereinigt bliebe; so würde / unter jedweden Leibes Figur / Form / Gestalt / und Bildung / der Mensch warhafftiglich bestehn können / und wäre die menschliche Seel alsdann nicht / zu einem gewissen Bau oder Masse deß Leibs / von GOtt geordinirt / oder bestimmt: sondern es könnte das Wesen deß Menschen eben so wol / unter der Bildung eines Pferdes / Esels /Hanens / oder andren Thiers / wohnen: welches doch aller Vernunfft entgegen: Wie solches / mit vielen Gründen könnte bewiesen werden / wanns die Weitläufftigkeit nicht / auszulassen / verursachte. Derhalben sprechen wir billig mit dem heiligen Augustino: Absurdum est, & ab omni ratione alienum, Homines in lupos mutari; licet multi veterum idipsum crediderint, & affirmârint etc. Non solùm animam, sed nec corpus quidem, ullâ ratione, crediderim, dæmonum arte vel potestate, in membra vel lineamenta bestialia veraciter converti. Es lautet ungereimt / und wider alle Vernunfft / daß Leute sollten in Wölffe verändert werden. Ich glaube / daß nicht allein nur nicht die Seele / sondern auch der Leib / in keinem Wege / durch der Teufel Kunst und List /oder Macht / warhafftiglich in Gliedmassen /[348] oder Lineamenten unvernünfftiger Thiere / verkehrt werden können.24

So bleibt derhalben übrig / daß der Satan die Leute / mit falschen Gesichtern und Fürstellungen betriege: welches auch am gewissesten / von demjenigem Geist / zu vermuten / der Lügen / Betrug / Geticht und Verstellungen allen dem / was er / mit den Menschen handelt / pflegt einzumengen / auch sein gantzes Reich / durch Lügen bauet; wie der Heil. Geist / sein Reich / durch lauter Warheit.

Es kann aber der Lügen-Fürst solchen Betrug / auf unterschiedliche Art / spinnen.

Erstlich kann er selber eine Thier-Larve anziehen /und entweder aus der Lufft / wie auch aus andren Elementen / das Bild eines Wolfs künstlen / und selbiges / nach Art eines natürlichen Wolfs / bewegen.

Zweytens / kann er den Balg eines Wolfs / oder andren verreckten Thiers / annehmen / und drein fahren.

Drittens / kann er rechte lebendige Wölfe / oder andre Thiere / auf ungewöhnliche Weise / treiben /bewegen / und zwingen / und also / durch seine mitwürckende Krafft / unter derselben Gestalt / oder auch vermittelst ihrer geregten und angeführten / oder angewendeten Glieder / solche Händel verrichten / für deren Stiffter und Thäter man den zaubrischen Menschen achtet: welchen er unterdessen irgendswo mit einem festen Schlaff verstrickt hält / ihm im Traum solche Gesichter vormahlt / und dieselbe seiner Einbildung so fest[349] eingedruckt / daß der Mensch anderst nicht meynt / als er sey da und dort in Gestalt eines Wolfs herum gestreifft / auf den Raub. Gewinnt es dann bißweilen das Ansehn / als ob eine solche Wolfs-Larve / oder Thier-Körper / verletzt würde; so verwundet der Teufel den rechten Leib deß abwesenden Zauberers an eben dem Gliede und Ort / an welchem der angenommene Larven-Körper / von irgend einem Menschen / verwundet worden.

Vierdtens / mag er vielleicht auch wol denen Hexen und Unholden eines Wolfs / oder andren Thiers / Gestalt aus den Elementen zurichten / und sie damit künstlich umgeben.

Fünfftens / kann er gleichfalls ihnen die Häute solcher Thiere / als ein tausend-künstiger Meister / geschicklich anlegen / und sie damit dergestalt überziehen / daß sich Kopff und Kopff / Fuß auf Fuß / Maul zu Maul / artlich auf einander fügen. Können doch die Sinesische Comedianten sich / in die Tiger- und Wolfs-Häute / so meisterlich / bequemen / und so natürlich darinn geberden / daß ein Unwissender sie für nichts anders / als für solche Bestien / ansehen sollte: warum müsste dann der Satan / welcher die allerperfecteste Meister überkünstelt / dergleichen nicht zu Werck richten können? Daher es dann kein Wunder /daß wann ein solcher Uberzug zerfetzt oder durchstossen wird / alsdann der / darinn steckende / Leib deß Zauberers / oder der Hexen / zugleich mit beschädigt wird. Und wann der gemachte Wolf / aus blosser Lufft / oder andren Elementen / vom Teufel bereitet /dem Zauberer aber / an stat einer Wolfs-Haut / umher angelegt wird: so muß nicht solcher Lufft-Körper /sondern deß Zaubrers[350] Leib / den Streich / oder Stoß /fühlen / welcher / ohne Auffhaltungen / und einige Hinderniß / durch den blossen Dunst / auff den natürlichen Menschen-Leib dringt / und demselben die Haut zerreisst.

Sechstens / pflegt der Teufel auch wol nur andren Leuten / welche darüber zukommen / und gäntzlich gläuben / daß sie solchen Wehrwolf warhafftig sehen / bißweilen auch wol nur einen betrieglichen Dunst vorzumachen / und ihnen durch seine Teufels-Possen /dergestalt / vermittelst Beweg- und Regung der Lufft /das Gesicht zu äffen / daß sie gewiß vermeynen / Dieses oder Jenes in rechter Warheit zu sehen / was sie doch würcklich / in der Warheit / nicht sehen.

Fürs Siebende / geschicht es doch gleichwol auch nicht selten / daß die Zaubrer unverwandelt dabey stehen / und der Teufel / an stat Ihrer / in Wolfs-Gestalt /dieses oder jenes Bubenstück / auff ihre Bewilligung verrichtet. Darüber sie / die dabeystehende Hexenmeister dann lachen und sich ergetzen: wiewol von Niemanden gesehn werden: es sey dann / daß Einer nach dem gespenstischem Wolfe haue / sieche / oder schiesse: da alsdann das Gespenst / als welches unverwundlich ist / die Wunde auff sie versetzt.

Ich will hiebey noch etliche Geschichte anführen; und zwar zuforderst ein paar / aus deß Lerchheimers Bedencken / daraus zu mercken seyn wird / daß bißweilen die Zaubrer würcklich zugegen / wann der Teufel ihnen die Gestalt eines Wolfs einbildet / und den Schaden / an ihrer Stat / thut; bißweilen aber ferrn davon bleiben / und nur im[351] Traum / oder Gesicht /sich einbilden / als ob sie würcklich in Wolfs-Gestalt herum lieffen. Ich lasse aber seine selbsteigene Feder reden.

Da ich in meiner Jugend / Anno 1547 / zu Franckfurt an der Oder studirt / bey Leben des hochverständigen Herrn Doctor Jodeci Willichii, begab sichs im Augustmonat / daß im Lande Meckelburg / bey den Edlen Molzanen / aus ihrer Nachbarschafft / von ihren Unterthanen / ein grosser Rüde / oder Hund / mit einem weissen Halsbande / in ihren Hoff kam geloffen / den fallen die Jagthunde an / beissen auf ihn zu / da sie ihm nichts angewinnen können / kommen die Stallbuben auch mit Gabeln und Spiessen geloffen / schlagen und stechen auf ihn zu. Da ward er alsobald ein Mensch: nemlich / ein alt Weib. Die bat um Gnade / man wolle ihrer verschonen; Ward angegriffen / und gefänglich eingezogen.

Von diesem Handel / nahm Doctor Willichius, seiner Profession ein Medicus, Anlas und Ursach zu disputiren offentlich in der hohen Schule / von solcher Veränderung der Menschen in Vieh / bewies / und erhielts / mit Beyfall aller Gelehrten /die da waren / daß es nur eine Verblendung der Augen wäre / welche in dieser jetzt erzehlten Geschicht / nicht allein den Menschen / sondern auch den Hunden wiederfuhre. Zu diesem Hunds-Gespenste / hat der Teuffel dem Weibe gerathen und geholffen / biß sie dadurch ins Gefängnus kommen / da hat ers[352] weit genug mit ihr gebracht / und sie verlassen.

Ich bin einmal / mit einem Kirchendiener /meinem Freunde / in eines Landesvogts Haus gegangen / der einen Wehrwolf / wie man solche heute auf Teutsch / zu nennen pflegt / gefangen hielt / den ließ er für uns kommen / daß wir / Ge spräch mit ihm hielten / erkundigten / was es doch für eine Beschaffenheit mit diesen Leuten hätte; der Mensch geberdete sich / wie ein Unsinniger / lachte / hupffte / als wann er nicht aus einem Thurn / sondern aus einem Wolleben käme. Bekandte neben viel anderm teuflischen Betrug und Gespenst / daß er am Ostertage /Nachts / daheim bey seinem Gesinde wäre gewesen / in Wolfs-Gestalt / welches Ort / mehr als zwantzig Meil / von dannen war / und ein Fluß dazwischen / zwey Mal so breit als der Rhein / vor Cölln. Wir fragten / wie kamstu aus dem Gefängnuß? Ich zog die Füsse aus dem Stock / und flog zum Fenster hinaus. Wie kamstu übers Wasser: Ich flog darüber. Was machtestu bey den Deinen: Ich gieng umher / besahe wie sie lagen / und schliessen. Warum kehrtestu wieder ins Gefängnis? Ich muste wol / mein Meister wollte es so haben; rühmte seinen Meister sehr. Da wir ihm sagten / es wäre ein böser Meister / sprach er: könnet ihr mir einen bessern geben / den will ich annehmen. Er wuste von GOtt so viel / als ein Wolf. Es war erbärmlich den Menschen[353] anzusehen / und anzuhören. Wir baten und erhieltens /daß er loß ward: sonst hette er müssen brennen.

Kurtz zuvor / wars geschehen am selbigen Ort /daß ein Baur in deß Vogts Haus kam / aß da zu nacht. Nach dem er wol gessen und getruncken /fällt er plötzlich von der Banck hinter sich / als wann ihn der Tropff schlüge / der Vogt / der das Ding / wie er meynte / verstund / ließ also ihn liegen unangerührt / hieß das Gesinde schlaffen gehen / morgends fand man vor der Stadt auff der Weide ein todt Pferd / war mit einer Sensen mitten von einander gehauen / die lag dabey / der Vogt ließ seinen Gast einziehen / der bekennet / er habs gethan / es sey eine Hetze da herum geflohen / wie eine Licht-Flamm / welchen die Wehrwölfe feind sind / und müssen sie verfolgen / nach der habe er gehauen mit der Sensen / da sie aber unters Pferd sich verbarg / das da gieng und grasete / sey der Hieb durchs Pferd gangen / also hat der Mensch bekannt / das er nicht gethan / sondern das ihm geträumet hatte / wie auch der Vorige; Jener lag mit Leib und Seel eingeschlossen / in dem Thurn / drum konte er nicht über zwantzig Meil daheim seyn: Dieser lag mit Leib und Seel die gantze Nacht in der Stuben / drum kunte er nicht draussen auff dem Felde seyn / daß er die That begienge / der Teuffel hats gethan / und es ihm so starck im tieffen Schlaff und Traum eingebildet / daß er gemeynt / und bekannt / es sey sein Werck /[354] ist drauf verbrannt worden; dermassen starcke Träume / Einbildung / und Melancholia /gibts insonderheit viel / in den Nordlichen und Mitternächtigen Orten / in der groben dicken Lufft dem Satan zu seiner Würckung bequem /darum sich auch daselbst mehr Leute / durch Schwermut und Bekümmernus / selbst entleiben /dann anderswo. Daß der Vogt verbot / den ligenden Gast anzurühren / geschahe der Ursachen /daß er glaubte / wie viel Andre / die Seele sey von solchen Leuten ausgefahren / und verrichtete die Dinge / die sie hernach bekennen / wann man sie aber unterdessen anrührte / so käme die Seele nicht wieder / und blieben sie todt.25

Aber daß der Satan keines Weges vermöge / eines Menschen Seele / aus ihrem Leibe / hinweg- und wieder einzuführen / ist oben bereits angedeutet.

Georgius Sabinus / der berühmte und leicht-schreibende lateinische Poet / schreibt / es sey dem Hertzog Albrecht / in Preussen / ein Kerl von den Bauren /eingebracht / über welchen sie hefftig geklagt / daß er ihnen ihr Vieh verderbte / viel Stücke zerrissen und erwürgt hette. Das sollte ein häßlicher Mensch gewest seyn / im Gesicht voll Wunden und Narben / und da er ein Wehrwolf war gewest / von den Hunden hefftig gebissen seyn worden. Als ihn nun Etliche / auff Hertzoglichen Befehl / gefragt / wie es eigendlich darum wäre /[355] und damit zugegangen / soll er geantwortet haben; er würde / deß Jahrs zwey Mal zu einem Wolfe; ein Mal / um Weihnachten; das andre Mal /um Johannis / nach Pfingsten; um selbige Zeit / würde er gar verwandelt / und müsste alsdann / wie ein andrer Wolf / im Gehöltze und wildem Walde / unter /und mit andren Wölfen / herum lauffen / auch / gleich denselben / wüten / und niderreissen: Bevor ihm aber die Wolfs-Haare wüchsen / und er einen gantz rauhen Wolfs-Beltz am Leibe bekäme / befiele ihn vorher grosser Schrecken und Traurigkeit / welche er / am gantzen Leibe / empfünde: Man habe es damals / vor Erst / so dahin gestellt seyn / und dabey beruhen lassen / biß auff weiteren Bescheid; nachmals aber mehrern Grund davon verlangt / und prüfen wollen / ob nicht vielleicht ein Betrug / und falsche Einbildung darunter begriffen seyn mögte; solchem nach den Kerl eine gute Zeit im Gefängniß behalten / und den Loch-Hütern ernstlich befohlen / genaue Achtung auff ihn zu geben / und fleissig drauf zu mercken / ob er seiner Aussage nach / auf berichtete Zeit / zum Wolfe würde. Welches aber ausgeblieben / und er / nach wie vor / in seiner häßlichen Bauren-Haut / beharret ist.26

Olaus Magnus, zu dessen Lebzeiten solches vorgegangen / berührt es gleichfalls; aber mit diesem irrigen Anhange / daß der Bauer sich / in der Gefängniß /in einen Wolf verändert habe / auch hernach darauff /zur Straffe der Zauberey / auf einem Scheiterhauffen /sich in Asche verändern müssen.[356] Er muß aber / von Weitem / hierinn / übel berichtet worden seyn. Denn Georgius Sabinus / welcher damals doch selbst in Preussen gelebt / schreibt das Widrige; nemlich / der Bauer sey ein Bauer / und in eben derselbigen abscheulichen / Gestalt / darinn er zum Gefängniß eingetreten / ohn einiges Zeichen äusserlicher Veränderung / oder Gestalt-Wandlung / verblieben.

Unterdessen ist gewiß / daß der Teufel / welchem dieser Bauer gefrohnet / an stat deß Bauren / das Vieh zerrissen / nachdem er deß Bauren Begehren und Willen hinweg gehabt / und demselben fälschlich eingebildt / als ob er / der Bauer / würcklich ein Wolf würde / der die Schafe todt bisse.

Eine fast gleiche Probe erzehlt der vortreffliche /und welt-berühmte Medicus / Sennertus / aus dem Munde eines fürnehmen Manns / mit diesen Umständen:

Nachdem man ein gewisses Weib / auf Anzeigung /daß sie sich zum Wolfe verwandelte / gefänglich eingezogen / und Sie solches auch selbst hatte gestanden; hat der Magistrat ihr zugesagt / das Leben zu schencken / wann sie dessen würde eine Probe thun. Da sie / nun solches zu thun / versprochen / wann sie nur ihre / dazu bedürfftige / Salbe zur Hand hette; hat man dieselbe / aus ihrem Hause / geholt / und ihr gebracht. Womit sie dann den Kopff / den Hals / die Achseln / und andre Glieder deß obern Leibs / geschmiert / bald hernach aber / in Gegenwart deß Magistrats / nidergefallen / und von einem tieffen Schlaff befangen worden. Nach dreyen Stunden aber / ist sie gähling wieder aufgestanden / und / nachdem man gefragt / wo sie / unter[357] der Zeit / gewesen? und / was sie unterdessen gemacht hette? hat sie geantwortet / sie wäre verwandelt worden / in einen Wolf / hette nahe bey einer / etliche Meilen von dannen gelegenen Stadt / erstlich ein Schaf / hernach auch eine Kuh / zerrissen.

Solches nun in Erfahrung / ob sichs also in der That verhielte / zu bringen / hat man / bey dem Magistrat selbiges Orts / Nachfrage gethan / und vernommen / daß dem freylich also / und ein solcher Schade /unter der Heerde / würcklich geschehn wäre.

Daraus denn Sennertus / und zwar / mit guter Vernunfft / schliesst / es habs der Teufel / im Namen dieser Hexen / indem dieselbe im festen Schlaf gelegen /verrichtet / und ihr / im Schlaffe eine solche Phantasey oder Vorstellung gemacht / daß sie sich selbsten /für die Thäterin / gehalten.27

Solches Sennertisches Urtheil / kann bestetigt werden / durch folgends / was Frommannus erzehlt; daß nemlich / seines sicheren Wissens / vor etlichen Jahren / eine Hexe bekannt habe: Der böse Feind hette sie / vorm Jahr / zu einer Fliegen gemacht / daß sie in U.K. Haus fliegen / und die Suppe vergifften müssen / mit gelbem Gifft / so der böse Feind ihr gegeben: die Leute aber hätten die Suppe nicht gar ausgessen / daß also ihnen nicht geschadet. Vor zweyen Jahren hette er sie auch zu einer Drosel gemacht / daß sie nach N. fliegen müssen /[358] mit blauem Gifft / so sie über den Korn-Flor herblasen müssen.28

Also ist diese vermeynte Fliege oder Mucke / (diese Trude / meyne ich) im Schlaff und Traum / durch eine starcke Einbildung / vom Satan / bethört und verführt worden / zu gläuben / sie wäre / vom Satan / würcklich / in eine Fliege / verwandelt: da doch eine solche Verwandlung eines so grossen Körpers / zu einer Mucken / oder zu einer Drossel / dem Teufel allerdings unmöglich fällt.

Beym Augustino / kommt / eine / nicht gar ungleiche / Begebenheit vor. Einer / mit Namen Præstantius, berichtete / es wäre seinem Vater widerfahren /daß er ungefähr etwas deß Giffts (oder zaubrischen Gemisches / womit die Hexen / der gemeinen Sage nach / die Leute in Thiere verkehrten) zu sich genommen / und darauf in seinem Bette / als wie schlummerend / gelegen / hette aber auff keinerley Weise ermuntert werden können: Nach etlichen Tagen sey er auffgewacht / und habe gleichsam wie lauter Träume erzehlt / was er Alles gelitten hette; nemlich er wäre zum Pferde worden / und hette / unter andren beladenen Rossen / den Soldaten müssen das Getreyde (oder Proviand) zutragen. Wie man dann auch nachmals erfahren hat / daß solche Zufuhr für die Soldatesca würcklich damals geschehen wäre.

Uber das gedachte er auch / er hette / zu Nachts / in seinem Hause / ehe denn er ruhete / gesehn / daß ein /ihm aufs allerbeste bekandter / Philosophus zu ihm käme / und ihm einige Platonische Sachen erklährte /weiche[359] er ihm vor dem nicht erklähren wollen / ob er ihn gleich darum gebeten. Als man aber denselbigen Philosophum gefragt / warum er ihm hiemit / in seinem Hause / nun gewillfahrt / da er ihm doch in seinem selbsteigenem (nemlich deß Philosophi) Hause /als er ihn daselbst drum ersuchte / solches abgeschlagen hette; hat derselbige gesagt: Ich habs nicht gethan; sondern mir hat geträumt / als ob ichs thäte. Also ist dem Einem / durch eine phantastische Bildung / bey wachenden Augen / vorgestellt / was der Andre / im Schlaff / gesehn. Und bestetigt Augustinus die Gewißheit dieser Geschicht / indem er endlich hinzu setzt / er habe dieselbe nicht / von unglaubwürdigen Leuten / sondern von solchen / vernommen / welche ihm / seiner gäntzlichen Versicherung nach /keine Unwarheit vorgebracht.29

Unterdessen werden solche Zaubrer gleichwol nicht allemal / durch Träume / nur so überredet und geäfft /als ob sie / in Wölfe / vergestaltet würden: denn die Erfahrung / daß sie offtmals / unter solcher / vom Satan erkünstelten / Bildung / in der Einbildung / als ob sie recht natürliche Wölffe geworden / recht würcklich umher lauffen / und so wol Menschen / als Vieh / anfallen / ist häuffig / und von vielen nicht allein privat-Leuten / sondern auch gerichtlichen Beamten / wie auch durch die verübte Bosheiten / mehr /als zu viel / beglaubt.

Sie haben aber ihre / von ihrem schwartzen Meister / gesetzte Zeiten / im Jahr / darinn sie solche Wolfs-Gestalt annehmen / und auff den Raub auslauffen: wiewol sie nicht eben alle Mal die Leute / sondern allein das Vieh / beschädigen dörffen.[360]

Olaus Magnus berichtet / in Preussen / Lieffland /und Lithauen / geschehe es sehr offt / daß solche böse Leute / gegen der H. Christ-Nacht / an einem bestimmten Ort / in gewaltiger Menge / zusammen kommen / und allda in Wölffe verwandelt werden; alsdann / in derselbigen Nacht / mit verwunderlicher Wüte /beydes Menschen und Thieren zusetzen / die Häuser anlauffen und auffbrechen / in die Keller gehen / das Bier auszusauffen / oder die Bier-Fässer hinweg tragen: zwischen Lithauen / Samoiten / und Curland /sey eine Wand von einem alten eingerissenem Schloß / zu seiner Zeit gestanden / bey welcher jährlich etliche tausend / zu gewisser Zeit / sich versammlet / und Jedweder seine Hurtigkeit im Springen versucht habe: Diejenige / welche nicht über solche Wand springen können / seyen von ihren vorgesetzten Befehlhabern /mit einer Peitschen geschlagen. Das Mittel aber / wodurch sie zu Wölffen verkehrt werden / soll dieses seyn / daß sie einen mit gewissen Worten beschwornen oder verhexten / Becher austrincken. Welches ein Anzeigen / daß es nicht alle Mal / vermittelst der sonst gewöhnlichen / Zauber-Salbe / geschicht.

Bey eben diesem Olao / lieset man / daß auch in den nechsten Tagen nach Weihnachten (in den Zwölffen / pflegt mans / in Teutschland / zu heissen) ein hinckender / und an dem einem Fuß lahmer /Knabe herum gehe / solche Teufels-Sclaven / derer ungläublich viel seynd / zusammen zu ruffen / und ihnen befihlt / daß sie ihm folgen sollen. Säumen sie dann / oder verziehen zu lange / so kommt bald darauf ein langer Kerl / mit einer Geissel aus eisernen[361] Riemen / die sich aber beugen lassen; hauet damit auf sie zu / und treibt sie also fort / daß sie eilends müssen gehen. Derselbe soll die elende Tropffen so hart geisseln / daß ihnen / weder die blutrünstige Narben /noch die hefftige Schmertzen / in langer Zeit / entweichen. So bald sie sich aber / zur Folge / bereiten /scheinet ihnen die vorige Gestalt zu verschwinden /und die Wölfs-Bildung sich einzustellen.

Also kommen dann etliche tausend bey einander. Der Führer mit der eisernen Geissel geht vorher: und das Heer derer / die sich / in Wölfe verwandelt zu seyn / gläuben / folgt ihm nach.

Nach solcher Ausführung / fallen sie das Vieh / so ihnen begegnet / an / erbeissen und zerreissen es; und rauben / was sie können; thun auch allerhand andren Schaden. Menschen aber dörffen sie alsdann nicht anrühren / noch verletzen.

Wann sie / zu einem Fluß / kommen / theilt der Führer / mit seiner Geissel / das Wasser / daß es von einander zu weichen scheint / und den trucknen Boden hinterlässt: damit sie / ungenetztes Fusses / mögen hindurch gehen.

Nachdem aber zwölff Tage verflossen / zerstreuet sich das Heer auseinander / und kehrt ein Jedweder wiederum zu seiner menschlichen Gestalt.30

Diesem Scribenten / dem Olao M. will zwar / von Manchem / bißweilen nicht allerdings geglaubt werden: aber es mangelt nicht / an Andren /[362] welche ihn hierinn secundiren / und glaubfest stellen. Unter denen Bodinus: welcher schreibt / es hetten ihn glaubwürdige Handels-Leute / und Aug-zeugen / vergewissert / daß es bey seiner Lebzeit / in Lieffland / geschähe. So hat ihms auch der Hertzoglich-Sächsische Agent beym Könige von Franckreich Languetus Burgundus, bestetigt: und Er es auch / in einem / ihm communicirtem / Schreiben eines Teutschen / an den Connestabel von Franckreich / gelesen.31

Dieses erstarcket auch / durch den Bericht Gasparis Peuceri: Welcher sich vernehmen lässt / es seyen ihm sothane Verwandlungen zwar allezeit fürgekommen / wie Mährlein; aber / von dem an / daß viel Leute / so in Lieffland ihren Gewerben nachgezogen /ihm die Nachricht gegeben / es wären sehr viel solcher Unmenschen deßwegen / daß sie / in Gestalt der Wölfe / Andren Schaden gethan hetten / peinlich angeklagt / überführt / und nach ihrer Bekenntniß / zum Tode verurtheilt / habe er es müssen gläuben.

Fußnoten

1 Herodot. lib. 4.


2 Pausan. lib. 6. El.


3 Virgil. in Eclog.


4 Plin. lib. 8. Natur. Histor. c. 22.


5 Plin. loc. s. cit.


6 Vid. Disputat. Thomasii de Transformat. Hominis in bruta §. 64.


7 Vid. Olaus M. Hist. de Gentib. septentr. lib. 18. c. 45.


8 Augustin. lib. 18. de C.D. 17. 18.


9 Cœl. Rhodigin. lib. 27. c. 12.


10 H. Mag. l. 4. c. 12.


11 Bulling. lib. 2. adversus Magos.


12 Bodin. lib. 2. Dæmonom. c. 6.


13 Boissard. de Magia c. 6.


14 In seinem Bedencken vom Blocksberge.


15 N. Remig. de Dæmonolat. lib. 2. c. 15.


16 Spondan. in Homeri Odyss. l. 10.


17 Binsfeld. de Confess. malefic. Conclus. 3.


18 Petr. Thyræ. lib. 2. de Apparit. Spirituum c. 15. seqq. usque ad c. 24.


19 Del-rio lib. 2. Disquisit. Magic. lib. 2. Quæst. 19. p. 207. seq. & alibi passim.


20 Del-rio lib. 2. Disquisit. Magic. Quæst. 19.


21 Olaus M. in fine libri 18.


22 Joannes Bodin. lib. 2. Dæmonol. cap. 6.


23 Boethius de Consolat. Philosoph. lib. 4. Pros. 3.


24 Augustin, l. 18. de Civ. D.c. 8.


25 Lerchheimerus / in seinem Bedencken von dieser Frage apud Dedekinn. Vol. II. Consilior. f. 434.


26 Georg. Sabinus, in lib. VII. Metamorphos. Ovidii.


27 Sennertus de Morb. occult. lib. 6. part. 9. cap. 5.


28 D. Frommannus lib. 3. de Fascinat. Magic. Sect. I. c. 6. p. 578.


29 S. Aug. l. 18. de C.D.c. 8. & 17.


30 Vid. Olaus M. lib. 18. Rer. Septêntrional. c. 45 & 47.


31 Bodin. l. 2. Dæmonol. c. 6.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 335-363.
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