Bis zu den Messern am Grenzstein

[627] »Der Kaiser kommt«, riefen die Kreuzfahrer einander freudestrahlend zu, als ein schnelles Ruderschiff die Nachricht von Accon gebracht hatte, daß Friedrich mit seiner Flotte auf Cypern gelandet sei. Mit gehobenem Haupt schritten die Deutschen einher, auch die Partei des Papstes: Lombarden und Provenzalen, Templer und Johannesbrüder vermochten das frohe Gefühl nicht zu unterdrücken, daß jetzt die träge Ruhe zu Ende sei und eine große Entscheidung bevorstehe. Der Kaiser kam als Gebannter und kam gegen den Willen des Papstes, der den verspäteten Kreuzzug vor der gesamten Christenheit als neuen Frevel und Ungehorsam verklagt hatte. Aber daß er dennoch sein Gelübde erfüllen wollte und daß er in stolzem Mute wagte, trotz der Verdammung des Heiligen Vaters im Dienst des Erlösers zu kämpfen, das fesselte für den Augenblick die Herzen der Menschen in Bewunderung und hemmte die Bosheit der Unversöhnlichen. Und als Kunde auf Kunde einlief, daß der gewaltige Herr das ganze Königreich Cypern ohne Schwertstreich, nur durch die Wucht seines Willens und durch blitzschnelle Überraschung unter seine Gewalt gezwungen habe und daß er seine hochfahrenden Gegner gleich Unterworfenen mit sich führe, da bezwang die Furcht selbst die Unbotmäßigsten; die Fürsten von Antiochien und Tripolis, alle Grafen und Barone des nördlichen Syriens riefen nach ihren Rossen und beeilten sich, gen Accon hinabzuziehen, um dem Oberherrn der Christenheit zu huldigen. Die Johannesbrüder luden ihre Komture aus den großen Burgen am Libanon, um dem Kaiser die Helden ihrer reichen Genossenschaft vorzustellen, und sogar die hochfahrenden und eigenmächtigen Templer beschlossen, sich vorläufig vor der überlegenen Macht zu beugen. Da endlich seine Flotte in Sicht kam, strömte alles nach dem Hafen, die Edlen, die Kreuzfahrer, die Bürger der Stadt, und er setzte seinen Fuß auf den Boden des Gelobten Landes unter einem Jubelgeschrei, das bis zum Himmel stieg. Auch der Patriarch mit seinen Bischöfen stand grüßend am Ufer, und der Kaiser beachtete wenig, daß der Stellvertreter des Papstes ihm, weil er gebannt war, den Friedenskuß versagte. Sein Antlitz strahlte vor Freude, als er die Führer der Christenheit und einen unzählbaren Schwarm des Volkes vor sich sah, wie sie niederknieten und begeistert[627] die Hände zum Himmel hoben, um ihn als Kaiser und Herrn und als ihren Retter zu begrüßen.

Groß war die Freude der Christen, doch noch größer die Bestürzung der Mohammedaner. Zu ihnen flog die Kunde, daß der große Emperor gekommen sei, wie ein Wüstensturm, der den Horizont mit rotem Dampfe verhüllt, Wolken von heißem Sande aufwühlt und durch seinen Atem das Mark der Glieder und das Grün des Bodens versengt. In jedem Weiler und in jeder Burg der Sarazenen lauschten die Leute der Verkündigung, in den Oasen der Wüste saßen die Haufen der Bodwinen, nachdenklich die Bärte streichend, und die wilden Krieger des Libanon, die den Sarazenen verfeindet waren wie den Christen, sprengten durch die Felsschluchten und schrien die Neuigkeit in die Täler. Es war nicht das kleine Kreuzheer, welches den eingeborenen Söhnen des Ostens solche Scheu einjagte, ihre Späher hatten oft in die leeren Lagergassen der Christen geschaut und auch die Schiffe der kleinen Flotte gezählt, welche der Kaiser heranführte. Es war der Name des einen Mannes, der die Kühnsten mit banger Sorge erfüllte. Nicht grundlos war die Scheu, mit welcher sie ihn betrachteten, denn sie hatten im Guten und Bösen die Gewalt seines Wesens erfahren. Er hatte Sizilien den Helden ihres Volkes entrissen, jeden Widerstand niedergeschlagen, alle seine Feinde vom Erdboden vertilgt. Sie wußten, daß er erlittene Kränkung nicht vergaß und daß er Untreue zu rächen wußte, ausdauernd, kalt die Stunde erwartend, aber sicher und erbarmungslos gleich einem Geiste der Luft, der unsichtbar den tötenden Hauch entsendet. Doch wie er sie mit Schrecken erfüllte, so verstand er ihnen auch zu gefallen durch vornehmen Stolz, durch sein prachtvolles Wesen und durch das hochsinnige Vertrauen, welches er den unterworfenen Bekennern des Islams schenkte. Denn aus ihnen wählte er die Leibwache, die ihn immer umgab. Mit den Sultanen der Sarazenen verkehrte er durch Gesandte wie mit stammverwandten Fürsten, und gern tauschte er mit ihnen Geschenke; die arabischen Gelehrten und Dichter pilgerten zu seinem Hofe, er selbst kannte ihre heilige Sprache und hatte Verständnis für die Weisheit und Kunst des Morgenlandes. Wo er als Herr waltete, hielt er streng darauf, daß die Mohammedaner in ihrem Glauben nicht gestört wurden, ihre Muezzins riefen in Palermo und Messina zum Gebet wie in Kairo und Damaskus, und gern verkündeten ihre weisen Männer, daß er kein Christ sei wie die andern, sondern eher ein Bekenner des Propheten. Während das Mißtrauen der päpstlichen Partei jede Tat seines Lebens feindselig deutete, empfing ihn die Bewunderung der Ungläubigen als einen Mann, der an Stärke und Weisheit allen überlegen sei.

»Hier hast du mich«, rief Friedrich fröhlich dem Bruder[628] Hermann zu, »denke an den Abend von Otranto, es ist gekommen, wie ich hoffte.«

»Auch wie ich fürchtete«, antwortete der Meister ernst.

»Ja«, sagte der Kaiser, »der Alte hat mir Not genug gemacht; dennoch verspreche ich dir, ich gehe nicht eher von hier fort, bis ich dich und deine Brüder in Jerusalem eingeführt habe. Vermögen wir nicht mit dem Blitz zu treffen, so wollen wir durch Donner betäuben. Vor allem will ich deinen Mißgönnern von St. Johann die Herrenfaust zeigen. Beim Einfahren sah ich Brüder vom weißen Kreuz in der Maut lagern, sie sollen sogleich erfahren, daß dieser Hafen mit seinen Einkünften mir gehört. Und wir werden das Geld gebrauchen. – Das Heer muß aus der verdorbenen Luft hinein ins Land.«

»Die neue Burg ist geschanzt, welche des Kaisers Heerlager gegen Sultan Elkamil decken soll«, versetzte Hermann.

»Du tust immer still das Richtige«, lobte der Kaiser. »Wo lagern die Sarazenen?« Und zur Stelle begann ein eifriger Austausch von Nachrichten.

Unterdes stand Ivo in der Halle des Königsschlosses unter einer glänzenden Versammlung von Edlen. Als der Kaiser mit seinem Gefolge eintrat, erscholl wieder donnernder Jubelruf, und er dankte mit sichtlicher Freude. Einer der Herren nach dem andern nahte huldigend, und da auch Meister Montague vom Tempel sein Knie beugte, flog ein Lächeln des Triumphes über das Antlitz Friedrichs, und er ließ ihn einen Augenblick knien, bevor er ihn aufhob und küßte. Während er den knienden Ivo erhob und mit einem Kuß ehrte, sagte er leise: »Ihr seid einer von den Treuen, und hier gedenke ich Euch nicht von mir zu lassen. Denn Ihr seid erwählt, die deutschen Ritter anzuführen, mit denen ich mich umgeben will. Einst wart Ihr zu stolz, die Reise mit meinem Golde zu rüsten, jetzt lege ich Euch an eine goldene Kette.«

Als Ivo in das Gemach des Kaisers trat, sich für den neuen Dienst zu melden, fand er den Herrn im Gespräch mit einem Edlen, dem sein schwarzes kurzgeschnittenes Haar und das hagere, gefurchte Gesicht das Aussehen eines Italieners gaben. »Kennst du den Edlen von Ingersleben, Humbert?« fragte Friedrich und setzte, zu Ivo gewandt, hinzu: »Mein Vetter, der Graf von Meran.«

»Ich sah den Herrn niemals vor diesem Tage«, antwortete der Graf stolz.

Der Kaiser setzte sich und betrachtete mit stillem Behagen die beiden Helden, welche sich förmlich gegeneinander neigten. »Vertragt euch unter dem Kreuz als gute Gesellen«, riet er gemütlich. Als er den Grafen entlassen hatte, berührte er mit der Hand die Schulter Ivos da, wo er einst die Stickerei eines Tuches gemustert hatte, und sagte, auf die Tür deutend, vertraulich: »Er ist still und[629] scharf. Mir hat er gute Dienste geleistet, da wir beide jünger waren und ich im Kampf gegen die empörten Sarazenen Siziliens. Diese haben zuweilen erkannt, daß er Feinde nicht schont. Ihr wißt vielleicht, daß er durch Heirat meinem Hause nahe verbunden ist; ihn und sein Gemahl habe ich nach Deutschland weggegeben, damit der junge König Heinrich, der die Nähe des Vaters entbehren muß, von Angehörigen meines Geschlechtes beraten sei. Zu der Kreuzfahrt lud ich den Grafen, weil er mit Sprache und Brauch der Sarazenen so gut bekannt ist wie wenige. Könnt Ihr nicht sein Freund sein, Ivo, so seht zu, daß er nicht Euer Feind wird, denn er ist seinen Gegnern lästig. – Aber ich habe noch jemanden, der Euch kennen muß.« Er schlug dreimal an eine tönende Erzschale. Durch eine Seitentür trat ein alter Mann herein mit scharf geschnittenen Zügen und forschenden Augen in langem wallenden Gewande. »Dies ist mein Lehrer Omar«, sprach der Kaiser herzlich, »einer von den Weisen, der die tiefen Geheimnisse der Zahlen und der Sterne versteht und der auch aus den Seelen der Menschen Geheimes zu lesen weiß. Betrachte diesen, Omar, und suche von ihm die Konstellation zu erfahren, wenn er selbst die Stunde seiner Geburt kennt, denn meine Deutschen sind darin sorglos.«

Der Araber schaute prüfend auf den jungen Helden, dem dabei gar nicht wohl zumute war, er bat ihn, seine Hand zu öffnen, und nickte zufrieden, als Ivo nicht nur das Jahr der Geburt zu sagen vermochte, sondern auch, daß er am hohen Pfingstsonntag geboren sei, gerade als das Glöcklein zur Mette läutete.

Seit diesem Tage wurde Ivo von dem Kaiser mit so gütigem Vertrauen behandelt, daß er sich selbst darüber wunderte und daß der Neid anderer erwachte. Vielleicht verdankte er die unerwartete Gunst einem Horoskop, welches Omar anfertigte, vielleicht einem andern geheimen Bande, welches ihn nach der Meinung des Kaisers zu treuem Dienst fesselte.

Im glänzenden Kriegerschmuck, mit wehenden Bannern rückte der Teil des Kreuzheeres, welchem der Kaiser am meisten vertraute, aus der Nähe des Hafens zwei Tagemärsche in das Land. Am Ufer eines klaren Baches wurden die Gassen gezogen, die Zelte geschlagen; jeder lebte in ungeduldiger Erwartung des Kampfes, denn drei Sarazenenkönige zogen mit ihren Heerhaufen heran, und der mächtigste von ihnen, Elkamil, Sultan von Ägypten, welcher die Herrschaft über Palästina an sich gerissen hatte, lagerte so nahe, daß jeden Tag ein Zusammenstoß zu erwarten war. Doch keine Posaune rief zum Kampf, nur Gesandte der Christen und Sarazenen ritten zwischen den beiden Heerlagern.

Unterdes wurde es nicht leicht, das Heer zu ernähren, am schwersten, den Rossen das Futter zu schaffen, die leichten Reiter der Sarazenen streiften umher, lauerten hinter Felsen und Sandhügeln,[630] und die ausgesandten Haufen der Christen hatten fast täglich kleine Kämpfe zu bestehen und kehrten oft vergeblich zurück, gemindert an Zahl und Vertrauen. Einst erhielt Lutz den Befehl, mit einer Anzahl Knechte nach Lebensmitteln auszureiten. »Ich denke mit gefüllten Karren heimzukommen oder gar nicht«, sagte er, des Auftrages froh, zu Henner. Bei früheren Jagdfahrten war er viel durch das Land gestreift, auch diesmal wußte er seinen Zug auf Umwegen weit hineinzuführen, bis er von der Höhe auf ein Tal blickte, das, von einer reichen Quelle bewässert, in tiefem Frieden dalag. »Hier hat noch niemand gesengt, die Häuser sind unversehrt, ich sehe Kamele und weidende Rosse.« Die Reiter wanden sich durch ein Gehölz vorsichtig in den Grund, wo ihr plötzliches Erscheinen arge Verwirrung hervorbrachte. Eine kleine Karawane hatte sorglos am Quell gerastet, verhüllte Frauen rannten zu den Kamelen und ihre Wächter sprangen zu den angepflöckten Rossen. Doch sie wurden umringt und entwaffnet, bevor sie zum Widerstand bereit waren, und Lutz rief ihnen durch den syrischen Dragoman zu: »Werft euch mit den Gesichtern auf den Boden und rührt euch nicht, an euch ist uns wenig gelegen.« Die Knechte durchsuchten die Häuser und öffneten die gemauerten Gruben, in denen das Getreide lag. Während sie aber hastig die Karren beluden, kam von der entgegengesetzten Seite ein anderer Haufe des Kreuzheeres herangejagt mit ähnlicher Absicht; Lutz erkannte die Mäntel der Johanniter und ritt ihnen entgegen: »Sucht euch andere Gelegenheit, hier sind wir Wirte.«

»Wir teilen die Beute«, rief ein Bruder, »oder, beim heiligen Kreuz, ihr sollt gar nichts erhalten, denn wir sind die stärkeren.«

»Wir aber waren die ersten«, versetzte der Thüring, »und deshalb füllen wir vor euch.« Er gab seinen Begleitern das Zeichen, vorzusprengen, und gebot, die Karren zum Schutz des kauernden Haufens an den Seiten aufzufahren. »So halte ich meine Speerbeute in der Wagenburg geschlossen«, rief er; »will einer von euch durchbrechen, so erhält er Hiebe.«

Die Brüder ritten scheltend und drohend durcheinander, ihr Führer schrie zornig herüber: »Hört meinen letzten Vorschlag, nehmt eure Säcke und macht euch davon, uns aber laßt die Weiber und Kamele.«

»Ihr seid gütig«, spottete Lutz. »Ich will euch nicht in Versuchung bringen, euer Gelübde zu brechen. Wir halten Quell und Tal besetzt und haben keine Eile, abzuziehen, seht zu, ob ihr's so lange aushaltet wie wir«, und er rief zu den Karren zurück: »Nehmt einen Hammel, ihr Knaben, und bereitet säuberlich eine Mahlzeit, denn wir fühlen Hunger.«

»Ihr seid ganz nahe an dem Lager der Sarazenen«, mahnte der Bruder, »jeder Augenblick Säumen kann euch die Todespforte[631] öffnen. Ganz unsinnig muß ich euch schelten, daß ihr so sorglos lagert.«

»Bedrängt euch die Nähe, so macht euch fort«, antwortete der Thüring, »ich gedachte euch, wenn ihr ruhig harret, von dem gebratenen Hammel anzubieten.«

Die Brüder zögerten, Gewalt zu brauchen, denn obgleich ihr Gewissen sie nicht gehindert hätte, den Gegner anzufallen, so scheuten sie doch das strenge Lagergesetz.

»Wisset, starrköpfiger Deutscher, daß wir ausgeschickt sind, den Haufen zu fangen, welchen ihr zwischen den Karren festhaltet. Es ist wertvolle Beute, denn die Weiber sind aus dem Harem des Sultans, und uns ward ihre Reise verraten, Wagt ihr sie zu weigern gegen den Befehl unseres Feldherrn?«

»Gewiß weigere ich sie«, entgegnete Lutz. »In meiner Heimat ist nicht Brauch, daß ein Ritter auf den Fang von Weibern ausgeht, sondern diese haben Frieden bei den Fehden der Männer, zumal edle Frauen. Gehören die Verhüllten zum Hofhalt des Sultans, so sollt ihr sie erst recht nicht erhalten.« Und als er so für die fremden Frauen sprach, fiel ihm der Vorwurf ein, den sein Lehrer ihm zuweilen machte. »Niemals trifft sich eine bessere Gelegenheit, dem Mangel abzuhelfen.« Er gebot seinen Begleitern: »Fällt die Speere, daß sie nicht gegen euch vorbrechen«, und den Dragoman rufend, ritt er zum Haufen der Gefangenen und begann mit höflicher Handbewegung: »Ist eine Edle unter den Frauen hier, so ersuche ich sie in allen Ehren, daß sie für mich ein Stück ihres Schleiers abschneide und mir freiwillig übergebe, damit ich ihr als Ritter dienen kann, denn ich gedenke nicht zu leiden, daß jene schreienden Helden euch wegführen.«

Eine der Frauen, welche mit verhülltem Gesicht an dem Kamele lag, erhob sich, riß einen Zipfel ihres Schleiers ab und hielt ihn dem Ritter hin; Lutz erkannte, daß zwei dunkle Augen ängstlich auf ihn starrten. Er dankte ehrbar. »Dagegen weihe ich mich Eurem Dienste, habt die Güte, jetzt ein wenig aufzublicken«, und sein Roß spornend, rief er den Brüdern entgegen: »Wisset, ich bin Ritter jener weißen Taube geworden, und wenn ihr etwas gegen ihre Freiheit und Ehre sinnt, so werdet ihr mir einen Speerkampf nicht versagen. Werft ihr mich, so folgt euch die Dame, werfe ich euch, so laßt mich die Schweife eurer Rosse so bald als möglich sehen. Das ist ehrliche Bedingung.«

Die Langmut des Johanniters war zu Ende, mit einem lauten Fluch wandte er sein Pferd zum Anlauf, beide rannten gegeneinander, und als die Speere gebrochen waren, zogen sie die Schwerter und schlugen, daß die Helme klangen. Da gab einer der Brüder ein schrilles Zeichen, der Johanniter wandte sein Pferd, und alle jagten, so schnell sie vermochten, von dannen.[632]

»Ich sehe, was Euch den Kampf verleidet«, rief Lutz, als eine Schar Sarazenen in der Entfernung sichtbar wurde. »Ihrer sind viele, und wir müssen auf den Rückzug denken.« Er berührte den alten Haremswächter mit der Speerstange. »Ihr Fledermaus, der Ihr weder Vogel noch Maus seid, nehmt Eure Damen unversehrt in Empfang«, und sich zu der Verhüllten wendend, welche dem Kampf vom Rücken des Kamels zugesehen hatte: »Ihr seid frei, Herrin, erweist auch mir die Gunst, jenen dort Stillstand zu gebieten, während ich meine Karren abwärts führe. Lebt wohl, ich fürchte, daß ich Euch niemals wiedersehe und mein Lebelang die Sehnsucht nach Euch herumtrage.«

Die Frau sprach einige arabische Worte zu dem Alten, welcher den Sarazenen entgegenritt. Lutz aber gebot, noch schnell auf die Karren zu werfen und über die Sättel zu hängen, was erreichbar war, deckte die abfahrende Ladung und gelangte glücklich an das Lager, ohne von den Feinden verfolgt zu werden.

Als er, durch Ivo und Henner eingeholt, den Zelten nahte, begegnete den Thüringen der Kaiser. Ivo berichtete zur Stelle den Ritterdienst seines Mannes und wies auf den Schleier. Da dem Kaiser die gute Behandlung des Harems sehr willkommen war, so lachte er und redete das Gefolge an, was er sonst selten tat: »Erkanntet Ihr ein wenig, Herr, wie Eure Dame aussieht?«

»Ich sah nur zwei Augen wie die einer Eule«, versetzte Lutz ehrlich, »und zwei trippelnde Füße. Wenn sie unter der Dorflinde im Reigen spränge, würde sie Mühe haben, sich neben unseren stolzen Mägden zu behaupten.«

Henner wurde traurig über die ungefüge Antwort. Der Kaiser bemerkte die strenge Miene des langen Ritters und fragte ergötzt: »Wie behagt es meinen Thüringen im Gelobten Lande?«

»Da dies ein heiliges Land ist«, antwortete der Marschalk ehrerbietig, »so darf ein billig denkender Mann nicht zu viel weltliche Ergötzlichkeit erwarten. Dennoch ist es ein jämmerlicher Gedanke, daß zwei würdige Heilige, wie die Jungfrau Maria und Joseph, in ihrem Leben hier soviel Herzeleid erduldeten. Sicher wäre ihnen auf Erden manches besser gediehen, wenn sie aus dieser dürren Gegend fröhlich nach Deutschland ausgewandert wären, sie hätten dort größere Courtoisie gefunden, und dazu mehr Redlichkeit.«

»Ihr vergeßt, Marschalk«, mahnte der Kaiser, »daß in diesem Falle die Kreuzigung und die Erlösung ausgeblieben wären, und wir müßten alle miteinander zur schwarzen Hölle fahren. Obwohl es auch in Deutschland an Pfaffen nicht gefehlt hätte, denen die Heiligen verdächtig geworden wären. Denn auch deutsche Priester sind begierig, Holz zum Scheiterhaufen zu schichten.«

Als die Lagergenossen verwundert den goldgestickten Schleier musterten, erklärte Lutz zufrieden: »Die Herrin ist bräunlich und[633] sitzt in einem Harem, ich hoffe, das wird meinem Berchtel um so lieber sein.«

Aber er wurde noch an das Abenteuer erinnert. Denn als kurz darauf ein Gesandter der Sarazenen in das Lager kam, öffnete der Dragoman des Kaisers die Tür seiner Hütte und führte einen nubischen Knaben herein, welcher vor dem jungen Ritter niederkniete und einen Selam sprach, zuerst arabisch, dann ziemlich verständlich in der Sprache der Lateiner, daß die Herrin des Schleiers dies ihrem Ritter als Dank sende, worauf er sich selbst und einen zierlichen Kasten vor die Füße des Thürings setzte.

»Der Knabe ist aus der lateinischen Schule des Sultans Elkamil«, erklärte der Dragoman, »wie ich selbst aus der arabischen zu Messina; er ist zum Erklärer erzogen, und vermag Euch und dem Herrn wohl zu dienen.«

Lutz sah die Sendung bedenklich an. »Öffne den Kasten.« Als er eingemachte Datteln darin fand, schob er ihn dem Sklaven hin: »Iß von diesen Pflaumen, solange sie reichen, denn weiter habe ich dir nichts anzubieten«; er selbst ergriff eine Bürste und rieb ihm damit kräftig die Haut. »Lange begehre ich diese Probe zu machen. Die Schwärze geht über alle Schornsteinfegerei, sie ist untilgbar, und dies ist das echte Rabenkind und ganz sicher ein Heide und Höllensohn.«

Verlegen brachte er den Knaben seinem Herrn. Der Schwarze erwies sich als anstellig und empfänglich für die Freundlichkeit, mit welcher ihn die neuen Herren behandelten, er wurde bald der verzogene Liebling der Hütten, und Ivo vertrieb sich manche müßige Stunde damit, den jungen Ali Reiterdienst zu lehren und sich arabische Worte vorsagen zu lassen.


Die gehobene Stimmung, in welcher die Kreuzfahrer den Kaiser begrüßt hatten, sollte nicht dauern. Friedrich hatte einen großen Kriegsrat nach Accon berufen und ritt frohen Mutes hinab. Es war eine erlauchte Versammlung: der Patriarch und die Bischöfe des Gelobten Landes, die Meister der drei Orden, die Edlen des Kreuzheers und der christlichen Besitzungen in Syrien. Als der Kaiser die Verhandlungen über den Feldzug eröffnen wollte, erhob sich der Patriarch und meldete eine Botschaft des Heiligen Vaters, welche an die Versammlung gerichtet sei. Zwei Franziskaner traten ein und überreichten kniend das Schreiben des Papstes. Feierlich begann er zu lesen, daß der Statthalter Christi den Geistlichen und Laien des Kreuzheeres verbiete, dem eidbrüchigen und gebannten Kaiser, dem nach seinem ersten Ungehorsam die Pilgerreise versagt worden und der in ungehorsamem Trotz dennoch gefahren sei, irgendwelchen Gehorsam zu leisten. Damit aber das versammelte Kreuzheer nicht führerlos werde, bestelle der Heilige Vater selbst zu Feldherren des Heeres für die Abendländer Hermann von Salza,[634] für die Morgenländer zwei andere edle Barone. Als die Vorlesung beendet war, herrschte Totenstille im Saale, und Ivo, der hinter dem Stuhl des Kaisers stand und gesehen hatte, daß dieser wie im Krampf die Lehne des Thronsessels packte, war erstaunt, als er mit ruhiger Stimme begann: »Der Heilige Vater ist trotz seiner hohen Jahre eifrig für das Wohl der Christenheit besorgt. Mir möge die erlauchte Versammlung nicht verdenken, wenn ich den Eifer seiner Mahnung für allzu groß halte, nicht meinetwegen, denn als ein treuer Sohn weiß ich mich auch, wenn er zürnt, seinem Willen zu fügen; wohl aber sorge ich um die begonnene Kreuzfahrt und unser aller Ehre. Denn das Heer ist klein, und jeder Zwiespalt in demselben nimmt die Hoffnung auf Sieg. Erachten die hochwürdigen Väter der Kirche und meine Edlen für heilsam, dem Wunsche des Papstes zu gehorchen, so werde ich nicht widerstehen; aber ich werde als Streiter Christi und weltlicher Oberherr dieser Länder mit dem Heere ziehen, selbst gegen den Willen des Heiligen Vaters, denn dies ist mein Recht als Kaiser und König, als Ritter und als Christ.«

Da erhob sich unter den Deutschen ein Summen des Beifalls, und auch die Welschen waren durch die Nachgiebigkeit des Kaisers freundlich gestimmt. Doch Peter von Montague zerriß die Versöhnung, welche sich anknüpfte, indem er hochfahrend begann: »Die Brüder vom Tempel sind nur dem Gericht und der Oberhoheit des Papstes untertan und vermögen nicht im Rat zu sitzen und nicht in einem Lager zu dienen mit einem weltlichen Fürsten, den unser Oberherr gebannt hat. Wir versagen uns seinem Befehle, wie der Teilnahme an seinen Verhandlungen mit den Feinden, und wir schlagen unsere Zelte gesondert von den seinen auf.« Dasselbe erklärte Bernard der Johanniter, die Geistlichen und die meisten Laien des Morgenlandes. Heftig eiferten die Parteien gegeneinander, während der Kaiser, ohne ein Wort in den Streit der Meinungen zu werfen, auf seinem Stuhle saß; mit Mühe vermochte Hermann von Salza durchzusetzen, daß die Herren, welchen der Papst den Oberbefehl überwiesen hatte, von der Versammlung als Feldherren ausgerufen wurden.

Schweigend ritt der Kaiser in das Lager zurück. Aber als er mit wenigen Getreuen in sein Zelt trat, sagte er heiter: »Lange Jahre spiele ich mit dem Alten von den sieben Hügeln das Königsspiel, welches sie Schach nennen, und ich habe manches von ihm gelernt; jetzt hat der hitzige Spieler einen falschen Zug mit seinem Elefanten Gerold getan, er soll mich nicht verleiten, in den gleichen Fehler zu fallen. Du, Humbert, hast von je gute Freundschaft mit Templern und Johannitern gehalten, bewahre die Vertraulichkeit, sosehr du kannst, damit wir zu rechter Zeit erfahren, was sie in ihrem Lager ersinnen.«[635]

Ivo wollte das Zelt mit den anderen Herren des Gefolges verlassen, da hielt ihn der Kaiser durch ein Zeichen zurück, und als sie allein waren, sagte er herzlich: »Bleibe noch, mir ist heut einsam zumute, erzähle mir, was du willst, am liebsten Fröhliches.« Er reichte ihm die Hand, und als Ivo sich gerührt darüber beugte, preßte er ihm heftig die Finger zusammen. »Und du weißt nicht einmal das Ärgste, denn während ich hier mit Christen und Heiden streite, rüstet der fromme Vater der Christenheit daheim ein Heer, um mich aus meinem Erblande zu verjagen. Dennoch hoffe ich, daß ich diesmal sein Meister bleibe.« Und er saß im nächsten Augenblick mit Königsmiene auf seinem Stuhl, ließ sich von der Jagd im Bergwalde Thüringens erzählen und belehrte Ivo über die Vorzüge der norwegischen Schneefalken.

Unterdes erhob sich in den Zeltgassen Lärm und Getümmel, die Krieger eilten auf den Erdwall, welcher das Lager umgab, starrten in die Ferne und riefen einander heftig zu, während ausgestellte Wachen auf schäumenden Rossen vor das Zelt des Kaisers jagten. Als dieser heraustrat, empfing er von den Aufgeregten die Nachricht, daß ein fremder Krieger sich einen Ritter aus dem Christenheer zum Zweikampf fordere. Geringschätzig sagte Friedrich: »Ich denke, er wird nicht vergeblich schreien, die Helden in unserem Heere haben so lange über unsern Müßiggang geklagt, daß sie in einen Baumstamm hacken würden, dem man einen Turban aufsetzt«, und zu dem sarazenischen Leibwächter gewandt, fragte er: »Kennst du deinen Glaubensgenossen? Wer ist der brüllende Wüstenlöwe?«

Mit einer Gebärde des Abscheues antwortete der Mann: »Kein Bekenner des Propheten, Herr; sie sagen, daß es Hassan der Ismaelit ist, einer von den Verfluchten, welche dem Scheik in den Bergen dienen.«

»Wie«, fragte der Kaiser neugierig, »senden auch die Assassinen des Libanon ihre Helden gegen uns herab? Ich rate, ihr Herren, daß wir den Unhold betrachten.« Er ritt mit seinem Gefolge aus dem Tor; auf der Höhe vor ihnen ragte im Sonnenlicht ein Reiter, Mann und Roß in hellglänzendes Metall gehüllt, über der Stahlkappe trug der Fremde eine spitzige rote Mütze und über der Rüstung einen schneeweißen Überwurf. Hinter ihm hielt ein kleiner Trupp seiner Genossen in ähnlichem Kriegsschmuck, näher am Lager schrie ein Syrer in der Sprache der Morgenländer und Lateiner die Ausforderung gegen das Christenheer, und zwei Reiter mit Pauken und langen Posaunen begleiteten die Verkündigung durch mißtönenden Lärm. Die Kreuzfahrer drängten sich mit zornigen Gesichtern um das Gefolge des Kaisers, und der Herzog von Limburg meldete: »Derselbe Fremdling war gestern vor Accon bei den Zelten der Johanniter, er hat einen der Bruderschaft geworfen und erlegt[636] und ist darauf schnell wie ein fallender Stern in der Ferne verschwunden.«

»Vieles haben wir im Abendlande von den unholden Bräuchen der Rotmützen vernommen und von der Dreistigkeit, mit welcher sie das Messer führen«, versetzte der Kaiser, »ich merke an den bestürzten Mienen, daß sie auch von meinen Helden mit Scheu betrachtet werden.«

»Ihr Messer hat den Grafen Bohemund von Tripolis getötet«, rief einer der Edlen, und ein anderer: »Zwei Komture von St. Johannes und ein Meister der Templer sind durch sie gemordet.«

»Es ist eine Bruderschaft ehrloser Schufte«, erklärte der Graf von Meran, »die Meuchler, welche sie gegen ihre Feinde aussenden, schleichen durch jede Tür und dringen durch den Ring der Leibwache. Auch die Sultane des Islams hegen in ihrem Harem Angst vor ihnen und kaufen sich durch Jahrgeschenke los von der täglichen Sorge um heimlichen Mord!«

»Dann sind diese Heiden in der Kunst des Messers besser erfahren als deine Welschen, Humbert, denen es an gutem Willen auch nicht fehlt«, versetzte der Kaiser ungerührt.

»Die Templer haben ihren Brüdern verboten«, fuhr der Graf fort, »gegen das Ungetüm dort zu kämpfen, weil sie demselben ritterliche Ehre nicht zugestehen. Sie allein unter allen Anwohnern des Libanons werden von den Mördern gefürchtet, denn sie haben ihnen Land abgenommen und die Burg Safitah darauf erbaut.«

»Wir haben zuweilen die Redlichkeit kennengelernt, mit welcher die Templer ihre Gegner in Worten und Werken behandeln«, sagte Friedrich verächtlich; »und es gibt ein Sprichwort, daß auch der üble Teufel nicht so schwarz ist, wie die Leute ihn schildern. Jener dort kommt doch nicht mit dem Messer, sondern mit dem Speere, und fordert ritterlich zum Kampfe, ich denke, wenn er einen Johanniter geworfen hat, werden meine Deutschen ihm den Gegengruß nicht schuldig bleiben.« Er sah im Kreise umher, eine Zahl Edler sprengte aus dem Haufen, des Kaisers Blick haftete auf Ivo. »Reitet hinaus, Herr, und faßt mir diesen Uhu, gegen welchen alle meine Raubvögel die Federn sträuben.«

Ivo winkte seinem Marschalk und eilte sich zu waffnen, während Henner mit dem Dragoman und einem Rufer in das Feld ritt. Das ganze Heer sammelte sich zu dem bevorstehenden Streite, auch der Kaiser hielt erwartungsvoll auf der Stelle; der Fremde aber sprengte, als der gebotene Kampf angenommen war, von der Höhe herab und tummelte stolz sein Roß, den Anritt des Gegners erwartend. Als Ivo im Harnisch aus dem Lager kam, laut begrüßt von den Kreuzfahrern, begann Henner, der den Ismaeliten seither nicht aus den Augen gelassen hatte, vertraulich: »Er ist ein kräftiger Gesell, und im Schwertkampf wird er Euch Not machen. Aber er ist noch[637] jung und versteht seine Kunst nicht zu bergen, immer wieder wirft er sein Pferd zur rechten und gleich darauf zur linken Hand, um dann ein Stück in Rabbia geradeaus zu sprengen. Er will das Tier an seine Kunst mahnen. Kommt Ihr ihm im Anritt nahe, so wird er das Pferd umlenken, das gerade Rennen vermeiden und Euch wie ein Blitz à travers anfallen. Solche Künste sind auf unserer Rennbahn auch bekannt, nur daß sein Tier mehr einem Aale gleicht als einem Pferde. Seht, Herr, wie ein Wunder schwingt es sich. Wenn Ihr im rechten Augenblick zum Gegenstoß dreht und Euer Fuchs nicht versagt, so mögt Ihr ihn wohl überrennen.«

»Ihr ratet gut«, versetzte Ivo eifrig, »laßt blasen, ich bin bereit.«

Die Kämpfer ritten auf den Platz, Ivo grüßte, die Lanze neigend, der Ismaelit antwortete in derselben Weise. Der Fremde wandte sich nach Norden und Ivo nach der Gegend, wo Jerusalem lag, während beide ihr Gebet sprachen. Dann klangen hell die Fanfaren und beide rannten gegeneinander; unterdes hielt der Marschalk die Hand auf sein klopfendes Herz. Aber der lautlosen Stille im Christenheere folgte helles Siegesgeschrei, denn dem gefährlichen Anfall auf die ungedeckte Seite begegnete Ivo durch schnelle Wendung im Laufe, sein Speer zerbrach am Metallschild des andern, aber die Wucht des schweren Reiters und seines mächtigen Pferdes warf wie der Stoß eines Sturmbocks den Gegner und sein schwächeres Roß zu Boden. Der Ismaelit lag, von dem Rosse geklemmt, der Helm war ihm abgesprungen, und aus seinem jugendlichen Gesicht starrten die dunklen Augen auf Ivo, den Todesstoß erwartend. Dieser war zu Boden getaucht und hielt die Schwertspitze über den Hals des Gegners, welcher kein Zeichen gab, daß er Schonung begehre. »Gut geritten, Ivo«, rief der Kaiser herzureitend, »schenke mir sein Leben, wenn er es selbst nicht begehrt. Löst ihn vom Rosse, entwaffnet ihn und schafft ihn zu unseren Zelten, mein arabischer Arzt soll nach seinen Schäden sehen. Ich bin dir dankbar, Ivo, daß du diesen Scheucher für meinen Vogelherd eingefangen hast.«

Die Begleiter des Fremden waren während des Kampfes näher geritten, sie stießen nach dem Fall ihres Gefährten einen gellenden Klageschrei aus und verschwanden hinter den Hügeln. Der Geworfene, welcher schwer am Bein beschädigt war, wurde auf einer Trage zu den Hütten geschafft, welche das kaiserliche Zelt umgaben, und Friedrich trug dem Sieger die Sorge und Wache über den Kranken auf.

Als Ivo mit einem Dragoman an das Lager des Ismaeliten Hassan trat, begegnete seinen forschenden Augen ein wilder Blick voll geheimer Seelenqual, aber seinem gehaltenen Gruß antwortete der Fremde in gleicher Würde, indem er mit der Hand an Brust und Haupt rührte. Der Wächter meldete: »Er hat sich geweigert, Nahrung zu nehmen, und hat auch den Trank zurückgewiesen, den[638] der Arzt bereitet hat.« Da sagte Ivo: »Während du als Gefangener des Kaisers unter uns weilst, habe ich die Pflicht, für deine Sicherheit und für dein Wohl zu wachen. Ich bitte dich, erschwere mir nicht mein Amt.«

Der Fremde antwortete finster: »Habt Ihr mein Leben bewahrt, um ein Unterpfand zu erhalten, durch welches Ihr meinen Stamm demütigen könnt, so ist Eure Hoffnung vergeblich. Sind mir auch die Waffen genommen, ich weiß auf dem Lager die Lösung zu finden, die mir dein Schwert versagt hat.« Er legte sich zurück und wandte sein Haupt ab.

»Du sprichst, wie einem Tapferen gebührt«, versetzte Ivo, erfreut über den Stolz des anderen, »doch du kennst unsere Sitte nicht. Wer im ritterlichen Kampf Gefangener des Kaisers wird, dem mutet dieser nichts zu, was für einen Helden schmachvoll wäre. Unterdes rate ich dir, für deine Genesung zu sorgen, denn gerade so wie jetzt, bist du auch später Herr deines Schicksals, wenn dir das Leben verleidet wird.«

»Wenig liegt an dem Leben eines Besiegten«, rief der Ismaelit.

»Du hast dich unserm Kampfbrauche gefügt und mein Roß stärker gefunden als das deine; hätten wir den Kampf ausgefochten in der Weise deines Volkes, so würdest vielleicht du der Sieger sein«, tröstete Ivo. »Darum verzweifle nicht, sondern denke mutig auf neuen Streit. Bringt ihm Trank und Kost, damit ich's ihm anbiete.« Ivo aß ein wenig von der Speise und setzte den Trank an die Lippen. »Nimm«, lud er freundlich ein, »und laß dir die Heilung gefallen. Beide sind wir jung und haben in unserem Leben noch Ruhm und gutes Glück zu hoffen.«

Der Fremde empfing den Becher aus der Hand seines Wirtes und sah ihn mit dankbarem Blicke an.

Einige Tage darauf sprach Ivo am Lager des Ismaeliten: »Bei uns ist Sitte, daß ein gefangener Held sich durch hohen Eid verpflichtet, während der Haft nichts gegen das Wohl seiner Wirte zu tun und nicht durch Flucht zu entweichen. Gern würde ich dir deine Gefangenschaft erleichtern, wenn ich wüßte, ob dich ein Eid bindet und wie dieser Eid lautet. Doch zürne mir nicht, wenn ich dir auch sage, daß viele unter uns den Männern deines Volkes nicht vertrauen, weil ihr fremde und unehrliche Bräuche übt und heimliche Todesboten gegen eure Feinde sendet.«

Der Ismaelit sah finster vor sich nieder: »Ich bin ein Krieger und gehöre nicht zu der kleinen Zahl der Geweihten, denn nur diese dienen unserm Scheik mit dem Messer. Wisse, Franke, verschieden sind die Pflichten des Lebens unter uns, geradeso wie bei euch. Stehen wir auch alle als Schwurgenossen zueinander, so folgt doch jeder dem Gesetz, welches seinem Berufe gegeben ward. Sieben sind der Stufen zu dem höchsten Amt, auch bei uns arbeitet der[639] Landbauer sorglos auf seinem Acker, der Edle bewahrt seine Ehre, die Weisen hüten die Gedanken des Volkes, und unser Vater, der Scheik, sorgt als ein Heiliger über alle. Die Krieger und Weisen geben ihm Rat, wenn er ihn verlangt, sie sprechen Recht in den Tälern und kämpfen mit den Feinden. Nur was gegen die Fremden geschehen muß zur Ehre des Glaubens und der ganzen Bruderschaft, darüber waltet der Scheik allein, denn dazu ist er von Gott begnadet, und sein Ausspruch, an dem wir nicht deuten, ist unfehlbar.«

»Wie mögt ihr euch, wenn ihr Männer seid, solcher Herrschaft eines Mannes fügen, der eure Seelen und Gedanken führt, wie der Hirt die Schafherde?«

»Auch ihr gehorcht, wie wir vernehmen, einem Scheik, den ihr den Heiligen Vater nennt, er öffnet und schließt euch die Tore des Christenhimmels, und auch ihr dient ihm willenlos auf den Knien.«

Erzürnt rief Ivo: »Wage nicht, eure teuflische Lehre mit dem milden Gesetz der Christenheit zu vergleichen. Unser Glaube ist durch heilige Verkündigung festgesetzt, und alle unsere Bischöfe und frommen Väter haben darüber zu wachen, daß er rein bewahrt werde. Unser Heiliger Vater ist nur der Erste unter ihnen, und wir dienen ihm, soweit er weise und redlich ist. Mehr als einem Papst haben Geistliche und Laien widerstanden, und er wurde herabgeworfen von seinem Stuhl, weil er unwürdig war.«

Der Fremde legte sich, ohne zu antworten, auf sein Lager zurück.

Als Ivo dem Kaiser die Unterredung berichtete, sprach dieser: »Zeige ihm Vertrauen, ich wette, es ist mehr Redlichkeit in diesem Heiden als in manchem Christen.« Und auf Ivos ehrerbietige Mahnung, daß die Sicherheit des Kaisers Vorsicht gebiete, versetzte er gleichgültig. »Wisse, du sorgsamer Deutscher, wenn Messer und Gift eines Meuchlers den Kaiser zu erreichen vermöchten, so wäre er längst aller irdischen Sorge enthoben. Oft war ich begierig, das Geheimnis zu erkunden, welches die Bruderschaft vom Messer verbindet, denn ihr Scheik, wie er auch sei, hat doch etwas Großes bewirkt, sein ganzes Volk gehorcht ihm bis zum Tode. Wären sie die Bösewichter, wozu ihre Nachbarn sie gern machen, so hätten sie sich längst untereinander gleich Ratten vertilgt. Bist du des Helden Hassan besser gesichert, so will ich ihn selbst ausfragen. Denn er gilt in seinem Volke für einen großen Mann, und er ist, wie die Templer behaupten, ein Schwestersohn und Liebling des Scheiks.«

Friedrich widerstand der Versuchung nicht lange; eines Abends trat er verhüllt in die Hütte, redete den Ismaeliten in arabischer Sprache an, und als er nach langer Unterredung schied, sagte er befriedigt zu Ivo: »Sie haben verrückte Bräuche, und ihre Messer sind in Wahrheit unhöflich. Die Scheiks haben für sie einen eigenen Glauben gemacht, indem sie vorgeben, daß die göttliche Offenbarung von Moses zu Christus gekommen sei, von diesem zu[640] Mohammed und daß sie jetzt aufs neue verkündet werde von ihnen selbst. Dennoch sind sie nicht ganz Teufelskinder. Dein Gefangener fragte ganz verständig nach dem Gesetz der Christen. Ich habe ihm seine Freiheit angekündigt, und sobald er genesen ist, mag er zu seinen Bergen ziehen. Vielleicht gelingt es uns, diese Wilden an bessere Sitte zu gewöhnen.«

Trotz dem Vertrauen des Kaisers bewachte Ivo doch sorgsam die Hütte des Fremden, denn ihm kam vor, als ob dieser geheimen Verkehr unterhalte, und die Wachen mußten einigemal fremdartige Gestalten verscheuchen, welche sich in die Nähe drängten. Aber der Argwohn gegen den Ismaeliten schwand in größerer Sorge. Eine Gesandtschaft des Sultans Elkamil war in das Lager gekommen, und als Ivo bei dem Kaiser eintrat, fand er diesen in einer zornigen Aufregung, welcher der kluge Fürst selten unterlag. »Weißt du, was der Bote des Sultans mir zugetragen hat? Daß die Treue von den Christen gewichen und zu den Heiden gezogen ist, ich stehe hier von meinen Mitchristen preisgegeben und verraten, und ich verdanke nur dem Hochsinn eines Sarazenen, daß ich nicht ein Gefangener bin. Zwei Briefe sendet der höfliche Sultan, welche Christen an ihn geschrieben haben, der eine ist von dem Heiligen Vater selbst, welcher den Sultan warnt, mit mir zu verhandeln, denn ich sei gebannt, und alle Verträge, die ich schließe, seien nichtig; der andere Brief des Schurken Montague verrät dem Heiden gar die Stunde, in der wir täglich mit kleinem Gefolge in das nahe Tal reiten, um dort zu baden, damit der Sultan uns durch seine Reiter ergreife. Wie gefällt dir, du deutscher Sänger, die neue Weise, in welcher meine Feinde den Sarazenen ins Ohr singen? Und wer hat den Templern zugetragen, daß wir im Bade zu fassen sind?«

»Gebt uns Deutschen die Erlaubnis«, rief der empörte Ivo, »den Bösewicht Montague zu greifen, und wir reißen ihn mitten aus seiner Bruderschaft und führen ihn gebunden an die Sättel unserer Pferde in dies Lager und vor Euer Gericht.«

»Ich weiß, daß ihr Thüringe behende seid, widerwärtige Leute an eure Sättel zu binden«, antwortete der Kaiser, ein wenig besänftigt durch den Zorn des Getreuen. »Aber solange du mir diesen Ritterdienst nicht gegen alle Feinde erweisen kannst, danke ich dir dafür, denn er würde das Übel nur ärger machen und uns schnell aus dem Heiligen Lande hinaustreiben. Anderes gebietet dem Kaiser sein Amt. Willst du wissen was?« Er nahm zwei Briefe von der Tafel, warf sie in einen Kasten und schlug den Kasten zu. »Schweigen und stillhalten, bis der Tag der Rache kommt. Unterdes sind diese Briefe für mich nicht geschrieben, und auch du vergiß, daß du von ihnen gehört hast.«

Der Kämmerer trat ein. »Zürnt nicht, wenn ich Nichtiges melde. Zwei Fremdlinge, die mehr bartlosen Knaben als Männern gleichen,[641] erflehen Zutritt. Sie tragen sich wie syrische Landleute, doch sprechen sie nur Arabisch, und auch davon kam wenig über ihre Zunge.«

»Frage selbst, was sie begehren«, befahl Friedrich abweisend.

»Nur dem großen Emperor dürften sie den Auftrag sagen.«

»Dann kommen sie wegen geraubter Frauen oder Hammel. Der Sarazene Abdallah soll mit ihnen reden.«

Aber im nächsten Augenblick trat der gerufene Leibwächter ein, entsetzt, als hätte er einen Geist gesehen. »Sie kommen vom Scheik aus den Bergen, es sind verkleidete Fedavie mit den Messern. Gestatte, daß wir sie niederhauen, bevor sie stechen.«

»Ich bin dem Alten dankbar, daß er gleich zwei seiner Wespen an uns verschwendet«, sagte Friedrich betroffen. »Torheit«, unterbrach er sich selbst. »Ich habe ihm nie etwas zuleide getan. Ladet den Helden Hassan zu mir, doch geleitet ihn durch den anderen Eingang; alsdann führt die Boten herein, ich will sie selbst sehen.«

Als Hassan waffenlos, mit tiefer Verneigung eintrat, hob der Kaiser ein reichgeschmücktes Krummschwert, wie es die Morgenländer zu führen pflegten, aus den aufgestellten Rüstungen und reichte dasselbe dem Ismaeliten. »Ich empfange Boten deines Scheiks, sie sollen dich als freien Mann unter uns erkennen, nimm die Waffe und stelle dich neben mich.«

Ivo warf einen flehenden Blick auf den Kaiser und beugte das Knie. »Gut«, nickte Friedrich, »ich halte mich seitwärts, du magst an meiner Statt in die Mitte treten; ihr Wachen lüftet die Klingen und bringt sie her.«

Zwei unansehnliche Gestalten mit fahlen, verlebten Gesichtern und glanzlosen Augen traten herein, warfen sich am Eingang zur Erde nieder und schlugen mit dem Haupt auf den Teppich, dann griff der eine in das Gewand, brachte einen Brief, der mit goldener Schnur umwunden war, hielt ihn an Herz und Haupt und legte ihn ehrfurchtsvoll in Ivos Hand. Dieser überreichte den Brief dem Kaiser. »Der Alte führt ein Siegel wie andere große Herren«, murmelte Friedrich neugierig, »und sogar sein Wappenzeichen, das Messer.« Er las, ihm entschlüpfte ein Ausruf des Erstaunens, und er gab den Brief an Hassan. »Lies, Held, und sage mir, ob alles ehrlich gemeint ist, was in diesen Zeilen steht.«

Der Ismaelit rührte mit der Hand an seinen Hals und versetzte stolz: »Mein Haupt sei dir Unterpfand, verächtlich ist die Lüge in den Bergen, auch unsere Feinde haben nie an der Wahrheit unserer Rede gezweifelt.«

Der Kaiser blickte ihm scharf in die Augen. »Ich vertraue dir. Wisse, Ivo«, begann er gutgelaunt in deutscher Sprache, die keiner der Anwesenden verstand, »dieser Tag bringt vieles Unerwartete; nicht nur der Sultan, auch der Scheik aus den Bergen erweist sich als ein wohlgefälliger Nachbar. Er dankt ganz höflich für die gute[642] Behandlung seines Neffen Hassan, schreibt Ehrenvolles über die Hochherzigkeit, die ich diesem bewiesen habe, und bittet mich, einen Weisen zu senden, der mit ihm und seinen Gelehrten über den Glauben der Christen verhandeln könne. – Er weiß nicht, daß ich gebannt bin und daß ich nicht sogleich einen frommen Vater auftreibe, der in arabischer Sprache zu streiten vermag. – Zuletzt beweist er seine Achtung vor unserem Christentum dadurch, daß er mir diese hier zum Geschenk sendet.« Er wies auf die beiden Boten, welche am Eingange des Zeltes kauerten mit gesenkten Häuptern und stieren Augen gleich Stumpfsinnigen. Ivo sah in Widerwillen auf die Gesandten. »Was sollen Eurer Majestät diese kraftlosen Männer?«

»Auch der Alte wird schwerlich auf ihre Stattlichkeit stolz sein, aber er hält sie für nützlich. Zwei Seelen seiner Geweihten schenkt er mir und zwei Messer, damit ich sie, wie der wilde Heide schreibt, gegen meine Feinde gebrauche. Denn wisse, so kläglich sie aussehen, sie sind begeistert in ihrem Glauben, kein Hindernis und keine Gefahr hemmt, wie er behauptet, den Todesgruß, welchen sie tragen, und keine Marter lockt ihnen ein Geständnis ab. Wunderlich ist eine Macht, welche so über das Leben anderer verfügt, schneidende Werkzeuge sind diese Knaben in der Hand ihres Herrn, und dieser Herr soll fortan ich sein.«

»Mein Kaiser aber wird dem Geber die fluchwürdige Gabe zurücksenden«, bat Ivo.

»Du bist schnell«, versetzte Friedrich, mit düsterm Behagen auf die Willfährigen blickend. »Wer die Geschenke eines Morgenländers ablehnt, beleidigt ihn schwer, und der Alte in den Bergen vermag ein wertvoller Freund zu werden, ja noch mehr, er findet sogar ein Wohlgefallen an unserem Glauben.«

»Begehrt er in Wahrheit gutes Einvernehmen mit den Christen«, fuhr Ivo flehend fort, »so ist die erste Bedingung, daß er dem teuflischen Gebrauche der Messer entsage, denn kein Zutrauen ist möglich zu einem Volk, dessen Glaube ehrlose Taten heiligt. Niemand aber vermag ihm das so eindringlich zu sagen als des Kaisers Majestät, wenn Ihr seiner Sendung entgegenhaltet, daß sie mit dem Gesetz unseres Glaubens unverträglich sei.«

»Du hast ganz recht«, versetzte der Kaiser ruhiger, »wenn du ihre Messer ehrlos nennst. Handeln aber die Christen anders?« Er wies auf das Kästchen. »Waren das nicht auch ehrlose Dolche, die gegen mich geschwungen wurden?«

»Viele Missetat geschieht unter uns, welcher wir fluchen«, entgegnete Ivo, »doch die Missetäter trifft in dieser Welt Zorn und Verachtung der Redlichen und vielleicht der Arm des irdischen Richters; und in jenem Leben, wie wir belehrt sind, die Schrecken der Ewigkeit.«[643]

»Dein Kaiser ist auf Erden der höchste Richter«, antwortete Friedrich, »und er hat oft gefühlt, daß in Notzeiten sein Arm schwach ist, die Missetäter zu strafen. Da die Römer noch Heiden waren, bildeten sie ihren höchsten Gott Jupiter ab, wie er ein Bündel rächender Blitze in der Hand hielt, sie konnten kein besseres Zeichen göttlicher Macht erfinden. Wahrlich, diese Knaben, welche sich für ihren Herrn dem Tode geweiht haben, sind solchen Blitzen vergleichbar.«

Erschreckt durch diese Worte, warf sich Ivo dem Kaiser zu Füßen und rief: »Oh, mein gnadenvoller Herr, bannt die finsteren Gedanken aus Eurem edlen Geiste, denn der üble Teufel versucht die Guten durch seine Unholde, die er ihnen in den Weg sendet. Auch der Höchste und Beste auf Erden soll sich hüten, daß ihm nicht in schwerer Stunde die dienstwilligen Boten der Hölle als gute Gehilfen erscheinen für eine ehrliche Tat. Eurer Rache dienen die Schwerter der Redlichen und die Gewalt des laut verkündeten Richterspruches, nicht die heimliche Waffe der Verschwörer; ein heller Tagesfürst seid Ihr uns und nicht ein Gebieter finsterer Schatten.«

»Erhebt Euch, Herr«, rief der Kaiser unwillig, »allzu dreist mahnt Ihr vor Zeugen Euren Gebieter.« Da Ivo traurig zurücktrat, fügte er freundlicher hinzu: »Du meinst es gut, das weiß ich wohl, aber hege ein besseres Zutrauen zu mir. Seh' ich aus wie einer, der Meuchler sendet, um sich lästiger Feinde zu entledigen? Wahrlich, meine Gegner dürfen sich nicht beklagen, daß ich ihnen die Freude, mir zu schaden, unredlich verkürze. Wenn ich etwas von Notfällen sagte, so waren es nur solche, die ein König allein versteht. Tröste dich, Ivo, jene Stummen mögen abwarten, bis wir den Alten selbst auf bessere Gedanken gebracht haben, vielleicht behältst du recht, und ich kann sie ihm zurücksenden, ohne daß er sich gekränkt fühlt. – Du, Hassan, sprich zu den verlorenen Kindern deines Volkes, ihr anderen aber achtet darauf, daß sie nicht im Lager umherschweifen, und überlaßt sie sonst ihren eigenen tiefen Gedanken.«

Der unablässigen Sorge, mit welcher Ivo die Behausung der unheimlichen Gesellen bewachte, wurde er bald darauf durch den Kaiser selbst enthoben.

»Sattle, Held«, rief Friedrich dem Eintretenden zu, »du sollst einen weiten Weg für mich reiten. Nach dem Norden entsende ich dich mit einer Botschaft an den Sultan von Damaskus, du wirst ihn und sein Heer am Libanon finden, wo er mit den Johannitern um die Grenzsteine hadert. Von dort magst du ihn nach Damaskus begleiten, dort kannst du den Hofhalt eines reichen Morgenländers schauen, Geschenke bringen und empfangen.«

Ivo dankte durch einen frohen Blick. »Deine Augen sind unhöflich«, lachte der Kaiser, »sie verraten, wie glücklich du bist, meiner[644] Nähe zu entrinnen. Entschuldige dich nicht«, fuhr er gütig fort, »und eile zurückzukehren. Auch deinen Schützling, den Ismaeliten, wirst du entlassen; ich sende zugleich mit dir den Grafen Humbert nach dem Libanon, er soll dem Scheik seinen Helden übergeben und meinen Dank für die Messer zurücktragen, die der Alte mir gesandt hat. Ich meine, dir wäre der Auftrag unwillkommen.«

»Ich danke, daß des Kaisers Majestät mich dieser Fahrt enthebt«, versetzte Ivo aufrichtig. »Möge Eure Huld dem Hassan eine ehrliche Heimkehr sichern, denn er hat sich unter uns unsträflich gehalten und doch geringe Freundlichkeit gefunden.«

»Du selbst kannst für deine Speerbeute sorgen, denn du reitest bis zu den letzten Burgen der Christen mit dem Grafen Humbert zusammen.«

Ivo machte eine Bewegung. »Ihr lebt beide unter dem Kreuz«, mahnte Friedrich ernsthaft. »Die Heiligen, denen ihr jetzt dient, fordern mancherlei Entsagung. Das Land ist unsicher, und ihr werdet guttun, scharf auszusehen.«

Der Graf trat ein mit anderen Herren des Gefolges. Bevor der Kaiser sie anredete, schlüpfte aus der Seitentür ein maurischer Knabe und übergab kniend ein kleines Pergamentblatt. Friedrich las, seine Miene umwölkte sich, er setzte sich schweigend in den Sessel, las wieder und sah prüfend auf Ivo und den Grafen. Endlich erhob er sich, und nachdem er die Aufwartenden entlassen hatte, begann er in gebietendem Tone gegen beide von der vertrauten Sendung. Aber Ivo vermochte seine Überraschung nicht zu bergen, als der Kaiser dem Grafen Humbert die Gesandtschaft an den Sultan von Damaskus auftrug, ihm aber die Reise zu dem Alten vom Berge. Der Graf warf von der Seite einen wilden Blick des Triumphes auf Ivo und verneigte sich dankend gegen den Herrn. Als der Thüring folgen wollte, trat Friedrich auf ihn zu, und ihn scharf anblickend, sprach er: »Ich habe dir zuweilen gezeigt, daß du mir wert bist. Wenn du jetzt in stillem Verdruß die unwillkommene Reise antrittst, so wisse, Ivo, daß ich dir einen größeren Beweis meiner Neigung nicht geben konnte, als gerade den, daß ich dein Amt und das eines andern vertauschte.« Er gab ihm mündliche Aufträge, das Schreiben an den Scheik, das Verzeichnis der Geschenke und schloß: »Deine Ritter würden dir in dem fremden Land ohne Nutzen sein, nimm statt ihrer einen Beritt meiner Leibwächter, welche Sprache und Sitte des Morgenlandes kennen, du kannst dich für Leben und Tod auf sie verlassen. Um deine Thüringe werde ich unterdes sorgen. Sende mir den Hassan, damit ich selbst ihn entlasse.«

Sonst war Ivo jedem neuen Abenteuer fröhlich entgegengezogen, als er heut aus dem kaiserlichen Zelt trat, war ihm das Herz so schwer wie niemals in seinem Leben, und er schalt sich selbst darüber. Auch seine Ritter trauerten. »Zum erstenmal reitet mein Herr[645] ohne mich unter Feinden«, klagte Henner, und Lutz bat: »Nehmt wenigstens den Rabensohn mit Euch, der uns aus dem Harem zugeflogen ist, denn er versteht das Schnarren und Krächzen alles Geziefers in diesem Lande.«

Mit sechs maurischen Leibwachen und den Saumrossen ritt Ivo, begleitet von Hassan und dem jungen Nubier, zum Sammelplatz des Lagers, gleich darauf kam der Graf von Meran mit großem Gefolge, darunter Brüder von St. Johannes und dem Tempel, welche nach ihren Burgen im Norden reisten. Ivo sah, daß in der ganzen Gesellschaft kein Deutscher war, nur Provenzalen und Welsche. Graf Humbert gab das Reisezeichen, und die kleine Schar sprengte aus dem Lagerwall der Küste zu. Als sie eine Strecke geritten waren, trieb der Graf sein Pferd zu Ivo heran. »Der Kaiser will, daß Ihr die Reise bis zu den Grenzburgen in meiner Gesellschaft macht. Da Ihr ein Deutscher seid, so ist nicht unnütz, Euch zu erinnern, daß ich den Befehl habe und daß Ihr Euch meinem Gebot fügen werdet wie ein anderer.«

Ivo antwortete: »Der Oberbefehl gebührt Euch mit Recht, da Ihr der Ältere seid. Was Ihr zum Nutzen der Fahrt meinen Leuten gebieten müßt, das laßt mich wissen, und zwar mit der Höflichkeit, welche ich im Amt des Kaisers von Euch zu fordern habe. Außer durch mich kommt kein Befehl an den Ismaeliten Hassan und an meine Lanzenträger, denn die Leibwache führe ich, und für den Fremden bin ich dem Kaiser verantwortlich.«

Mit hoher Miene antwortete der Graf: »Ich bin nicht gewöhnt, den Befehl mit andern zu teilen.«

Ivo wandte sein Roß. »Dann gestattet, daß ich zur Stelle zurückreite und den Entscheid des Kaisers erbitte.«

»Ihr wißt das Vorrecht eines Günstlings keck zu benutzen«, versetzte der andere mit Hohn und sprach Arabisch zu dem Führer der Leibwache. Dieser antwortete ehrerbietig und machte gegen Ivo den Gruß des Untergebenen. »Da die Leibwachen sagen, daß sie an Euch gewiesen sind«, schloß der Graf unzufrieden, »so überlasse ich Euch der Gesellschaft Eurer Ungläubigen.« Er sprengte vorwärts, die Schar bewegte sich in zwei Haufen dahin, die Genossen des Grafen lachend und in sorglosem Gespräch, Ivo allein unter den Morgenländern in trüben Gedanken.

»Meiden sie dich«, fragte Hassan, »weil du mit einem Sohn der Berge reitest?« und sein Flammenblick folgte dem Grafen.

»Ich fürchte vielmehr, Held Hassan, daß deine Reise beschwerlich wird, weil ich selbst jenem verfeindet bin.«

»Und warum reitet Ihr nicht seitwärts in ein Tal, um Euren Streit auszufechten?«

Ivo wies auf das Kreuz an seiner Schulter. »Beide haben wir der Rache entsagt, solange wir das heilige Zeichen tragen.«[646]

»Solches Gesetz verdirbt den, der es am meisten ehrt«, versetzte der Fremde.

Fünf Tage zogen die Gesandten längs der Küste dem Norden zu. Oft ritten sie auf hartem Ufersand, umweht von dem milden Seewinde, oder blickten von der Höhe weit hinaus auf das blitzende und wogende Meer. Sie kamen durch die berühmten Hafenburgen der Christenheit, welche von früheren Kreuzfahrern über den Trümmern vergangener Städte Phöniziens aufgemauert waren, vor ihnen aber erhob sich zur Rechten gewaltig das Gebirge des Libanon, unten fruchtbare Gelände, darüber Höhen mit dunklem Bergwald und alles überragend die langgestreckten Schneegipfel.

Am sechsten Tage lenkten die Reisenden vom Küstenpfade den Bergen zu, welche rings um sie aufstiegen, hier als steile Felsklippen, dort durch dunkles Nadelholz gekrönt. Sie betraten das Grenzgebiet, welches die Templer den Ismaeliten entrissen hatten und durch ihre Burgen festhielten. Beim Aufbruch aus dem Nachtlager bemerkte Ivo, daß der Ismaelit nicht mehr das reichverzierte Krummschwert trug, welches ihm der Kaiser geschenkt, sondern eine Waffe, die er im Zweikampf verloren und bei der Entlassung zurückerhalten hatte, und er fragte: »Willst du die Ehrengabe ablegen, jetzt, wo wir deinen Bergen nahen?«

»Für den Kampf vertraut der Krieger am liebsten dem Stahl, welchen er erprobt hat«, versetzte Hassan.

»Sinnst du auf Schwertschlag?« fragte Ivo. »Wir ziehen im Frieden, und du weißt, daß ich dem Kaiser mit meinem Leben für deine Heimkehr hafte.«

Hassan neigte höflich das Haupt. »Vor mir liegt das Land meiner Väter, und bei uns gilt das Sprichwort, daß der Fuß des Heimkehrenden am leichtesten an der Schwelle des eigenen Hauses strauchelt.« Sie ritten den Tag menschenleere und öde Höhen entlang, zwischen Felsen, welche steil gen Himmel ragten, zuweilen sahen sie ein lachendes Tal, welches noch im Spätherbst mit hellem Grün prangte, aber die vereinzelten Steinhäuser, welche gleich Burgen an den Felsen hingen, waren durch Feuer ausgebrannt, und die verkohlten Balken lagen umher. Hier und da erschienen und schwanden Reiter auf den Höhen, einigemal glaubte Ivo die Tracht der Templer zu erkennen. Am Abend kamen sie an einen großen Chan und traten in niedrige Hallen, welche sich nach einem weiten ummauerten Hofraum öffneten, an dem Eingange hing das rote Kreuz der Templer. Dort wurden die Reisenden von einigen Brüdern des Ordens begrüßt, Tische waren aufgestellt und ein reiches Mahl gerüstet für die Herren und Knechte und gesondert für die maurische Leibwache nach dem Brauch ihres Glaubens, diese bedienten ein sarazenischer Koch und ein Bruder des Ordens.

Die Sonne war untergegangen und große Feuer verbreiteten im[647] Hofe Licht und Wärme, als eine Schar von Templern heransprengte, in ihrer Mitte sah Ivo mit Erstaunen die düstere Gestalt des Meisters Montague, den er weit im Süden beim Kreuzheer verlassen hatte. Der mächtige Mann begrüßte als Wirt die christlichen Gäste, auch zu Ivo trat er: »Da hier die Wegscheide ist für die beiden Boten des Kaisers, so bin ich zur Grenze gekommen, um für die edlen Herren zu sorgen, soweit die Bruderschaft vermag. Wisset, Herr, Ihr zogt bis jetzt im Schutze des Tempels, denn meine Brüder haben die Bergpfade bewacht.«

Bald schwirrte laute Unterhaltung in verschiedenen Sprachen, Graf Humbert war in besserer Laune als sonst, und Ivo beachtete wohl, wie vertraulich er mit den Templern lachte und Scherzworte tauschte. Auch Ivo wurde von einem Bruder deutscher Zunge, der mit dem Meister gekommen war, in ein leichtes Reitergespräch gezogen, und die Gäste rühmten freudig die leckere Kost, während behende Knaben der Templer den heißen Wein des Libanon schenkten. Dennoch war bei dem Gelage ein Zwang erkennbar, öfter als sonst geschieht, sprachen einzelne leise miteinander, und lautes Gelächter wechselte mit unheimlicher Stille. Als Ivo aufstand, nach dem Helden Hassan zu sehen, fand er ihn allein neben dem nubischen Knaben auf dem Boden sitzen, mit dem Rücken an die Mauer des Chans gelehnt. Da nahm er einen gefüllten Becher und bot ihn dem Ismaeliten: »Du verschmähst unter uns nicht den Lieblingstrank der Christen, trinke nach unserem Brauch auf ein gutes Ende der Fahrt.« Hassan wies dankend den Becher zurück. »Auch nicht, wenn ich dir zutrinke?«

Der andere weigerte sich wieder und wies nach den Templern. »Ich und jene schenken einander nichts als den Tod. Willst du dein eigenes Wohl beraten, so halte dich fern von mir.«

Da gebot Ivo dem nubischen Knaben, daß er ihm das Nachtlager an der Seite des Ismaeliten bereite, er selbst trat zu den Leibwachen und fand, daß auch diese stumm vor unberührten Speisen saßen. Als er fragte: »Verbietet heut euer Gesetz das Nachtmahl?« antwortete der Führer düster: »Sonst, wenn uns der Knappe des Meisters zum Mahle lud, kostete er von Speise und Trank vor, wie sich's gebührt, heut unterließ er die Höflichkeit. Dagegen forschte er prüfend, ob wir im Fall eines Kampfes das Schwert für den Ismaeliten ziehen würden.« – »Und was sagtest du ihm?«

»Daß wir tun werden, was du gebietest.«

Ivo nickte. »Achtet auf die Pferde, daß ihnen kein Gegner nahe. Du, Abdallah, wende deine Augen nicht von dem Fremden und schütte dein Lager dicht an unserer Seite.« Als er sich dem Tisch zuwandte, trat der Meister der Templer ihm entgegen. »Gefällt's Euch, Herr, so gönnt mir auf einige Augenblicke Eure Gesellschaft«, und das Tor des Chans öffnend, lud er ein: »Folgt mir hinaus in[648] die Nachtstille.« Ivo sah zögernd nach dem Ismaeliten; da setzte der Templer hinzu: »Ihr werdet ihn hier wiederfinden, wie Ihr ihn verlaßt.« Im Freien begann er: »Euer Kaiser erforscht gern die Zukunft aus den Sternen; auch meine Brüder ehren diese Wissenschaft. Sie fragten die Himmelslichter nach dem Schicksal jenes Sohnes der Messer, den Ihr mit Euch führt, und ihnen wurde verkündet, daß dies seine letzte Reise ist und daß er gefällt wird, bevor er eine Burg seiner Genossen betritt.«

»Ich bin des Kaisers Bote, Herr«, antwortete Ivo, »und der Fremde ist meiner Ehre anvertraut.«

»Die Macht des Kaisers ist nichtig in diesem Lande, keinen andern Gewaltigen gibt es hier als den scharfen Stahl. Jener aber gehört zu einer Rotte von Mördern; sie werden von ihren Nachbarn erlegt, wie man den Wolf und die wilde Katze erschlägt, welche, allen Waldtieren schädlich, im Dunklen schleichen. Ein unchristlicher Einfall des Kaisers war es, dem Heiden das Leben zu bewahren, als er unter Eurem Schwerte lag, und Ihr begeht ein Unrecht gegen die Christenheit, wenn Ihr ihn heimzuführen strebt.«

»Ihr wißt, Herr, daß mir als einem Gesandten nicht ansteht, den Wert des anvertrauten Mannes zu schätzen.«

»Dann fürchte ich«, antwortete Montague ruhig, »daß Ihr selbst durch Euer Amt belästigt werdet. Denn als meine Brüder in den Sternen lasen, daß jener dort dem Tode verfallen ist, da erspähten sie auch, daß jeder, der für ihn das Schwert zieht, von dem gleichen Schicksal bedroht wird. Da Ihr ein Edler und ein Christ seid, so hielt ich für recht, Euch zu warnen.«

»Wisset auch, Herr«, rief Ivo stolz, »daß Ihr selbst Euch durch diese Rede in meine Hand gebt.«

Der Meister lächelte finster. »Ein Tor warnt, wo er verderben will, ich spreche in guter Meinung. Und ich sage Euch nur, was unsere Weisen aus den Sternen erforscht haben. Tut mit der Warnung, was Euch gefällt, ruft sie in die Berge, klagt sie dem Himmel oder schreit sie laut in den Hof. Blickt um Euch, Herr, die grauen Mäntel, welche Ihr vielleicht ringsum im Dämmerlichte seht, mögen Euch die Sicherheit geben, daß die Templer in dieser Nacht um Euch wachen. Zuletzt vernehmt noch dies: Meinen Brüdern verbietet ihr Eid, einen Christen, zumal wenn er das Kreuz trägt, mit ihren Waffen anzugreifen, außer in eigener Not zur Verteidigung. – Gefällt's Euch, so kehren wir zum Abendtrunk zurück.«

Ivo schritt im Hofe zum Grafen von Meran und rührte ihn am Arm. Dieser zuckte, als er den Mahnenden erkannte, aber so feierlich war der Ausdruck und die Haltung des Gegners, daß er sich erhob und zur Seite trat. »Ich bin gewarnt«, sprach Ivo, »daß[649] mir und meinen Begleitern vor dem Ende der Reise ein Überfall droht, und ich hege Verdacht, daß er von Christen ausgeht, welche Gegner des Kaisers sind. Wie denkt Ihr Euch dabei zu verhalten?«

»Mich zwingt mein Amt, zum Sultan von Damaskus zu reiten«, versetzte Graf Humbert, »scheut Ihr Euch, Eure Reise zu wagen, so schließt Euch meinem Gefolge an, und wenn ich Euch gesund heimbringe, sagt dem Kaiser, daß Ihr Furcht hattet.«

»Solche Antwort habe ich erwartet«, versetzte Ivo ruhig, »doch war es meine Pflicht, von der drohenden Gefahr gegen Euch zu reden; denn es handelt sich hier um das Wohl eines Fremdlings, der in kaiserlichem Schutze reist, und um die treuen Leibwächter, für deren Heil ich zu sorgen habe.«

»Da Ihr Euch den Befehl über den Fremden und die Mauren vorbehalten habt, so müßt Ihr auch allein die Verantwortung für ihr Heil übernehmen.«

»Ihr sprecht wieder, Herr, wie ich erwartete«, antwortete Ivo, »und damit alles zwischen uns geordnet sei, bevor Ihr Euren Weg fahrt, so vernehmt noch die letzten Worte, welche ich Eurem und meinem Herrn durch Euch sende, da Ihr vielleicht dem Kaiser eher vor Augen treten werdet als ich. Der hochwürdige Bruder Montague sagte mir, daß die Templer einen Kreuzfahrer nur in eigener Not zur Verteidigung angreifen. Werde ich aufgehalten, so sind andere Christen weniger bedenklich gewesen.« Er kehrte dem Grafen den Rücken.

Der Graf von Meran trat zurück und sah unwillig nach dem Meister der Templer, der daneben stand und, die Worte Ivos bestätigend, mit dem Haupte nickte. »Seit wann haben die Brüder vom Tempel den Brauch zu warnen, bevor sie treffen?« fragte er leise.

»Seit sie für unrecht halten, in diesem Lande alte Kränkung zu rächen. Und ich sage dir, Humbert, meine Brüder sollen seinen Tod nicht auf ihre Seele nehmen, wenn es zu hindern ist.«

Die Feuer brannten nieder, der Meister brach mit seinem Gefolge nach der Burg Safitah auf, die Gesandten des Kaisers bereiteten in den Hallen ihr Nachtlager. Ivo streckte sich neben dem Ismaeliten auf den Teppich und befahl dem jungen Nubier, zwischen ihnen zu kauern, damit er im Notfall leise Worte von einem Ohr zum andern trage. Der Knabe erwies sich herzhaft und flüsterte: »Schlaft, Herr, ich wache.« Es war eine stille, bange Nacht, Ivo lag, auf den Arm gestützt, unbeweglich, aber seine ganze Seele war gespannt in Auge und Ohr; der Lärm in den Mauern war verstummt, er vernahm nur das Stampfen der Rosse und leise Seufzer der Schlafenden, und draußen in der Wildnis den Schrei eines Nachtvogels und das Gebell der Raubtiere. Zuweilen erhob[650] sich der Knabe und warf ein Scheit in das niedergebrannte Feuer. So verging die Nacht den Schlaflosen. Als kaum der erste Tagesschimmer über den Himmel flog, rief der Marschalk des Grafen von Meran zum Aufbruch. Eilig wurden dem Grafen und seinem Gefolge die Rosse gesattelt, die Herren schwangen sich auf und ritten ohne Abschiedsgruß davon. Jetzt erst erhoben sich die gewarnten Helden, sie waren allein und Ivo atmete auf, als er ins Freie trat; vor der Herberge war alles still, nirgend ein Feind zu sehen, der Bergwind wehte frisch an die heißen Schläfen, und das aufsteigende Tageslicht weckte in allen Herzen neues Vertrauen. Ivo ergriff die Hand des Ismaeliten: »Vermögt Ihr allein Euch leichter zu retten als in unserer Gesellschaft, so laßt mich das wissen.«

»Säße ich auf meinem Roß, das die Berge kannte wie ich selbst, so würde ich die Verfolgung der Templer verlachen, aber dieses Tier ist aus der Ebene und nicht behender als die Euren.«

»Dann reiten wir als treue Genossen zusammen«, entschied Ivo. »Euch, Held Hassan, gebührt, uns zu führen.«

Hassan winkte zu den Pferden, er selbst ritt voran und lenkte seitwärts in die Berge. Es war ein heißer Ritt um das Leben, Felsen hinauf und hinab, zwischen die Stämme mächtiger Zedern, in grüne Täler, durch angeschwollene Waldbäche und wieder steile Berglehnen hinauf. Die Rosse schnoben und strauchelten, hoch aufgerichtet saß der Sohn der Berge, seine Augen fuhren spähend über Nahes und Fernes, oft änderte er die Richtung oder lenkte zurück auf bereits durchlaufenen Weg. Als Ivo ihn bei solcher Umkehr fragend ansah, wies er in die Ferne, und da Ivo nichts zu erkennen vermochte und mit dem Haupt schüttelte, hob er zwei Finger in die Höhe und rief mit einem Blick wilden Abscheues:

»Es sind Templer, sie verstehen sich auf Jagd in den Bergen.« Die Sonne stieg höher, die Pferde ermüdeten und traten unsicher, Ivo fühlte unter den Leichtbewaffneten den Druck seiner schweren Rüstung. Und wieder wies er warnend auf die stöhnenden Pferde.

»Sie müssen aushalten, oder wir verderben«, versetzte der Ismaelit. Weiter ging die Fahrt über Steine und durch stürzendes Wasser. Endlich hielt Hassan vor einer stillen Klippe, schwang sich vom Roß, zog ein rotes Tuch aus dem Gewande, und in die Höhe klimmend, ließ er das Tuch ins Tal wehen. Als er zurückkehrte, blickte Ivo in ein freudiges Gesicht. »Noch sind wir nicht am Ziele«, sagte Hassan, »aber Kinder der Berge wissen, daß wir nahe sind, und ihre Reiter jagen mit der Botschaft in die nächste Burg.« Und sich wieder auf das Pferd schwingend führte er einen Bergrücken entlang durch den Hochwald. Vor ihnen fiel die Höhe steil ab in ein kleines Tal, welches von einem reißenden Gebirgsbach durchströmt wurde. »Dort liegt das Land meiner Väter«, sagte er, mit einem Blick des Triumphes hinüberweisend, »der Bach ist die[651] Grenze. Vermögen wir vor einem Anfall der Feinde hinüberzudringen, so sind wir der Gefahr enthoben, denn dort sammeln sich jetzt meine Brüder.« Vorsichtig stiegen die Reisenden in das Tal, drangen durch den kalten Bach, der seinen Schaum zu den Schaumflocken der zitternden Pferde warf, und trabten, die letzte Kraft aufbietend, den Hügel hinan, auf welchem ein hoher Grenzpfeiler stand, der ihnen ein Kreuz als Zeichen zukehrte. Ivo neigte sich vor dem heiligen Symbol, bevor er es hinter sich ließ, dann glitten sie in eine Senkung des Bodens hinab, die von hohen Zedern umschlossen war. Hassan hielt sein Roß an, sein dunkles Antlitz strahlte vor stolzer Freude, er wies nach dem Grenzstein zurück, in welchem auf dieser Seite zwei Messer eingehauen waren: »Hier ist meine Heimat.« Und würdig grüßend, sprach er: »Seid willkommen. Wir lagern und harren der Meinen. Mir deucht, schon höre ich den Klang der Hufe durch den Wald.« Die ermüdeten Reiter stiegen von den Pferden, Ivo band den Helm ab, warf sich erschöpft neben den andern auf den Boden und faltete seine Hände zu stillem Gebet.

Plötzlich stieß Hassan einen wilden Schrei aus, Ivo fuhr auf, die Stätte war von dunklen Gestalten in schwarzer Kriegertracht umringt, von allen Seiten flogen die Wurfspeere, und ein gellendes Kampfgeschrei folgte der Stille. Er zog sein Schwert und eilte dem Ismaeliten zu Hilfe, der, am Boden liegend, gegen einen ganzen Haufen Feinde rang. Da sprang ein einzelner Gegner auf ihn zu, diesem war die schwarze Kurdenmütze abgefallen, und Ivo starrte in ein Angesicht, das er wohl kannte; er rief, sein Schwert wegwerfend: »Nimm dein Recht«, und das Messer des andern bohrte sich durch die Rüstung in seine Brust. Seufzend sank er über den Leib des Isameliten. Im nächsten Augenblick waren die Mörder verschwunden, die Rosse der Getöteten entführt, lautlose Stille lag wieder über dem Tale des Todes, nur der Bergwind rauschte in den Wipfeln der Bäume.

Ungeduldig erwartete der Kaiser die Rückkehr seiner Gesandten. Er war mit dem Heere nach Süden aufgebrochen und lag bei Jaffa an der Straße nach Jerusalem. Seinem Vorsatz getreu, vermied er den Kampf mit den Sarazenen, aber er wußte trotz der Schwäche seines Heeres die Zauberkraft zu bewahren, die sein Wesen auf die feindlichen Fürsten ausübte, und benützte in den Verhandlungen meisterhaft die Uneinigkeit, welche die Sultane des Morgenlandes an gemeinsamer Tat hinderte. Endlich ritt der Graf von Meran in das Lager ein mit guten Versprechungen und reichen Geschenken des Sultans von Damaskus, ihm war alles wohlgelungen; von der andern Gesandtschaft wußte er nichts zu berichten, als daß er sie in der Herberge einer Grenzburg zurückgelassen hatte. Vergebens ließ der Kaiser durch ihn bei Templern und Johannitern, den nächsten[652] Nachbarn der Ismaeliten, umfragen. Endlich kam vom Norden her ein Gerücht in das Lager, die Gesandtschaft sei von wilden Kurden, welche in dem Grenzland nach Raub umherstreiften, getötet worden. Da sprach der Kaiser traurig zu seinem Vertrauten Omar: »Du hattest falsch gerechnet. Nur was du mir prophezeitest, als er zuerst in mein Zelt trat, ist zur Wahrheit geworden, daß sein Dienst kurz und wohltätig für mich sein würde. Aber das Ende hat sich weit anders gefügt.« Der Araber eilte bestürzt zu seinen Kreisen und Sterntafeln, kehrte zurück und behauptete, der Geschwundene müsse noch wiederkehren. Da hoffte Friedrich aufs neue. Als aber Woche auf Woche verrann, sah er sich nach einem andern Boten in die Berge um und fand endlich einen redlichen Mönch aus sächsischem Kloster, der des Arabischen mächtig war; ihn sandte er mit einem Briefe heimlich über Damaskus in das Gebiet des Scheiks. Doch der Mönch brachte den Brief zurück, den Herrn der Berge hatte er gar nicht gesehen, denn er war in einer Grenzburg desselben aufgehalten worden, über das Schicksal der Gesandtschaft hatten die Ismaeliten ein finsteres Schweigen bewahrt und nur mündlich die stolze Antwort gegeben: sie wünschten dem Kaiser als einem hochsinnigen Helden Glück gegen seine Feinde, aber sie hätten erkannt, daß er zu schwach sei, um Treulosigkeit und Verräterei der Christen zu bändigen. Und der Glaube, dem so viele Schlechte vertrauten, sei ihnen verleidet und verhaßt.

Als die erste Nachricht von dem Überfall der Kurden zu den Zelten der Thüringe kam, schritt Henner schweigend in den Stall, sattelte sein Pferd und sprengte aus dem Lager, um seine Verzweiflung den Jüngeren zu verbergen. Da Lutz, besorgt um seinen Gesellen, nacheilte, fand er ihn auf der Höhe unter einem blätterlosen Baume sitzen, ganz verwandelt und weit älter als sonst. Er setzte sich zu ihm und faßte schweigend die Hand. »Du bist jung und du wirst wieder lachen«, sprach Henner, »ich aber habe ihn auf meinem Arm gehalten, da er ein Kindlein war, mir ist unerfreulich, daß ich ihn überleben soll, und ich sah aus, ob ich einen schweifenden Haufen von Bodwinen oder ähnlichem Heidenvolk erblicken könnten, um an diesen die Rache zu nehmen und ihm nachzufolgen.«

»Denkt auch daran, Marschalk, daß er vielleicht noch lebt«, tröstete Lutz, »und daß er Euch finden muß, wenn er zurückkehrt.«

»Tröstet Ihr Euch mit dieser Hoffnung!« stöhnte Henner, schlug die Hände vor sein Gesicht und weinte.

»Wir vernehmen oft«, begann der Jüngere wieder, »daß die Wüstenräuber gierig nach Lösegeld sind und lieber gefangennehmen als töten.«

»Unser Herr ist nicht leicht zu fangen«, versetzte der Marschalk rauh, »Ihr solltet doch wissen, daß er sich nicht ergibt und am wenigsten diesen unritterlichen Bösewichtern.«[653]

Das mußte Lutz seufzend zugeben, und sie saßen wieder schweigend beieinander.

»Wenn er aber dennoch am Leben wäre und zu den Seinen zurückkäme«, begann Henner endlich, »so soll kein Auge ihn eher erblicken als das unsere, und wenn er zu Fuß kommt als ein müder Wanderer, so soll er hier eines unserer Rosse finden, damit er in das Lager reiten kann als ein Krieger. Merkt, Herr, daß dies von heut an unsere Warte ist, von der wir nordwärts blicken, denn hinter jenen Bergen ging verloren, was die Freude und Ehre unseres Lebens war.« Seit diesem Tage ritt der Marschalk täglich hinaus zu dem Baume und führte ein leeres Pferd an der Trense mit sich. Bald wußte man im Lager, daß die beiden dort auf ihren Herrn harrten; die Christen, welche des Weges zogen, sahen scheu hinüber und mancher sprach ein stilles Gebet für den Verlorenen.

Der Vertrag des Kaisers mit dem Sultan war geschlossen, der Kaiser erwarb die heiligen Städte Jerusalem und Bethlehem, und die Herbergen auf dem Wege von der Küste bis Jerusalem. Als ihm das große Werk gelungen war, ließ er die beiden Dienstmannen vor sich laden und sprach: »Die Kreuzfahrt wird vollendet, wir brechen morgen nach Jerusalem auf, und auch ihr Herren werdet mich um des Verlorenen willen begleiten, denn ich verspreche euch, durch die Fürsten der Sarazenen unter den Horden, welche im Lande umherziehen, nachzuforschen, damit wir Sicherheit gewinnen über sein Leben oder seinen Tod.«

Da riet Lutz ehrerbietig: »In der Begleitung des Herrn war ein schwarzer Knabe. Das Heidenkind ist schlau und vermöchte wohl Auskunft zu geben; ich denke, daß es nicht getötet ist, sondern irgendwo als Sklave weilt.«

Der Kaiser nickte: »Ich kenne den Knaben. Zwar ist die Hoffnung gering, hier im Lande einen Neger bei den Händlern aufzufinden, dennoch will ich auch daran denken.«

Als die Kreuzfahrer die Kuppeln und Mauern Jerusalems vor sich sahen, loderte in dem müden und entzweiten Heere die fromme Begeisterung aufs neue in hellen Flammen empor, die Pilger warfen sich zur Erde, küßten den Boden, schlugen die Brust, seufzten, ächzten und weinten und zogen unter Bußgesängen in ungeheurer Prozession durch die Tore. Der Kaiser aber stellte überall seine bewaffneten Haufen auf, damit die Entzückten den Sarazenen in der Stadt nichts zuleide täten. Da ihm die christlichen Priester zürnten und das Hochamt zu seiner Krönung verweigerten, so erstieg er selbst in der heiligen Grabskirche die Stufen des Hochaltars, hob die Königskrone Jerusalems vom Altar und setzte sie sich auf unter dem hellen Jubelgeschrei des Heeres. Den deutschen Ordensbrüdern aber verlieh er zur Belohnung für ihre Treue die Königsburg von Jerusalem und setzte die Bruderschaft, welche sich[654] bis dahin mühsam gegen die anderen behauptet hatte, in den berühmtesten Herrensitz als Wächter der Heiligen Stadt. Und während seine Kreuzfahrer in vielen wallenden Haufen vor den zahlreichen geweihten Stellen knieten, tauschte er selbst höfliche Grüße und Versicherungen der Freundschaft mit den Sarazenen und veranstaltete zu seinem Vergnügen Wettgespräche, in denen die Weisen aus dem Morgen- und Abendland mit den schärfsten Waffen ihrer Dialektik und Rhetorik gegeneinander kämpfen mußten. Heimlich aber blieb sein Sinn auf die Heimkehr gerichtet, denn was er längst befürchtet hatte, war geschehen, sein Erbland, das Königreich Sizilien, war von einem päpstlichen Heere überschwemmt.

Die Ritter des Herrn Ivo hielten sich auch in der Heiligen Stadt gesondert von den übrigen unter traurigen Gedanken, und Henner fand seinen einzigen Trost in den Reden seines Gesellen Lutz, welcher fest an der Meinung hielt, daß ihr Herr noch am Leben sei. Auch aus Jerusalem ritten die beiden täglich zu der Straße, welche von Norden heranführte, sie hatten ihren Sitz auf hohem Felsblock gewählt, von dem sie ein weites Land übersahen. Dort begann einst Lutz: »Ich rate, Marschalk, daß wir bisweilen an das Heil unserer Seelen denken, damit wir nicht den Segen verlieren, der dem Pilger zuteil wird, wenn er an den heiligen Stätten kniet.«

Doch der Marschalk entgegnete finster: »Tut Ihr, was Euch frommt, ich aber vertraue, daß die Heiligen mein Gebet auch von diesem Stein erhören werden. Denn ich habe nicht viele Bitten an sie zu richten, sondern nur die eine, daß ich bald ebendahin fahre, wo mein Herr weilt, sei es auf Erden oder im Himmel oder sonstwo.«

Am Tage vor seiner Abreise ritt Friedrich mit Hermann von Salza aus den Mauern von Jerusalem. »Hier ist meine Arbeit getan«, begann er, »eine härtere erwartet uns in der Heimat. Das Banner des Kaisers weht über der Heiligen Stadt und die Abendländer können auf den heiligen Steinen ihre Knie wund reiben, ohne von den Ungläubigen gemißhandelt zu werden. Ich habe für mich und meinen Sohn die Krone vom Altar gehoben, und dich und deine Brüder habe ich ansehnlich gemacht vor den Leuten; ich höre, die deutschen Ritter drängen sich jetzt an die Pforten deines Hauses, um bei euch die Gelübde abzulegen. Beide haben wir gewonnen, was die Herzen der Gläubigen an uns fesseln muß, und die hohe Meinung der Welt soll uns Bürgschaft werden für künftige Siege. Wir brauchen Sie, Hermann«, fuhr er mit düsterm Lächeln fort, »denn in Wahrheit reitet jetzt der Kaiser neben dir als ein König ohne Land. Und ich würde teuren Preis dafür bezahlen, wenn ich mit dir auf dem Zaubermantel eines weisen Meisters nach Italien fliegen könnte, denn mir brennt das Herz darnach, an meinen Feinden Rache zu nehmen. Wer sind jene«, unterbrach er sich, nach[655] der Höhe weisend, »die über dem Grabe der alten Kaiserin Helena die Speerwache halten?«

»Es sind die Dienstmannen des edlen Ivo«, antwortete der Meister ernsthaft, »sie wollen der Hoffnung nicht entsagen, daß ihr Herr zurückkehre.«

Friedrich ritt an die Traurigen und sprach zum Marschalk: »Vergeblich war alles Hoffen, ihr Treuen; gern werde ich selbst euch in meinem Dienste behalten, in Italien habe ich scharfe Arbeit für eure Schwerter. Auch Held Ivo würde mir seine Waffe gegen die welschen Feinde nicht versagt haben.«

Henner antwortete mit bebender Stimme: »Möge der Majestät des Kaisers alles wohl gelingen. Uns zürnt nicht, wenn wir noch hier beharren, bis wir untrügliche Kunde erhalten, ob unser Herr aus dieser Welt geschieden ist. Denn ganz Verworrenes reden die Leute. Wir aber meinen, daß er uns in diesem Lande finden muß, wenn er dennoch zurückkehrt, und wenn die Kunde erschallt, daß er irgendwo am Leben ist, so müssen auch wir zur Stelle sein, um sie sogleich zu vernehmen. Sobald wir unserer Pflicht gegen das Kreuzheer enthoben sind, denken wir nordwärts zu reiten, und selbst im Grenzlande zu suchen.«

Da gebot der Kaiser, daß sie sich noch bei seinem Kämmerer melden sollten, um Reisegeld zu empfangen, und sprach traurig zu Hermann: »Dies ist das Land, wo sich jeder für seinen Glauben unsinnig gebärdet. Aber das törichte Vertrauen dieser zwei armen Männer ist ehrwürdiger als manches Pochen auf hohe Verheißung.«

Quelle:
Gustav Freytag: Die Ahnen. München 1953, S. 627-656.
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