Zweiter Zeitraum

[147] (Der innre Hof von Mahomeds Hause.)


(Mahomed lehnt sich gedankenvoll an einen Baum.)


Das Chor.


Erstes Chor.


Verbraußt sind die Stürme,

Die schäumenden Wogen,

Sie senken die Häupter,

Und schlummern wie Kinder

Im Schooße der Tiefe

In schweigender Ruh.


Zweites Chor.


Der glänzende Mond steigt,

Empor an die Himmel,

Und spiegelt sein Antlitz

Im Busen der stillen,

Der lächlenden Fluth.


Erstes Chor.


Nicht brausende Wogen

Zerreißen sein Bildniß

In schimmernde Funken,

Gar treulich gespiegelt,

Erblickt er sein Lächlen

Im Herzen der Fluth.


[148] Nahlid, Othmann, Ali, die Vorigen.


Mahomed.


Seyd mir willkommen, meine Freunde! Wackrer Othmann! Du, tapfrer Ali, Bändiger der Starken! Du, du, mein lieber Nahlid! Seyd mir alle drei gegrüßt.


Ali.


Du hast uns herbeschieden, was gebietest du?


Mahomed.


Höre! gehorcht! Der Geist hat zu mir gesprochen: Mahomed, kämpfe wider die Abgötterei. Wie nun Gott mir geboten hat, so gebiete ich dir, wirf die schändlichen Götzen, den Lath und Ozza von den Altären des großen Tempels, daß das Heiligthum rein werde, denn ich betrete nicht die Stätte, die von Abgötterei besudelt ist.


Ali.


Dein Wille soll geschehen.


(ab.)


Mahomed.


Und du, Othmann! zieh hin gen Medina, verkündige dem Volk dort: Es ist ein einziger Gott, in dem Himmel und Erde und alle Dinge sind, und Mahomed ist sein Prophet.


(Er reicht ihm ein Pergament.)


Hier, dies Blatt wird dir ferner sagen, was du dort sollst.


(Othmann ab.)


Nahild.


Allen giebst du Aufträge, alle andern dürfen für dich arbeiten, nur ich allein bin dir unnütz?


Mahomed.


Mir ist wohl in deiner Gegenwart, darum bleibe in meinem Hause; laß andre meine Thaten thun, erfreue du mein Herz.

Kadischa, die Vorigen.

Kadischa.


Du bist wieder zu Hause, mein theurer Gemahl? O laß mich immer die Stunden deiner[149] Muse theilen. Du scheinst mir so froh bewegt? Sag, darf ich wissen, was dich vergnügt, daß deine Freude größer werde durch den Zusatz der meinigen?


Mahomed.


Einst, da meine Söhne starben, da war ich sehr traurig, jetzt sind sie mir auferstanden, darum bin ich fröhlich. Gott hat mir die Völker dieser Erde zu Erben meiner Thaten gegeben, hier meinen Nahlid und den tapfern Ali, zu Kindern meines Herzens.


Kadischa.


Wenn du so große Liebe für deine Freunde trägst, mein Gemahl! was wird dir übrig bleiben für Kadischa?


Mahomed.


Die Sonne erwärmt den Orient mit ihren Strahlen, glaubst du, sie werde zu arm seyn, dem Occident zu leuchten?


Kadischa.


Nein, mein Gemahl! sie wird auch ihn erfreuen.


Mahomed.


Darum sey ruhig, Kadischa! viel Sorgen drängen sich zu mir, keine wird vergessen.


(Nahlid setzt sich und liest in einer Pergamentrolle.)


Kadischa.


Mein Herz ist mir so schwer, und ich sollte doch fröhlich seyn! Ist Mahomed nicht mein Gemahl? Und ist mein Gemahl nicht der größte der Menschen? Aber auch in der größten Gefahr; mein Herz wiederholt das so oft, so ängstlich, daß es meinen Muth fast überwältigt.


Mahomed.


Fürchte nichts, die That bedarf meiner, ich werde also jetzt nicht sterben.


Kadischa.


Es giebt mehr Uebel noch, als den Tod.


[150] Mahomed.


Doch so viel Mittel als Gefahren. Der Geist wird mir andeuten, was ich meiden soll.


Kadischa.


Spricht er dir immer? Ist dir immer alles offenbar, was dir zu wissen nützlich wäre?


Mahomed.


Sey ohne Furcht, Kadischa! Doch, ich höre kommen, geh! ein andermal sollst du erfahren, was dir zu hören frommt.


(Kadischa ab.)


Mahomed, Omar, Nahlid.


Mahomed.


Du, Omar, hier? Sey mir willkommen.


Omar.


Wenn du wüßtest, warum ich komme, du würdest mich nicht willkommen heißen. Wisse! ich fodere Rechenschaft.


Mahomed.


Das geziemt dir nicht, Omar!


Omar.


Es ist dir nicht genug, daß du abtrünnig deine Götter verlässest und dem Gesetz Hohn sprichst; nicht genug, daß du das Volk zum Abfall reizest, nein, meine Klage geht mich selbst noch näher an, du hast meine Schwester, die ich liebe, wie das Sehen meiner Augen, bethört, daß auch sie die Götter ihres Landes verläßt und deinen Mährlein nachjagt.


Mahomed.


Ist das alles, was du mir zu sagen hast?


Omar.


Nichts weiter, als daß ich dir fluche.


Mahomed.


Ich danke Gott, daß er deine Schwester durch mich vom Tode der Seele erweckt hat; und weinen möchte ich über deine Blindheit.


[151] Omar.


Ist das deine ganze Entschuldigung?


Mahomed.


Wollte ich mich denn entschuldigen? Wer machte dich das glauben?


(er will abgehen.)


Omar.


Nimm dies für deinen Uebermuth mit.


(Er zuckt den Dolch nach ihm, aber der Dolch entfällt seiner Hand. Pause.)


Mahomed.


Wahrlich, ich sage dir, Omar! mir ist nicht bestimmt durch deine Hand zu fallen.


(ab.)


Omar.


Der Augenblick war günstig! warum lebt er noch? Sonderbar – mein Arm zitterte, meinem Auge schwindelte, ich konnte es nicht vollbringen!


(Pause)


Du noch hier, Nahlid? ich bemerkte dich nicht, was liesest du so eifrig?


Nahild.


Ich lese eine Verkündigung aus dem heiligen Koran.


Omar.


Das sind wohl die Reden eures Mahomed? Laß sehen!


(Er entreißt ihm das Pergament und liest.)


»Ich habe das Wort des Heiles an dich gelangen lassen, nicht um dich im Genuß der irrdischen Güter zu stören; ich verkündige die Barmherzigkeit des Gottes, der die Welten gerufen hat zum Daseyn, und der sein Licht ausgießt über die Himmel.«

Sage, Nahlid! sind das wirklich die Worte deines Propheten?


Nahild.


Zweifle nicht, es sind Mahomeds eigne Worte.


[152] Omar.


Sollte Mahomed so reden können? Ich erstaune! – Laß mich dies Blatt mitnehmen, Nahlid!


Nahild.


Thue damit, wie du willst.


(beide ab.)


Erstes Chor.


Erstaunt seh ich des Sehers Thaten,

Ja, viel bedenkend seh ich sie,

Denn eines kann ich nicht errathen,

Und eins begreif ich ewig nie;

Er scheint mir unbedacht, getrieben

Vom Geist und selber willenlos;

Gehorchend jenen dunklen Trieben,

Erzeugt in der Begeistrung Schooß;

Dann seh' ich staunend, wie er findet

Besonnenheit und Mittel leicht;

Wie er der Menschen Herz ergründet

Und klüglich ihren Willen beugt.

Die Klugheit ist der Sinn der Erde,

Doch der Verzückte kennt sie nicht,

Gebrechlichkeit ist ihr Gefährte,

Der Gotterfüllte braucht sie nicht.


Zweites Chor.


Nicht Ueberlegung ist sein innres Leben,

Er sinnt nicht lange was und wie er will,

Er thut, wie der Moment ihm eingegeben,

Und Gottes Wille ist ihm sein Gefühl;

Sein Seheraug' zeigt ihm der Herzen Gründe,

Lebend'ges Seyn entsprudelt seiner Brust,

Er findet Pfad in jeglichem Gewinde,

Er handelt klug und wird sichs nicht bewußt.


[153] (Ein Vorhof der Kaaba.)


Mahomed, Sofian, Abu-Taleb, Omar, Kaleb und Volk.


Sofian.


Du, Mahomed, giebst dich für einen Propheten aus, du sagst, der Gott der Israeliten und der Christen habe dich zu uns gesandt; wenn es wahr ist, so bekräftige deine Sendung durch Wunder. Ich schwöre dir, wir wollen dir glauben, wenn du in der Wüste einen Garten blühen lässest, oder dem Berg Thaur gebietest, daß eine Quelle in seinen Felsen entspringe.


Mahomed.


Der Gott, der die Himmel trägt, umgiebt euch mit Wundern, er kann größere thun, als die, welche ihr begehret. Aber ich bin nur ein Mensch, gesandt, die Thore des Himmels für euch aufzuthun. Was würde es euch helfen, wenn ich dem Thaur Quellen sprudeln hieße, oder der Wüste geböte, sich grün zu bekleiden, würde darum die Wahrheit wahrer, oder das Schlimme gut werden? Ein böser Geist könnte mir die Macht gegeben haben, solches zu thun.


Kaled.


Wenn du, o Mahomed, ein Seher göttlicher Geheimnisse bist, so beantworte mir eine Frage. In den heiligen Büchern der Juden stehet geschrieben von einem großen Ueberwinder, der da kommen und sich den Aufgang und Niedergang unterwerfen würde. Sage uns, wer ist dieser Ueberwinder?


Mahomed.


Ich will es dir sagen, Kaled! höret[154] mir zu, ihr Männer von Mekka! Es liegt ein Land auf dem Herzen der Erde, die Meere umpfangen es brünstig mit ihren Armen und seine Bäche fließen glänzend wie Silber, und süß, wie Honig, durch die Ebenen. In der Wüste dieses Landes erzeugte der Hauch des Himmels einen Knaben, der bald heranwuchs zum starken Manne; sein ungeheures Haupt war mit dichten Schleiern bedeckt, und sein Kleid rosinroth, wie das Blut der Opferthiere; er saß auf einem Stuhle, den Cherubim trugen, in seiner Linken hielt er eine Gesetztafel, in seiner Rechten ein güldenes Zepter und hundert Lippen sprachen Worte der Weissagung unter seinen Schleiern hervor. Aber die Kinder der Welt traten zu ihm, zerbrachen die Tafel in seiner Linken und entrissen seiner Rechten das güldene Zepter; da veraltete der Mann auf dem Stuhle, er ward schwach und die Lippen der Weissagung verstummten. Aber Gott gebot, da erwuchs ihm ein Sohn, der hatte nur ein Auge, das er immer gen Himmel richtete und die Erde nicht sehen konnte; sein Herz war sehr groß und voll weicher Tropfen; in seiner Linken trug er eine Dornenkrone, in seiner Rechten ein Kreuz, und so durchwandelte er die Erde, wie ein Pilgrim, der an den Hütten der Dürftigen und Niedern anklopft. Und Gott gebot abermals, da erwuchs dem Greise noch ein Sohn, der ist groß und stark, er hat zwei Augen, das eine richtet er gen Himmel, das andere zur Erde; zwei Hörner, gekrümmt wie[155] die Sichel des Mondes, sind auf seinem Haupte, das Mark des Löwen ist in seinen Gebeinen, und in der einen Hand trägt er ein Buch, in der andern ein Schwerdt; dies ist der Held, von dem geschrieben steht: Er wird sich den Niedergang unterwerfen bis zum äußersten Westen, wo die Sonne untergeht in einem Meer von Dunkelheit, und er wird sich den Aufgang unterwerfen bis zu den Völkern, über deren Häuptern die Sonne senkrecht steht. Dies ist der Ueberwinder. Einst wird es euch klar werden nach dieser Zeit, jetzt aber bleibt es euch noch dunkel.


Sofian.


Es geht eine Sage im Morgenlande: Etliche Jünglinge hätten die Wahrheit der Sendung des Jesus von Nazareth im Lande Palästina unter den Heiden bezeuget, da sich aber eine Verfolgung gegen die Secte von Nazareth erhob, hätten sich die Jünglinge in eine Höhle verborgen und da geschlafen; als sie aber erwacht seyen, wäre ihr Land so verändert gewesen, daß sie es nicht mehr erkannt hätten. Sag' uns, Mahomed! ist diese Geschichte wahr? Wie viel Jünglinge waren es, und wo schliefen sie?


Mahomed.


Die Geschichte ist wahr, wie ich sie euch erzählen werde, merkt auf, ihr Männer von Mekka! Jenseits der Meerenge, im großen Lande Lybia, hatte ein Vater sieben Söhne, die sandte er zu wandlen von Mittag gen Mitternacht, und sie gehorchten ihrem Vater und wandelten in der Richtung,[156] die er ihnen befohlen hatte. Sie verkündigten die Güte Gottes durch vielerlei Wohlthat, die sie den Menschen erwiesen, sie tränkten die Durstigen und speisten die Hungrigen, sie kühlten den vor Hitze Verschmachtenden und waren freundlich den Kindern der Menschen. Aber es erhob sich eine große Hitze der Verfolgung wider sie, da fürchteten sich die Jünglinge und sprachen zu einander: Wenn wir mächtig wären, wie unser Vater in der Mitte seines Lebens, so würden wir dem Feinde widerstehen, aber die Kraft unsers Erzeugers ist vertheilet in uns sieben, lasset uns weichen vor dem, dem wir nicht widerstehen mögen. Und die sieben verbargen sich in die Höhle unter dem Sande, und verharrten da, bis die Verfolgung vorüber war; dies wurden sie aber gewahr, als ihr Hund, den sie Anubis nannten, früh erwachte und daherlief vor dem Aufgange der Sonne. Dies ist die wahrhafte Geschichte der sieben Brüder.


Omar.


Noch eine Frage beantworte uns, o Mahomed! Du lehrest deine Schüler, die Seelen der Menschen stürben nicht im Tode, sie kämen in ein Land über dem Grabe. Wie kann aber dies seyn, da doch der Puls im Grabe erstarrt, das Herz aufhört sich zu bewegen, das Auge sich schließet und Verwesung alles verzehret?


Mahomed.


Die Seele des Menschen stirbt nicht mit dem Tode des Leibes, sie verlässet ihn, wenn sein Leben aufgehöret hat; und wenn es die Seele[157] eines Frommen ist, so steigt sie empor in den Raum der Gestirne und bildet sich einen Körper aus Luft; dieser neue Körper hat alle Sinne wie der vorige, nur in einem noch höhern Grade; er wird nie müde, kennt keine Schmerzen und ist voll ewiger Gesundheit, Leben und Jugend. Mit diesem Körper kommen die Gläubigen in das Paradies, den Ort, den Gott für sie bereitet hat, um sie ewig zu erfreuen.


Omar.


Wie aber kannst du dies alles wissen? Nie kam ein Todter zurück, nie sprach das Grab.


Mahomed.


Auch meine Seele war einst von Zweifeln umgeben, Irrthum ängstete meinen Geist; da bat ich zu Gott, er möchte mich erleuchten, und als ich eine Stunde so gebetet hatte, kam der Engel des Herrn zu mir, sein Haupt erreichte die Wolken und seine Stimme war wie das Rauschen der Wasserbäche, die von hohen Felsen herabstürzen. Ich fürchtete mich sehr, aber der Engel hieß mich getrost seyn, er ergriff meine Hand und nahm mich mit sich fort durch den unermeßlichen Raum, bis wir an ein Thor kamen, das da glänzte wie Morgenroth; es that sich auf, und ein Licht, siebenmal glänzender, als das Licht der Sonne, strahlte uns entgegen; verblindet wären fast meine Augen, wenn der Engel mir nicht einen Brunnen gezeigt hätte. Ich beugte mich und schöpfte Wasser, das Wasser aber war purpurroth, und als ich davon getrunken hatte, konnte ich den Glanz dieses Ortes ertragen; der Engel aber sprach zu mir: Dies ist das Paradies,[158] das Gott den Frommen aufbewahret hat, sie nach dem Tode ewig zu erfreuen. Wir gingen weiter, und überall blühten die schönsten Blumen, goldne Früchte glühten unter dunklen Zweigen, die Luft war lau und wohlriechend, wie Wellen von Balsam; der Gesang melodischer Vögel mischte sich in das wohlklingende Rauschen der Bäche, die sich in blumichte Thäler stürzten; alle Farben von Licht ergossen sich bald in breiten Strömen durch die Gegend, und schöne Mädchen, blühend wie der Frühling und voll warmen Lebens, wie der Sommer, bargen sich in die Schatten der Wälder und traten dann wieder lächlend hervor, bald tauchten sie unter in den Silberseen und hoben sich dann wieder aus den Wellen empor, wie Sonnen aus dem Osten. Aber viel Herrlichkeit und Schönheit, die ich dort gesehen, kann ich euch nicht beschreiben, denn über aller Menschen Worte groß ist die Wonne, die dort der Gläubigen wartet. Als der Engel mich aber wieder zurückgeführet hatte zur Erde, sprach er zu mir: Prophet! gehe hin zu den Völkern in Arabia, und verkündige ihnen, wie groß die Barmherzigkeit Gottes sey, sage ihnen aber auch, wie das Verderben die Ungläubigen und Gottlosen verzehren werde, wie die, die es jetzt verschmähen, der Gläubigen Brüder zu seyn, bald ihre Sclaven werden sollen. So sprach der Engel zu mir, und ich sage es euch mit seinen Worten, auf daß ihr hören, glauben und leben möget.


[159] Einige Stimmen.


Wahrlich, Mahomed ist ein Prophet, lasset uns an ihn glauben.


Andere Stimmen.


Ja, er ist ein Prophet, ein Seher.


Sofian.


Du hast wohlgesprochen, Mahomed! wir werden dem hohen Rathe dieser Stadt deine Antworten hinterbringen.


Mahomed.


Thut wie ihr wollt.


(Er geht ab, ein Theil des Volks folgt ihm, der andere verliert sich nach und nach.)


Sofian.


Was ist nun zu thun, ihr Freunde? Ihr sehet, vergeblich ists, ihn aus der Fassung bringen zu wollen.


Kaled.


Ich hoffte, unsere Fragen sollten ihn verwirren, ihn dem Volke in seiner Blöße zeigen, aber er siegt, wir behalten die Schande.


Sofian.


Warum habt ihr mir nicht geglaubt? Ich sagte es euch, solche Mittel sind zu gelinde, denn er spielt den Propheten nicht nur um ihn zu spielen, o nein! er spielt ihn um des Gewinnes halben.


Abu-Taleb.


Es ist nicht so, wie ihr sagt, Sofian! sein Herz ist rein, ich weiß es.


Kaled.


Ihr, Abu-Taleb, könnt hier nicht für unpartheiisch gelten.


Abu-Taleb.


Ich kanns, denn ich bin keiner seiner Jünger.


Sofian.


Ihr seyd so stumm, Omar! gebt doch auch eure Meinung.


Omar.


Ich bin heute nicht zum Rathgeben aufgelegt,[160] ihr seyd weise Männer, beschließet ohne mich, was euch gut dünkt.


(ab.)


Sofian.


Seltsam – sehr seltsam!


Kaled.


Sehr seltsam? und ich fürchte fast –


Sofian.


Laßt uns doch etwas beschließen; seyd nicht so besorgt, ihr Männer! Omar ist leicht bewegt, fürchtet nichts, ich kenne ihn.


Kaled.


Rede du zuerst, weiser Sofian!


Sofian.


Nun so merket auf. Mahomed ist ein Unkraut, das, wenn es nur abgemäht würde, neue Sprossen und eine neue Krone treiben würde, darum sag' ich, verbannt ihn nicht, verbannen wäre wie abmähen, und abmähen würde nur dem Augenblick helfen. Ich wiederhole es euch, er ist ein giftiges Unkraut, das den schönen Garten dieses Landes verdirbt, darum hinweg mit ihm, tödtet ihn, sein Leben ist unser Tod, reißt ihn mit der Wurzel aus, daß alle gerettet werden, mag einer verloren werden.


Abu-Taleb.


Fürchtest du nicht, o Sofian! die Rache des Himmels im Haß und Abscheu der Menschen, da du es wagst, deinen unschuldigen Mitbürger durch ein blutgieriges Wort zu verderben? Hüte dich, dies mörderische Wort noch einmal auszusprechen. Rede du, Kaled! du wirst gerechter seyn.


Kaled.


Auch ich sage wie Sofian, Mahomed ist ein fressender Schade unserm Lande, unserer Religion, unserer Verfassung. Darum verbannet ihn mit all' seinen Anhängern, wir wollen nicht seine Wurzeln[161] ausreißen, aber sie werden verdorren im Unglück, und die Blutschuld kommt nicht über unsere Häupter; darum sag' ich, verbannet ihn aus Mekka.


Abu-Taleb.


Wie seyd ihr hart, ungerecht und von Haß regiert, ihr Männer! Was hat Mahomed gethan, daß er Tod oder Verbannung verdiente? War sein Wandel nicht immer gerecht? War er nicht immer freundlich den Niedern, großmüthig seinen Feinden und barmherzig den Dürftigen? Warum laßt ihr ihn nicht glauben, was er will? Warum vergönnet ihr ihm nicht, die zu Schülern und Freunden anzunehmen, die ihm angehören, und deren Geister sich nach ihm ziehen?


Sofian.


Wenn wir das alles dulden wollten, was du unbedachter Weise von uns foderst, so würde Mekka bald aufhören Mekka zu seyn, der Geist der Zwietracht und der Partheisucht würde wie ein ätzendes Scheidewasser alle Adern des Staatskörpers durchlaufen und ihn auflösen. Nein, Abu-Taleb, dein Wille kann nicht geschehen, denn du bedenkst das Wohl deines Landes sehr schlecht.


Kaled.


Ich gehe und benachrichtige die Väter dieser Stadt von dem, was hier vorgefallen ist.


Sofian.


Und mein erstes und letztes Wort, das ich dem hohen Rathe sagen werde, ist: Tod dem Mahomed! Du, Abu-Taleb! schicke dich in die Zeit, es ziemt einem weisen Manne wohl, sich zu vergessen, wenn von der Rettung aller die Rede ist.


Alle ab.


[162] (Ein Hof in Mahomeds Hause.)


Kadischa, das Chor.


Erstes Chor.


Wolken versammeln sich in der Bläue,

Lagern sich um die Berge herum,

Wogen erheben sich schäumend im Meere,

Drückend hauchet die schweflichte Luft.


Kadischa.


Zu eng wird mir im Hause, die Luft, statt mein Leben zu nähren, will mich ersticken, sagt, ihr Männer! was will diese Unruhe an mir?


Zweites Chor.


Der Sturm ists, der von Norden brauset, –

Doch niedre Blumen knickt er nicht,

Er beuget gern der Bäume Wipfel,

Die stolz auf hohen Bergen stehn.


Kadischa.


Wollt ihr mich vorbereiten auf ein Unglück, das dem theuren Haupte Mahomeds droht? Ihr schweigt; ich les' es doch in euren Mienen und meine Seele ahndet die Gefahr.


Abu-Taleb, die Vorigen.


Abu-Taleb.


Ist Mahomed nicht hier? viel Wichtiges hab' ich ihm zu sagen, laß ihn suchen, Kadischa.


Kadischa.


Sogleich, mein theurer Oheim! Ha! Da ist er schon selbst.
[163]

Mahomed, die Vorigen.


Abu-Taleb.


Nun, Mahomed! Die Zeit ist gekommen, vor der ich dich gewarnt habe. Was Wunder auch! Hast du nicht dem Verderben zugerufen: Verschlinge mich? und dem Unglück: Jage mir nach! Es ist nun so weit gekommen, daß nur ein einziges Mittel dich noch retten kann, und dies ist: Widerrufe, was du dem Volke gelehret hast.


Mahomed.


Es ist so schändlich als unmöglich.


Abu-Taleb.


Nun so schwöre mir, daß du deine Lehre nicht weiter ausbreiten willst; ich versuche dann, dich auf diese Bedingung noch zu retten.


Mahomed.


Wenn ihr mir den Erdkreis geben wolltet, auf daß ich die Wahrheit Gottes den Völkern verschwiege, und wenn mir der Tod unvermeidlich wäre, wenn ich fortführe den Willen Gottes zu verkündigen, so würde ich lieber sterben im Gehorsam gegen den Geist, der meinem Geiste gebietet, als König der Welt seyn und ein Abtrünniger.


Abu-Taleb.


Der Senat ist versammelt, um über dich zu richten, wahrscheinlich wird Verbannung über dich ausgesprochen.


Mahomed.


Verbannung ist ein hartes Wort; traurig ists, wenn der Sohn wie ein Uebelthäter hinausgestoßen wird in die fremde Welt; und doch, ist nicht überall der Himmel über mir, was kann ich fürchten?


[164] Ali, die Vorigen.


Ali.


Sprich, mein Vater! ist Mahomeds Schicksal entschieden?


Abu-Taleb.


Ja. Wisse Mahomed! das Schrecklichste bleibt mir noch zu sagen übrig, ich hoffte dich zu bewegen, ohne dir das Aeußerste zu sagen, aber dein Starrsinn zwingt mich, dir alles zu entdecken. Der hohe Rath konnte nicht einig werden über dein Schicksal, da ergrimmten deine bittersten Feinde, besonders Sofian und Abu-Johl, sie verschworen sich, dich in dieser Nacht zu ermorden.


Ali.


Die schändlichen Verräther, Fluch treffe sie.


Abu-Taleb.


Zehen der angesehensten Männer sind unter den Verschwornen; Al-Abbas, der mit mir war im Blutrath, und nicht einwilligen wollte in die Schandthat, hat es mir gestanden. Du bist verloren, ohne alle Rettung verloren, wenn du nicht fliehest, und zwar noch in dieser Stunde; denn deine Verfolger werden sich in der Abenddämmerung in dein Haus versammlen und dir das Entrinnen unmöglich machen; geh' also noch diesen Augenblick, wenn du nicht widerrufen willst.


Mahomed.


Undankbares Mekka! Ich will in die Wüste fliehen und mich dort verbergen, bis der Sturm vorüber ist.


Ali.


Und ich begleite dich in Tod und Gefahr.


Abu-Taleb.


Auch du willst mich verlassen, mein Ali! mein theurer Sohn!


Ali.


Mächtiger als andere Liebe ist die für den[165] Mahomed, ich kann ihn nicht verlassen, und wehe dem Moslem, der den Propheten jetzt verläßt. Ich gehe, Mahomed! und verkündige deinen Freunden deine Gefahr, in der du schwebst, sie werden dich alle begleiten wollen.


(ab.)


Abu-Taleb.


Meine Seele ist voll Jammer über dein Geschick. Siehe deine Kadischa an, ihre Augen sind voll Thränen, sie kann nicht reden, nur seufzen; ach! uns alle könntest du so leicht durch ein Wort wieder glücklich machen.


Mahomed.


Geh', Kadischa! sey standhaft und lebe wohl.


Kadischa.


Ich werde einen tiefen Schmerz unter meinem Herzen tragen und seine Geburt wird mich tödten. – Lebe wohl denn, mein theurer Gemahl.


(ab.)


Mahomed.


Ich bitte euch, mein Oheim! seyd der Vater, der Tröster meiner Kadischa; freudiger trenne ich mich von euch, als von ihr, denn euch werde ich wiedersehen, sie nimmer.


Abu-Taleb.


So lebe denn wohl! ich will indeß für dein Wohl arbeiten; vielleicht gelingt es mir in deiner Abwesenheit, deiner Feinde Wuth zu dämpfen, schon ihr Mordanschlag wird ihre Sache verdächtig und verhaßt machen, die Haschemiden sind dir geneigt, und viele im Volke erinnern sich noch dankbar deiner vorigen Thaten.


Mahomed.


Gehabt euch wohl, mein Oheim!


(Die Chöre und beide ab.)


[166] (Ein freier Platz vor dem Thore von Mekka.)


(Es versammlen sich viele Anhänger von Mahomed, dann kommt Mahomed, Nahlid, Ali und die Chöre.)


Ali.


Ohne Leid verlasse ich diese gottlose, verfluchte Stadt, die den Propheten Gottes hinausstößt in die Wüste; Mord und Zwietracht müssen verheerend durch ihre Straßen gehen, und Feuer und Schwefel mögen herunterfallen auf dies schändliche Gomorra.


Mahomed.


Fluche deiner Vaterstadt nicht, sie ist heilig, ein Pfand des Glücks, eine Palme des Siegs, ein köstlicher Diamant in der Krone der Erde.


Nahild.


Deine Freunde sind versammelt, o Mahomed! sie kennen deine Gefahr.


(Alle drängen sich um den Mahomed.)


Mahomed.


Meine Freunde! Der Augenblick ist gekommen, da der Himmel eure Treue prüfen will. Meine Feinde haben sich verschworen, mich unter der Hülle der kommenden Nacht zu ermorden, verloren wäre ich gewesen, wenn nicht Gott einen edlen Koreschiten erweckt hätte, mich zu warnen; ja, gepriesen sey die Allmacht unseres Gottes, der einen Retter für seinen Propheten selbst in dem Rathe der Ungläubigen zu finden wußte. Grimmiger und rachsüchtiger werden täglich meine Feinde, ich muß euch daher und die heilige Stadt Mekka verlassen, wenn ich den Koran noch ferner vertheidigen will. Ihr werdet nun allein seyn unter Feinden und Ungläubigen, und meine Stimme wird euch nicht erreichen;[167] schwört mir aber bei unserm Gott, bei dem heiligen Bethaus auf der Höhe Moria und bei dem Grabe unsers Stammvaters Ismael, daß ihr dem Koran treu bleiben wollt in eurem Glauben und eurem Wandel, schwört es mir.


Alle.


Wir bleiben nicht bei deinen Feinden, wir wollen nicht wohnen unter den Gottlosen.


Mahomed.


Wie, meine Freunde! ihr wollt Mekka und alles, was ihr dort besitzet, verlassen? Wollt euch mit mir bei Tage verbergen in Wälder und Gebirge, bei Nacht die Pfade der Gefahr mit mir suchen?


Alle.


Was dir widerfährt, das soll auch uns begegnen, wir wollen alle deine Schicksale theilen.


Beide Chöre.


Liebe meiden,

Haß verdienen,

Wollust fliehen,

Noth erdulden,

Ehre lassen,

Schmach erwerben,

Reichthum spenden,

Armuth haben,

Alles wollen wir für dich.


Ali.


Wir müssen mit dir ziehen, gieng es auch in den Tod, meine Brust sey dein Schild, mein Schwerdt dein Lebensengel.


Mahomed.


Heute, da ich ein heimatloser Flüchtling werde, da ich alles verlassen muß, was sonst den Menschen theuer ist, heute werde ich reicher,[168] glücklicher durch eure Liebe, als meine Widersacher durch ihren Sieg.


(Er will abgehen.)


Halima, die Vorigen.


Halima (Sie nähert sich furchtsam und wirft sich vor Mahomed nieder.)


Schwöre mir, großer Prophet! mich mit dir zu nehmen und mich zu beschützen wie ein Heiligthum, schwöre es mir bei Gott und deinem heiligen Haupte.


Mahomed.


Bist du nicht Halima, die Tochter Sofians, meines Feindes?


Halima.


Ja, ich bins. Doch dein Erstaunen macht mir bange, ist denn, was ich thue, so ungeheuer?


Mahomed.


Ich staune nicht ob deiner That, nein, die Fügung Gottes ist so wunderbar.


Halima.


Vernimm, was mich bewogen hat, dir zu folgen. Seit du wieder in Mekka bist, hörte ich nur des Hasses Lippen deinen Namen nennen, aber auch das, was die Feindschaft von dir sprach, erregte eine tiefe Sehnsucht in mir, dich zu hören, zu sehen; unbemerkt von dir belauschte ich deine Gespräche mit Omars Schwester; die göttlichen Wahrheiten, die von deinen Lippen flossen, fielen wie keimende Samenkörner in mein Herz und wuchsen da empor zu mächtigen Bäumen. Ich betete zu deinem Gott. Wenn die Verfolgung dich lästerte, so übertrug ich ihre Verläumdung in die Schrift meines Herzens, und so wurde der Tadel ein Loblied. Ich zitterte vor deinen Gefahren; deine Feinde wurden mir verhaßt,[169] ja ich wandte mich selbst mit Abscheu von meinem Vater. So lebte ich dir in meiner Einsamkeit, und als ich vernahm, du verließest Mekka, da entbrannte mein Muth, mein Herz wurde groß und ich beschloß dir zu folgen, und lieber Schmach und Verfolgung mit dir zu theilen, als unter deinen Feinden und sündigen Götzendienern zu leben. Schwöre mir jetzt, meine Bitten zu erfüllen.


Mahomed.


Gott! du giebst die Tochter meines Feindes, sein größtes Kleinod, in meine Hand, durch mich soll sie den Weg zum Leben finden! Steh' auf, Halima! Heil wiederfahre dir! und ich schwöre dir bei dem Todesengel, der unsere Thaten aufzeichnet zum Weltgericht, bei diesem schwöre ich dir, ich will dich beschützen und heilig halten wie eine Jungfrau des Paradieses.


Halima (aufstehend.)


Wird nicht Vorwurf meine Seele belasten, weil ich das Alter meines Vaters der Einsamkeit Preis gab, weil ich meine Freunde, meine Verwandten verlasse? Wird nicht Lästerung meinen Namen nennen?


Mahomed.


Du hättest nicht Unrecht gethan, Halima! wenn du bei deinem Vater geblieben wärest; wie die Pflanze wärest du gewesen, die den mütterlichen Boden nicht verlassen kann, wenn ihr auch gleich in der Ferne ein schöneres Land und ein wärmerer Sommer, wo sie schöner blühen könnte, winkte; sie kann nicht fort, sie giebt der Erde das Leben wieder, das sie von ihr empfangen hat. Aber du[170] hast besser gethan, als wenn du geblieben wärest, der Mensch gehört dem Boden nicht an, der ihn erzeugt hat, er darf suchen, was ihm frommt, du hast das Bessere erkannt und gewählt! Laß es dich nie gereuen, daß dir die Bande, die dich an den Himmel knüpften, heiliger waren, als alles Irrdische. Selig sind die, welche um der Wahrheit willen alles verlassen und der Stimme Gottes folgen, die Liebe zu ihm ist die höchste. Betrübe dich auch nicht, daß die Welt deinen Namen lästern wird, wer Großes thut entgeht der Lästerung nicht, denn die Menge ist klein, ihr Maas gering und ihr Urtheil Gebrechlichkeit.


Halima.


Du hast die Sorge von meiner Seele genommen, jetzt folge ich dir mit freudigem Muthe.


(Alle ab bis auf die Chöre.)


Erstes Chor.


Hochheilige Stadt!

Die du im Schooße

Kleinode trägest,

Die zu besitzen

Geizet die ganze

Gewaltige Welt;

Kaabe! dich nenne ich

Feirend vor allen,

Abrahams Wohnung,

Die einst vom Himmel

Engel betraten,

Heilige! du! –

Brunnquell, den einstens

Hagarn gezeiget[171]

Freundlich ein Engel,

Sey mir gegrüßt!

Schwärzlicher Marmor!

Der du bedeckest

Ismaels Asche,

Sey mir gegrüßt! –


Zweites Chor.


Dich soll ich meiden,

Perle des Osten!

Blume der Städte!

Dich soll ich fliehn? –


Beide Chöre.


Zum letztenmal seh ich die Sonne glühen,

Auf deinen Zinnen, vielgeliebte Stadt!

Fern werden trüb' die Zeiten mir entfliehen,

Denn trauervoll ist der Verbannung Pfad.

Ich werde nimmer deine Feste schauen;

Dein Jubelklang erreichet nicht mein Ohr;

Nicht tret ich mehr zum Kreise deiner Frauen,

Und nimmer lausch ich deiner Mädchen Chor.

Lebt wohl denn, Haine! Fluren! der Gebete

Geweihte Freistatt! hohe Kaabe, du!

Der frommen Pilger heilge Zufluchtsstätte!

Zerbrochner Herzen Heil und Trost und Ruh!

Lebt wohl! das Schicksal ruft auf andre Pfade,

Lebt wohl! ihr theuren heimischen Gestade!

Quelle:
Karoline von Günderrode: Gesammelte Werke. Band 1–3, Band 1, Berlin-Wilmersdorf 1920–1922, S. 147-172.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die Betschwester. Lustspiel

Die Betschwester. Lustspiel

Simon lernt Lorchen kennen als er um ihre Freundin Christianchen wirbt, deren Mutter - eine heuchlerische Frömmlerin - sie zu einem weltfremden Einfaltspinsel erzogen hat. Simon schwankt zwischen den Freundinnen bis schließlich alles doch ganz anders kommt.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon