[15] Hier, Schweidniz, schencken dir drey tugendhafte Brüder
Als Zeugen ihrer Pflicht die treuen Abschiedslieder;
Die Einfalt hat sie schlecht und eilends ausgedacht,
Ja, selbst durch ihren Sohn auf dieses Blat gebracht.
Erwege dein Vergnügen,
Beglücktes Vaterland!
Des Himmels Seegenshand
Will dich auf Rosen wiegen,
Dein Unstern ist verband;
Was dich bisher gekräncket,
Wird nun ins Grab gesencket,
Beglücktes Vaterland!
Europa wird erschüttert,
Der Rheinstrom schwillt von Blut,
Weil sich des Mavors Wut
An allen Enden wittert.
Nur uns verschont sein Brand;
Man sieht in diesen Gränzen
Kein blanckes Schwerd mehr glänzen,
Beglücktes Vaterland!
Flieht, bange Mordcometen!
Uns ist die Ruh bescheert,
Und Franckreichs Würgeschwerd
Erreicht nicht die Sudeten.
Der Harnisch ziert die Wand,
Der Degen füllt die Scheide,
Drum sprechen alle beide:
Beglücktes Vaterland!
Die Musen kommen wieder,
Die freien Künste blühn,[38]
Mars wirft die Trommel hin
Und singet Klagelieder.
Da, wo man Palmen fand,
Muß jezt der Lorbeer grünen
Und dir zu Kränzen dienen,
Beglücktes Vaterland!
Dich, Schweidniz, nimmt das Glücke
Vor andern in den Schoos,
Des Himmels Gnadenlos
Baut deiner Wohlfahrt Brücke.
Du trägst der Weißheit Pfand
Von seiner Huld zu Lehne,
Drum rufen deine Söhne:
Beglücktes Vaterland!
Dein Wachsthum soll bekleiben,
Dein Seegen ewig seyn,
Des Glückes Sonnenschein
Soll stets dein Leitstern bleiben!
Dein festes Liebesband
Hat uns bisher gezogen,
Drum sind wir dir gewogen,
Beglücktes Vaterland!
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