Als er von Herrn Raspern in einem schreiben Abschied nahm

[129] Auch du, mein Bruder, wirst von mir

Durch diesen Abschiedsbrief geküßet.

Der Himmel will: Ich muß von hier,

Drum folg ich, wie sein Rath beschließet.

Vergieb mir, was durch mein Versehn

Dir dann und wann zu nah geschehn,

Und las mir allzeit deine Güte!

Verläst mich Freund und Vaterland,

Behalt ich gar nichts in der Hand,

Behalt ich doch ein treu Gemüthe.


Kan meine schlechte Poesie

Dir auch noch in der Fremde dienen,

So soll hinfort durch ihre Müh

Dein Lob in meinen Büchern grünen.

Du kennst mein Elend, meine Noth;

Gott weis, ich wüntschte mir den Tod,

Wofern ich nicht dabey gedächte,

Daß bald ein beßrer Unbestand,


Wer weis durch welches fremde Land,

Mir noch den Glücksstern zeigen möchte.


P.S. Wiltu dich noch gut erweisen,

O so gieb mir was zum Reisen.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 3, Leipzig 1934, S. 129-130.
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