Am Tage Philippi und Jacobi

[267] Epistel Ephes. II. v. 19. etc.


Text


Als Gäst und Fremdling seyd ihr nun

Nicht weiter ausgeschloßen:

Ihr habt der Heilgen Bürgerrecht,

Seyd Gottes Hausgenoßen,

Erbaut auf der Apostel Grund,

Ingleichen der Propheten,

Der Eckstein ist selbst Jesus Christ,

Sonst keiner ist vonnöthen.


In diesem hält der ganze Bau

Recht wohlgefügt zusammen

Und wächst zum Tempel in dem Herrn

Voll reiner Opferflammen.

Auf eben diesen seyd auch ihr

Erbaut und wohl gegründet,

Wodurch auch Gott nunmehr bey euch

Im Geiste Wohnung findet.


Lehre


Du Ursprung deßen, was nur ist,

Gerecht- und weises Wesen,

Du, der du uns von Ewigkeit

Zum Gnadenbau erlesen,

Wie unaussprechlich starck und groß

Ist gegen uns dein Lieben,

Das durch das Blut des Testaments

Uns in dein Buch geschrieben.


Wir waren nicht dein erstes Volck

Noch von der Kinder Saamen,

Die durch die Lenden Abrahams

Ins Land des Seegens kamen:[268]

Wir waren ein verbanntes Volck

Von Ismaels Geschlechte

Und in den Augen Israels

Ein Greuel deiner Rechte.


Aus Hunden macht uns nun dein Sohn

Zu Schaafen seiner Weide,

Zu Brüdern Jacobs und dabey

Zu Erben deiner Freude:

Jezt haben wir das Canaan,

Das droben ist zu hofen,

Nun steht das Allerheiligste

In deinem Tempel ofen.


Weih unser Herz zum Tempel ein

Und räum es von den Gözen,

Die Satan, Welt und Eigensinn

Darein zum Greuel sezen!

Dein Geist bau hier die Wohnung auf

Und bring an diese Stätte

Sein heilig Feuer und den Herd

Durch Andacht und Gebethe!

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Leipzig 1931, S. 267-269.
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