Als er sich wegen seines guten Gewiszens tröstete

[182] O was vor Wollust fühlt mein Sinn,

Nachdem ich schon so würdig bin,

Der Warheit wegen Schmach zu leiden;

Es komme, was verfolgen kan

Und seze mit der Marter an,

Ich troze Feind und Spott mit Freuden.


Von nun an soll mein Fleiß nicht ruhn,

So viel nur möglich recht zu thun,

Wenn solche Lust daraus entspringet.

Der Saz: Ich bin mir nichts bewust,

Der ist ein Felsen meiner Brust,

Wovon mich keine Welle dringet.


Hier schwör ich, großer Gott, vor dir:

(Dein Ohr und Auge zeuge mir,)

Ich hab ein Herz voll Schwachheitssünden,

Doch wirstu solches auch voll Reu,

Ohn Eigennuz und Heucheley

Und gegen jeden redlich finden.


Das ist, ich merck und fühl in mir

Die Neigung sehnlicher Begier,

Mit allen Menschen gut zu leben;

Und wär es mir anheim gestellt,

So wollt ich jedem in der Welt

Das glücklichste Verhängnüß geben.


Gott, rechne mir zu deiner Zeit

Den Vorsaz zur Gerechtigkeit

Und stärck ihn durch den wahren Glauben

Und las ihn meine Tröstung seyn,

Wenn Unruh, Jammer, Angst und Pein

Mir alle Lust auf Erden rauben.
[183]

Dies, was ich oft aus Schwachheit thu,

Das decke mit der Liebe zu,

Die Feind und Neid erkennen müßen.

Mein Leben führ ich kümmerlich;

Du wilst so, ich bescheide mich,

Erhalt mir nur ein gut Gewißen.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Leipzig 1931, S. 182-184.
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