Das gewisze Endlich

[186] Endlich wird die Hofnung, endlich

Einmahl an dem Ziele stehn.

Ist die Welt jezt unerkenntlich,

Kan sie doch wohl in sich gehn,

Wenn die Zeit die Unschuld rettet

Und dem Haupte weicher bettet,

Dem der Neid durch manche Nacht

Schlaf und Feder schwer gemacht.


Die Gewißheit deiner Freude,

Liebstes Endlich, stärckt den Geist,

Wenn die Ungedult im Leide

Muth und Ancker niederreißt.

Seh ich jezt erzürnte Sterne,

Seh ich dennoch in der Ferne

Ein versprochnes Canaan

Von den Unglücksbergen an.


Wurden ehmahls Jacobs Kinder

Von Egyptens Last gepreßt,

War die Marter doch gelinder,

Als die mir das Auge näßt:

Jene kam vom wilden Feinde,

Meine kommt vom nechsten Freunde;

Ach, dergleichen herbe Pein

Dringt zu tief und schmerzlich ein.


Ich verbeiß es doch so lange,

Als mir immer möglich ist.

Judas spinnt zu seinem Strange,

Wenn er falsch und freundlich küst;

Joab muß mit grauen Haaren

Endlich doch noch blutig fahren,

Und der Fall des Simei

Rächt die Majestät noch früh.
[187]

Schminckt, ihr Heuchler, eure Tücke

Noch so heilig, als ihr wollt,

Breitet Blumen auf die Stricke,

Schenckt nur Gift und Tod in Gold,

Dies mein Herz bleibt unaufhörlich

Allzeit so getrost als ehrlich;

Eure Boßheit und mein Heil

Findet endlich doch sein Theil.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Leipzig 1931, S. 186-188.
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