Über die Worte: das ist meine Freude, dasz ich mich zu Gott halte etc.

[238] Ps. LXXIII. v. 28.


Irdische Gemüther

Lieben eitle Güter

Und geschmückte Pracht;

Dies soll mich nicht fangen,

Mein gerecht Verlangen

Nimmt was mehr in Acht.

Fluch und Reu

Und Schmach dabey

Folgt bey Sodoms bösen Schäzen

Auf ein kurz Ergözen.


Eine Lust auf Erden

Macht mir die Beschwerden

Alles Kummers leicht,

Wenn ich nehmlich dencke,

Was mir vor Geschencke

Gottes Liebe reicht;

Seine Treu

Wird täglich neu,

Und die Wollust seiner Güte

Stärckt mein schwach Gemüthe


Dies ist meine Freude,

Die in allem Leide

Furcht und Trauren stillt.

Wenn die Sünde naget,

Wenn das Hauscreuz plaget,

Wenn die Misgunst billt,

Wenn kein Freund

Es redlich meint,

So zerstört doch ihr Betriegen

Niemahls mein Vergnügen.
[239]

Giebt es was zu streiten,

Will die Hofnung gleiten

Und der Muth vergehn,

Herr, du und mein Glaube

Läst mich nicht im Raube

Noch im Unglück stehn.

Mir verspricht

Die Zuversicht,

So ich auf den Höchsten seze,

Reiche Seelenschäze.


Sterben ist Gewinnen,

Es reißt Geist und Sinnen

Aus der ganzen Noth.

Ist gleich Fleisch und Blute

Schlecht dabey zu Muthe?

Nimmermehr, o Tod!

Denn dein Krieg

Verliert den Sieg,

Und aus deinen finstern Ketten

Wird der Herr mich retten.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Leipzig 1931, S. 238-240.
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