An seine Leonore die immer grünende Hofnung

[188] Stürmt, reißt und rast, ihr Unglückswinde,

Zeigt eure ganze Tyranney!

Verdreht, zerschlizt so Zweig als Rinde

Und brecht den Hofnungsbaum entzwey!

Dies Hagelwetter

Trift Stamm und Blätter,

Die Wurzel bleibt,

Bis Sturm und Regen

Ihr Wüten legen,

Da sie von neuem grünt und Äste treibt.


Mein Herz giebt keinen Diamanten,

Mein Geist den Eichen wenig nach;

Wenn Erd und Himmel mich verbannten,

So troz ich doch mein Ungemach.

Schlagt, bittre Feinde,

Weicht, falschen Freunde!

Mein Heldenmuth

Ist nicht zu dämpfen,

Drum will ich kämpfen

Und sehn, was die Gedult vor Wunder thut.


Die Liebe schenckt aus göldnen Schaalen

Mir einen Wein zur Tapferkeit,

Sie spricht, mir guten Sold zu zahlen,

Und schickt mich in den Unglücksstreit.

Hier will ich kriegen,

Hier will ich siegen;

Ein grünes Feld

Dient meinem Schilde

Zum Wappenbilde,

Bey dem ein Palmenbaum zwey Ancker hält.
[189]

Beständig soll die Losung bleiben:

Beständig lieb ich dich, mein Kind,

Bis dermahleinst die Dichter schreiben,

Daß du und ich nicht sterblich sind.

Das Wort Beständig

Macht alles bändig,

Was Elend heist;

Das stärckste Fieber

Geht bald vorüber,

Wenn man nur mit Gedult den Frost verbeißt.


Nur zweifle nicht an meiner Treue,

Die als ein ewig helles Licht,

Wenn ich des Lebens mich verzeihe,

Die Finsternüß der Gräber bricht.

Kein hartes Glücke,

Ja kein Geschicke

Trennt mich von dir;

Du stirbst die Meine,

Ich bin der Deine,

Drum wirf den Argwohn weg und glaube mir!

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 188-190.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gesammelte Gedichte
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte Von Johann Christian Günther (German Edition)

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Das Leiden eines Knaben

Das Leiden eines Knaben

Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon