An seine Magdalis

[36] Mein Kind, ich bin der Huld nicht werth,

Die mir von deiner Hand so häufig widerfährt.

Drum zürne nicht, wenn ich

Mich in dies seltne Glücke

Nicht, wie ich sollte, schicke,

Und glaube sicherlich:

Würdiget dein Gnadenstrahl

Meine Lippen noch einmahl,

Deinen schönen Mund zu küßen,

So werd ich fürchten müßen,

Daß nicht die Wollust dieser Zeit

Durch ihre Süßigkeit

Mir die Lust zum Himmel raube

Und ich der Gegenwart mehr als der Zukunft glaube.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 36-37.
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