Der glücklich gewordene Ehemann

[78] Frontin liebt Hannchen bis zum Sterben;

Denn Hannchen war ein schönes Kind.

Allein je reizender die losen Mädchen sind,

Um desto weniger kann man ihr Herz erwerben.

Frontin erfuhr es wohl. Drei Jahre liebt' er sie;

Allein umsonst war alle Müh'.

Was that er endlich? Er verreiste

Und ging, (was kann wohl Ärgers sein?)

Ging, sag' ich, mit dem bösen Geiste

Ein Bündnis an dem Blocksberg ein;

Ein Bündnis, daß er ihm zwei Jahre dienen wollte,

Wofern er Hannchen noch zur Frau bekommen sollte.

Sie werden hurtig eins und schließen ihren Kauf;

Der böse Geist giebt ihm die Hand darauf.

Und ob er gleich die Welt sehr oft belogen[78]

Und Doktor Fausten selbst betrogen:

So hielt er doch sein Wort genau.

Frontin ward Hannchens Mann, und sie ward seine Frau.


Doch eh' vier Wochen sich verlieren:

So fängt Frontin schon an, den Schwarzen zu zitieren.

»Ach!« spricht er, da der Geist erscheint,

»Ach! darf ich, lieber böse Feind,

Noch einer Bitte mich erkühnen?

Ich habe dir gelobt, für Hannchen, meine Frau,

Zwei Jahre, wie du weißt, zu dienen;

Und dies erfüll' ich auch genau.

Doch willst du mir mein Hannchen wieder nehmen:

So soll mein Dienst ein Jahr verlängert sein.«

Der Böse will sich nicht bequemen.

Drauf geht Frontin die Frist noch zweimal ein;

»Denn«, sprach er bei sich selbst, »so arg du immer bist:

So weiß ich doch, daß Hannchen ärger ist.«

Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 78-79.
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