Siebenter Auftritt.

[82] Amaldi kömmt herein.


LOTTCHEN thut einen Schrei. Ach!

AMALDI. Dieser Schrecken ist der bitterste Vorwurf; aber weg mit ihm, ich komme selbst, um Zum Hausvater. Sie zu bitten, daß Sie möchten das Vorurteil der Natur weichen lassen.

HAUSVATER. Ich habe es schon gethan, sie sind vereint auf immer. Ich dachte, ein ehrlicher Mann zu sein, sei meines Sohns erste Pflicht.

AMALDI. Wohl gesagt, würdiger Mann. Zu Lottchen. Wenn ich Sie vorhin verließ, so war es Bestürzung, Unentschlossenheit; verzeihen Sie mir.

LOTTCHEN. Gnädige Frau!

AMALDI. Und um den Kummer wieder gut zu machen, den ich Ihnen verursachte, ich thue nichts gern halb, erlaube man mir, die Aussteuer der Braut besorgen zu dürfen.

DROMER eilends ab. O, ich muß der erste sein, der diese herrliche That dem ganzen Hof erzählet!

MALER. Gnädige Gräfin, ich gestehe – –


Alle wollen sich bedanken.


AMALDI. Keinen Dank, wo ich eigennützig bin und Vergnügen suche, auch gehe ich. – – Wahrlich, in keinem Gesellschaftssaale habe ich so viel vergnügte Gesichter gesehen – – mich so glücklich gefunden. Ab.

KARL. Es bleibt dabei ein treffliches Weib.

HAUSVATER. Und nun hätte ich einen harten Tag überstanden, Dank dem Gott, der mir Kräfte dazu gab; ich habe dem drohenden Übel in meinem Hauswesen vorgebauet; Gott gebe, daß ich es so erhalte.

MALER. Nun mahnt mich die Liebe zu meiner Tochter, Sie noch an eins zu erinnern – –

HAUSVATER. Ja, unser Wermann fürchtet sich, wie er wo recht hat, für die Folgen einer solchen ungleichen Ehe, wo nach den ersten Zeiten der Liebe die Hindernisse, die Verschiedenheit –[82]

LOTTCHEN. Da bin ich sicher.

KARL zeigt auf sein Herz. Hier ist mein Bürge.

HAUSVATER. Doch ist allzugroße Zuversicht die Quelle all unsers Unglücks; ich denke euch dagegen sicher zu stellen; glaubt mir, flieht die Welt, in deren Konventionen ihr doch nicht mehr paßt. Geht auf meine Güter, Karl, du sollst sie besorgen, sie verwalten. Du wirst einige hundert Unterthanen haben; mache nur zwei Familien davon glücklich und du verdienst ein Monument.

KARL. Ihr Wille – – und dann an meiner Lotte Seite – – was thu' ich da nicht.

HAUSVATER. Du sollst meine Güter in Besitz nehmen; es ist mir ohnedem lieb, daß ein Beispiel wie dieses aus den Augen der Welt komme: es ist doch immer Zerrüttung bürgerlicher Ordnung, und, solange das Vorurteil dauert, gefährlich, wenn es zur Nachahmung reizt.

MONHEIM. Thor! wo suchte ich sonst die Glückseligkeit – – wie irre –

SOPHIE. Sie sollen sie hoffentlich bei mir finden.

MALER. Und dann komme ich zuweilen zu meinen Kindern auf das Land, sehe sie glücklich in herrlichem Genuß reiner Natur.

HAUSVATER. Auch ich will kommen, wenn es meine Geschäfte erlauben, sonst aber, solange ich Kräfte habe, hier bleiben, dem Staat und meinem Fürsten dienen. Auch zum Dank für diesen Tag, höre es, Himmel! weih' ich mein übriges Leben meiner Familie und dem Vaterlande. Meine Belohnung? – – daß ihr mich liebt? – – und dann, wenn ich einst tot bin, daß ein deutscher Biedermann an meinem Grabe vorbeigehe und sage: er war wert, ein Deutscher zu sein!


Die ganze Familie sammelt sich um den Hausvater, und, ja ohne Kompliment zu machen, fällt der Vorhang.[83]


Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 2, Stuttgart [o.J.], S. 82-84.
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