LXVII
TRAUER DER MONDGÖTTIN

[89] Heut strahlt der abendgöttin licht geringer.

Wie eine schönheit auf der kissen wust

Die vor dem schlafe mit zerstreutem finger

Leis überspielt die linien ihrer brust


So ruht sie auf den flaumigen lawinen

Im sterben langen schwächen hingegeben ·

Das auge richtend auf die weissen mienen

Die blütengüssen gleich im azur schweben.


Wenn müd und schmachtend sie auf unsre sfäre

Verstohlen manchmal träufelt eine zähre

So naht ein dichter der den schlummer flieht.


Er fängt die zähre auf · die hand als schale ·

Dies stück von farbenspiegelndem opale

Verbirgt er dass die sonne nicht es sieht.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 89-90.
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