LXXV
DAS FASS DES HASSES

[96] Der hass ist bleicher Danaïden fass ·

Die rache mag mit händen rauhen roten

Ins leere dunkel schütten ohne lass

Aus grossen kübeln schweiss und blut der toten.


Geheim durchlöchert böse hand die schlünde ·

Sie gösse tausendjähriger fleiss nicht voll

Und wenn auch jedes opfer neu erstünde

Und neu verblutete vor seinem groll.


Der hass ist wie der trinker in der schänke:

Er fühlt wie durst entsteht aus dem getränke

Und gleich der Hydra sich verhundertfältigt.


Doch weiss der trinker wer ihn bald bewältigt –

Und für den hass bestimmt die schwere strafe

Dass niemals unterm tische er entschlafe.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 96-97.
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