LXXX
TRÜBSINN

[102] Die wolken niedrig und flach wie ein deckel senken

Sich auf den geist der erseufzt unter leides macht ·

Den ganzen himmel verhüllen sie und beschenken

Mit schwarzem tage der trauriger ist wie die nacht.


Die erde verwandelt sich in einen feuchten kerker ·

Die hoffnung flattert wie eine fledermaus ·

Sie rennt mit dem kopfe wider den niedrigen erker

Und schlägt mit dem ängstlichen flügel das faulende haus.[103]


Und während der regen mit seinem endlosen rinnen

Wie eines weiten gefängnisses gitter umfängt

Und lautlos uns eine schar von verrufenen spinnen

In unsres hirnes tiefen die netze hängt:


Beginnen die glocken zu läuten mit wütendem tosen ·

Sie schicken zum himmel hinan ihr heulendes wort

Und gleich den geistern · den irrenden heimatlosen ·

Fahren sie eigensinnig zu wimmern fort.


Ein leichenzug ohne trommel und klang unaufhaltsam

Und langsam in meiner seele vorübertanzt ..

Die hoffnung weint und die angst entsetzlich gewaltsam

Auf meinem geneigten schädel ihr banner pflanzt.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 102-104.
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