XCII
EINER MALABARESIN

[110] Dein fuss so fein wie deine hand · der hüfte breite

Bestände mit der schönsten weissen frau im streite.

Dem denker-künstler ist dein körper lieb und traut

Und schwärzer ist dein samtnes aug als deine haut.

In blauem heissem lande hat dich Gott geborgen ·

Es ist dein amt des herren pfeife zu besorgen.

Du gibst den frischen duftigen krügen ihren ort ·

Du treibst vom bett die schwärmenden insekten fort.

Und singen in dem morgenwinde die platanen

So gehst du ananasse kaufen und bananen.

Dann wandelst du wohin du wünschest stundenlang

Und murmelst einen alten unbekannten sang.

Und bringt der abend mit dem scharlachmantel schatten

So legst du sachte deine glieder hin auf matten[111]

Und deine träume fliegen kleinen vögeln gleich

Und sind wie du an anmut und an blumen reich ..

Warum du · glücklich kind · nach unseren gestaden

Dich sehnst die übervölkert sind und leidbeladen ·

Der schiffer starke arme dir zum schutz bestimmst ·

Von deinen lieben tamarinden abschied nimmst?

Du halb bekleidet nur mit leichten musselstoffen

Da drüben von dem schnee- und hagelsturm getroffen ·

Wie wirst du weinen um die tage frei und unbewusst!

Du musst mit rohen schnüren fesseln deine brust ·

Nach einem abendbrot in unsrem schmutze laufen

Und deiner reize seltsam fremden duft verkaufen.

Dann suchst du starren blicks im nebel schwarz und kalt

Der fernen kokosbäume schwankende gestalt.

Quelle:
George, Stefan: Baudelaire. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 13/14, Berlin 1930, S. 110-112.
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